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Die Schuld

Titel: Die Schuld
Autoren: John Grisham
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die Demütigung zu schmerzhaft gewesen und saß zu tief. Schließlich gab es jenseits der Stadt eine Welt, in der ihn niemand kannte. Er sehnte sich nach Anonymität. Zum ersten Mal in ihrem Leben wollte auch Rebecca einfach nur weg - weg von ihrer gescheiterten Ehe, weg von ihrer Familie, dem Country Club und den unerträglichen Menschen, die ihn frequentierten, weg von dem Druck, Geld zu verdienen und Besitz anzuhäufen, weg von McLean, Virginia, weg von den einzigen Freunden, die sie in ihrem Leben je gehabt hatte.
    Es dauerte eine Stunde, bis Clay sie überredet hatte, sich zu ihm ins Bett zu legen, aber mit den Gipsverbänden und in seinem Zustand war Sex unmöglich. Er wollte sie nur im Arm halten, sie küssen und die verlorene Zeit nachholen.
    Sie verbrachte die Nacht bei ihm und entschloss sich zu bleiben. Als sie am nächsten Morgen Kaffee tranken, erzählte Clay ihr die ganze Geschichte, die mit Tequila Watson und Tarvan begonnen hatte.
    Paillette und Oscar brachten weitere unerfreuliche Nachrichten aus der Kanzlei mit. Irgendjemand stiftete die Hausbesitzer in Howard County dazu an, wegen des verunglückten Vergleichs mit den Hannas gegen Clay Beschwerde wegen Verstoßes gegen das Berufsethos zu erheben. Mittlerweile waren bei der Washingtoner Anwaltskammer bereits mehrere Dutzend Beschwerden eingegangen. Sechsmal war gegen Clay Klage eingereicht worden, jedes Mal von demselben Anwalt, der aktiv weitere Mandanten akquirierte. Unterdessen arbeitete Clays Kanzlei an einem Vergleichsvorschlag, der dem Richter im Konkursverfahren gegen die Hannas vorgelegt werden sollte. Merkwürdig daran war, dass die Kanzlei möglicherweise ein Honorar erhalten würde, auch wenn es weit unter dem Betrag liegen würde, den Clay abgelehnt hatte.
    Helen Warshaw hatte einen Dringlichkeitsantrag gestellt, die Aussagen mehrerer Dyloft-Kläger zu Protokoll zu nehmen. Eile war geboten, weil die Zeugen im Sterben lagen. Ihre auf Video aufgezeichneten Aussagen würden in der Verhandlung, deren Beginn in etwa einem Jahr erwartet wurde, entscheidend sein. Normalerweise setzte die Verteidigung in solchen Fällen auf Hinhalten, Verzögern und Verschieben und scheute auch vor eindeutiger Verschleppung nicht zurück, aber diesen Klägern gegenüber wäre das absolut unfair gewesen. Clay stimmte dem von Miss Warshaw vorgeschlagenen Zeitplan für die Aussagen zu, obwohl er nicht die Absicht hatte, dabei anwesend zu sein.
    Auf Druck von Oscar Mulrooney hatte Clay sich schließlich bereit erklärt, zehn Anwälte sowie die meisten Anwaltsassistenten, Sekretärinnen und Sachbearbeiter zu entlassen. Er unterschrieb die Kündigungsbriefe persönlich. Die Schreiben waren kurz gehalten. Er entschuldigte sich bei den Betroffenen und übernahm die volle Verantwortung für den Niedergang der Kanzlei.
    Offen gesagt, hätte er auch schwerlich einen anderen Schuldigen gefunden.
    Dann wurde ein Schreiben an die Maxatil-Mandantinnen aufgesetzt. Darin fasste Clay die Mooneyham-Verhandlung in Flagstaff zusammen. Auch wenn er, schrieb er, weiterhin von der Gefährlichkeit des Medikaments überzeugt sei, wäre der Nachweis der Kausalität nunmehr »sehr schwierig, wenn nicht unmöglich«. Das Unternehmen sei nicht zu einem außergerichtlichen Vergleich bereit, und angesichts seiner aktuellen gesundheitlichen Probleme sehe er sich nicht in der Lage, eine langwierige Verhandlung vorzubereiten.
    Es war ihm unangenehm, die Tatsache, dass er zusammengeschlagen worden war, als Vorwand zu benutzen, aber Oscar setzte sich durch. In dem Brief klang diese Entschuldigung glaubwürdig. An diesem Tiefpunkt seiner Karriere musste er jeden potenziellen Vorteil nutzen.
    Aus diesem Grund gab er seine Mandantinnen frei, und zwar so rechtzeitig, dass ihnen Zeit blieb, sich einen neuen Anwalt zu suchen, um Goffman zu verklagen. Er wünschte ihnen sogar Glück.
    Die Briefe würden einen Proteststurm auslösen. »Damit werden wir schon fertig«, sagte Oscar immer wieder. »Zumindest sind wir diese Leute jetzt los.«
    Immer wieder musste Clay an seinen alten Kumpel Max Pace denken, der ihm die Maxatil-Sache angehängt hatte. Pace, der mindestens noch vier andere Namen benutzte, war des Wertpapierbetrugs angeklagt worden, bis jetzt aber unauffindbar. In der Klageschrift wurde behauptet, er habe aufgrund von Insiderwissen fast eine Million Goffman-Aktien leer verkauft, bevor Clay Klage einreichte. Später habe er diese Aktien für etwa fünfzehn Millionen Dollar weniger zurückgekauft
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