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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes
Autoren: Stephen Booth
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mitgenommen. Eine Kleinigkeit, die unter Umständen fatale Folgen haben konnte.
    »Peakland Partridge Drei an Peakland Partridge Zulu. Owen?«
    Das Walkie-Talkie blieb stumm.
    Vor einiger Zeit war in dieser Gegend das Heidekraut abgeflämmt worden. Der beißende Brandgeruch, der noch in den Pflanzen hing, stieg unter Marks Stiefeln auf und vermischte sich mit dem süßen, fruchtigen Duft der blühenden Blumen. Hier und da leuchteten aus dem verkohlten Gestrüpp nackte, weiße Stängel hervor wie Knöchelchen, wie die Finger eines Skeletts, die aus der Erde ragten.
    Marks Vater hatte den Wildhütern oft geholfen, wenn sie einmal im Jahr das Heidekraut abbrannten, damit für die Moorschneehühner frische junge Triebe nachwachsen konnten. Die Bedingungen dafür mussten genau richtig sein, nicht zu feucht, aber auch nicht zu trocken, damit sich das Feuer nicht bis in den Torfboden fressen konnte. Während man die Flammen kontrollierte, wurde es einem so heiß, dass man zu verglühen glaubte, und wer an der falschen Stelle stand, wenn ein Wind aufkam, war am Abend von Kopf bis Fuß schwarz. Mark konnte sich noch gut daran erinnern, dass sein Vater manchmal tagelang wie nach einem Lagerfeuer gerochen hatte.
    Plötzlich war ihm sein Vater durch den Brandgeruch so gegenwärtig, dieser hoch gewachsene Mann, als ob er neben ihm herstapfte, wie er, mit den großen roten Händen gestikulierend, über Hütehunde und Fischköder redete, wie er Mark versprach, ihn und seinen Bruder irgendwann einmal mit auf die Jagd zu nehmen. Aber er hatte sein Versprechen nicht gehalten. Und er war auch nie mehr mit Mark gewandert, schon lange nicht mehr.
    Das Bild seines Vaters verschwand so schnell, wie es gekommen war. Verzweifelt versuchte Mark, die Erinnerung festzuhalten, doch sie löste sich auf wie Rauch im Wind.
    Er griff erneut zum Funkgerät. »Peakland Zulu. Hörst du mich, Owen? Owen?« Doch auch diesmal bekam er keine Antwort.
    Während Mark zur Hochebene aufstieg, wurde sein Rucksack immer schwerer. Er zog ihn nach hinten und drückte auf seine Rückenmuskeln. Trotz seiner dicken roten Fleece-Jacke schnitten ihm die Träger in die Schultern. Sein Nacken war schweißnass, aber als er hinter einer Anhöhe vom Wind erfasst wurde, fröstelte er. Unter ihm zogen Wolkenschatten über die Landschaft. Dazwischen huschten Sonnenstrahlen über eine Schafweide, einen schmalen Streifen Asphalt, über ein Eichendickicht oder das Dach eines abgelegenen Gehöfts. Doch diese Spuren menschlichen Lebens vertieften Marks Einsamkeit nur.
    Er liebte die Natur, deshalb hatte er sich auch als Peak Park Ranger beworben. Mit den Menschen und ihren Dingen konnte er dagegen wenig anfangen. Früher hatte er die ganze Welt retten wollen, aber am Ende musste er sich mit dem Schutz eines kleinen Fleckchens Erde begnügen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass man von ihm verlangen würde, die Handlungen von Menschen zu tolerieren, die ihre Umwelt zerstörten und schändeten, die keinen Respekt vor dem Leben von Pflanzen und Tieren hatten. Diese Lektion war die schwierigste von allen. Vielleicht würde es nicht einmal Owen Fox gelingen, sie ihm beizubringen.
    Dafür hatte Mark aber schon gelernt, wie wichtig es war, ständig in Funkkontakt zu bleiben; darauf legte Owen besonders großen Wert. Doch nun war er ganz auf sich allein gestellt, ausgerechnet an diesem Tag, auf seinem allerersten Solokontrollgang.
    »Hier Peakland Partridge Drei. Owen? Owen? Wo bist du?«
    Auch für Jenny Weston war dieser Novembersonntag der falsche Tag.
     
    Jenny war mit einem gelben Mountainbike unterwegs, das sie für drei Stunden beim Peak Cycle Centre in Partridge Cross gemietet hatte, einem Dawes Kokomo mit Sechsgangschaltung, 1-Zoll-Reifen und einem Gepäckkorb hinter dem Sattel. Jenny war schon fast fünf Meilen geradelt und hatte sich bis auf die Hochebene hinaufgequält.
    Das Moor war mit prähistorischen Grabhügeln, Cairns und Steinkreisen übersät, manche so klein oder so beschädigt und überwuchert, dass man sie zwischen dem Heide- und Farnkraut kaum erkennen konnte. Weil man es mit dem Rad relativ gut erreichen konnte, war das Ringham Moor bei Mountainbikern beliebt. Hatte man es erst einmal bis nach oben geschafft, fühlte man sich dem Himmel so nah wie sonst nirgendwo, umgeben von Einsamkeit und Weite.
    Jenny liebte das Ringham Moor. Aus den verschiedensten Gründen zog es sie immer wieder an, es war fast wie ein innerer Zwang. Sie kam so oft hier herauf, dass sie bis
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