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Die schwarze Hostie

Die schwarze Hostie

Titel: Die schwarze Hostie
Autoren: Birgit Kluger
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davon ab, welcher Erbteil in dir überwiegt. Die meisten Halbdämonen sind älter, als du es bist, bevor der Dämonenanteil in ihnen zutage tritt. Bei dir sind die Fähigkeiten früh ausgebrochen.“ Er runzelte die Stirn. „Zu früh …“
    „Wer will schon ewig leben? Und außerdem, meine Mutter ist tot. Wie kann das sein, wenn sie doch unsterblich war?“
    „Man kann einen Dämon töten. Es ist nicht einfach, aber es geht.“
    „Meine Mutter starb bei einem Autounfall.“
    „Das … kann sein.“
    Er war ein miserabler Lügner. Innerlich verwünschte er sich dafür, aber er würde ihr nicht die Wahrheit sagen. Sie durfte nicht erfahren, dass Halder ihre Eltern ermordet hatte. Ebenso wenig wie die Tatsache, wer dazu bestimmt war, ihren letzten lebenden Verwandten zu töten. Zum Glück schien sie seinen inneren Zwiespalt nicht zu bemerken, denn sie hing ihren eigenen Gedanken nach.
    Das war gut. Sehr gut sogar, denn sie war noch nicht bereit, mit einer weiteren Wahrheit konfrontiert zu werden. Nicht, nachdem ihr Leben gerade auf den Kopf gestellt worden war.
    „Was ist es, was mein Onkel von mir haben will?“, fragte sie und holte ihn abrupt in die Realität zurück. Das Gefühl der Erleichterung löste sich in Rauch auf.
    „Das habe ich noch nicht herausgefunden“, versuchte er, der Frage auszuweichen. Sariel musterte ihn.
    „Du bist ein miserabler Lügner“, stellte sie fest. „Mein Onkel will etwas von mir. Was angeblich der Grund ist, weshalb du mich nicht zu ihm zurückbringst. Wenn du in diesem Punkt die Wahrheit sagst …“ Sie brach ab und überlegte. „Wenn es also wahr ist, dann bin ich offensichtlich nicht bereit, ihm das zu geben, was er haben möchte. Was seltsam ist, denn ich besitze nichts, was für ihn von Wert ist.“
     

9
    Es war frustrierend. Und vor allem machte es sie wütend. Die Mauer des Schweigens, die Alexander um sich herum aufbaute, sobald sie ihn nach den Absichten ihres Onkels fragte, war undurchdringlich. Am liebsten hätte sie ihm die Augen ausgekratzt. Nur um eine Reaktion zu provozieren. Sie hatte alles versucht. Sie hatte gebeten, gebettelt, gedroht, einen Wutausbruch inszeniert. Alles ohne Erfolg. Alexanders einzige Antwort war immer die gleiche: Er wisse nicht, was ihr Onkel von ihr wolle. Nur so viel, dass ihr von Torsten Halder Gefahr drohe.
    Lächerlich.
    Sie kannte ihren Onkel seit ihrer Kindheit. Er war der Bruder ihres Vaters. Die beiden Männer waren grundsätzlich verschieden. Ihr Vater war ein liebevoller, fürsorglicher Mensch gewesen. Torsten Halder war … anders. Machtbesessen. Kalt. Aber er war ihr Onkel. Und er hatte sich immer um ihr Wohlergehen gekümmert.
    Sie durchmaß den Raum mit ihren Schritten. Anscheinend tat sie in letzter Zeit kaum etwas anderes, als in einem Zimmer auf und ab zu gehen. Aber die Selbstherrlichkeit der Männer in ihrem Leben, die nur darauf abzielte, ihr den eigenen Willen aufzudrängen, machte sie rasend.
    Sie wollte weg von diesem Ort. Dummerweise war es zu spät dafür. Die Nacht hatte sich vor Stunden auf den Adlerhorst herabgesenkt. „Adlerhorst“ war der Name, den Alexander seiner Behausung gegeben hatte. Wesen, die sich nicht wie ein Ifrit in Rauch auflösen konnten, waren gezwungen, mit einem Helikopter an-oder abzureisen. Nachts aber war diese Möglichkeit nicht gegeben, dafür sorgten die Berge.
    Ein Ifrit zu sein, hatte eindeutige Vorteile.
    Der Gedanke daran brachte sie zum Stehen. Wie konnte sie nur so dumm sein?
    Sie würde sich einfach in Rauch auflösen. Immerhin war sie halb Ifrit. Sie musste das doch auch können. Nicht umsonst hatte sie eine Dämonin als Mutter, hatte vieles von ihr geerbt, vielleicht auch diese Fähigkeit. Wenn sie nur wüsste, wie sie es anstellen sollte.
    Einige Stunden später musste sie frustriert feststellen, dass sie offensichtlich nicht in der Lage war, sich zu verwandeln. Dabei hatte sie nichts unversucht gelassen. Sie meditierte, stellte sich Rauch vor, machte sich in Gedanken schwerelos, löste sich auf. Und versagte immer wieder. So ziemlich die einzige Methode, die sie bisher nicht versucht hatte, war ein Streichholz zu nehmen und sich anzuzünden.
    Dabei hatte es so einfach ausgesehen.
    Wieder begann sie, in dem Zimmer auf und ab zu gehen. Was machte einen Ifrit aus? Welcher Teil seines Wesens sorgte für diese Verwandlung? Sie wünschte, Alexander hätte mehr erzählt. Ifrit waren Dämonen des Feuers. Sie waren temperamentvoll, schnell, unsterblich und liebten die
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