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Die sechste Kugel

Die sechste Kugel

Titel: Die sechste Kugel
Autoren: Martin Johannson
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du kannst mir helfen, sie zu retten. Bitte sag mir, was du weißt.«
    Er sah sich um, ob wir vielleicht beobachtet wurden. Als er das Gefühl hatte, die Luft sei rein, öffnete er den Mund. »Sie geben uns Drogen, aber ich will keine. Manche Jungs nehmen welche, ich nicht. Gustavo auch nicht.«
    Gustavo war wohl sein kleiner Bruder.
    »Wann kommen sie?«
    »Jeden Morgen vor der Schule und meistens auch hinterher. Manchmal verschenken sie etwas, doch meistens wollen sie Geld.«
    »Weißt du, wer sie sind? Woher sie kommen?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Sie kommen mit großen, schwarzen Autos, ich habe keine Ahnung, woher. Ich weiß auch nicht, wie sie heißen. Tut mir leid.«
    »Wie viele sind es?«
    »Manchmal nur zwei, manchmal drei oder vier.«
    »Was sind das für Drogen?«
    Dieses Mal zuckte er nur mit einer Schulter. »Meth.«
    Er klang, als würde er wissen, wovon er sprach.
    »Hast du es mal probiert?«
    Schnell schüttelte er den Kopf, doch ich spürte, dass er log, und versuchte, beruhigend auf ihn einzuwirken.
    »Ich will dich nicht verpfeifen, ich will nur Helene finden. Also, hast du es probiert? Ich muss wissen, womit ich es zu tun habe.«
    Er schien mir zu vertrauen, denn schließlich nickte er. »Ich habe es probiert, aber es hat mir keinen Spaß gemacht. Es war ein cooles Gefühl, so munter und fit zu sein, doch ich treibe viel Sport, ich möchte Fußballer werden, meine Eltern wollen mich im nächsten Jahr an einer bedeutenden Sportschule anmelden, da kann ich keine Drogen gebrauchen.«
     »Wie wird es verkauft?«
    »In kleinen Ampullen oder Tütchen zum Rauchen oder durch die Nase ziehen.«
    »Was kostet es?«
    Wieder zuckte er mit der Schulter. »Das weiß ich nicht, ich habe es nicht gekauft, sondern nur von einem Freund probiert, der es geschenkt bekommen hat.«
    »Dein kleiner Bruder, nimmt der was?«
    Er schüttelte entsetzt den Kopf. »Nein, solange ich hier bin, passe ich auf ihn auf, damit er keine Dummheiten macht.«
    »Du bist ein vorbildlicher großer Bruder.«
    Er wagte ein Lächeln. »Wollen Sie noch mehr wissen?«
    Ich überlegte für einen Moment, doch mir fiel nichts mehr ein. »Nein. Vielen Dank für deine Hilfe.«
    Er nickte erleichtert und wandte sich ab.
    »He, Junge«, rief ich zurück. »Wenn du später mal Fußballprofi bist und in der Weltmeisterschaft antrittst, lass den deutschen Jungs auch eine Chance, okay?«
    Er grinste. »Niemals.«
    Dann verschwand er im Haus.
    Die Sonne war inzwischen untergegangen. Ich ging zurück zu meinem Auto und fuhr zu einem Supermarkt, wo ich mich mit Bananen, Wasser, etwas Brot und Käse eindeckte. In der Angelabteilung griff ich zu einem Fernglas. Danach setzte ich mich in ein Restaurant und gönnte mir ein reichliches Abendessen, bevor ich wieder ins Auto stieg und zurück zur Schule fuhr.
     
    ***
     
    Sie kamen tatsächlich am Morgen. Zwei Typen in einem schwarzen Wagen. Sie hielten ganz frech und wie selbstverständlich am Straßenrand und stiegen aus, um die Schüler anzusprechen und ihnen ihre Tütchen anzudrehen. Sie schreckten nicht einmal vor den ganz Kleinen zurück. Als ein paar Eltern ihre Kinder brachten, lachten sie lauthals und taten, als würden sie den Verkehr regeln.
    Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte sie zur Rede gestellt. Noch lieber hätte ich ihnen eine Kugel durch die Stirn gejagt, aber ich war unbewaffnet.
    Bei diesem Gedanken fiel mir ein, dass ich gegen die Gangster keine Chance hatte, wenn ich keine Waffe bei mir trug. Ein Umstand, den ich unbedingt ändern musste, wenn ich Clara retten und selbst überleben wollte.
    Ich wartete, bis die beiden Kerle mit dem Morgengeschäft an der Schule fertig waren und von dannen fuhren, ließ den Motor an und folgte ihnen.
    Ich nehme mal an, dass sie nie im Traum daran dachten, dass jemand die Dreistigkeit besaß, ihnen zu folgen, denn sie ließen sich nicht anmerken, dass sie mich entdeckt hatten. Oder es war ihnen egal, weil sie sich so überlegen und sicher wähnten.
    Wir fuhren etwa eine halbe Stunde Richtung Süden, bis wir an einem alten Gewerbegebiet ankamen. Es lag mit verfallenen und teilweise bereits eingestürzten Gebäuden eingebettet zwischen dichtem Wald und Sandbergen. Südlich davon befand sich eine alte Sandgrube, östlich lag der Ozean, westlich eine Schotterpiste, im Norden standen mehrere Lagerhallen, in denen ein rostiges Flugzeug stand.
    Als die Drogendealer von der Hauptstraße auf die Schotterpiste abbogen, hielt ich an und wartete, um
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