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Die Schuld

Titel: Die Schuld
Autoren: John Grisham
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verkaufen, ein kleineres Boot erwerben und Clay etwas Bargeld zukommen lassen, um sein Überleben zu sichern.
    Nach zwei Stunden mit Munson und Crittle war der Küchentisch mit Tabellen, Ausdrucken und zerknüllten Notizzetteln bedeckt, ein Trümmerhaufen, der von den letzten siebzehn Monaten seines Lebens zeugte. Er schämte sich für seine Gier und Dummheit. Es war widerlich, was das Geld aus ihm gemacht hatte.
    Der Gedanke daran, dass er aus Washington weggehen würde, half ihm, die Tage zu überstehen.
    Ridley rief aus St. Barth an. Alarmiert teilte sie ihm mit, dass vor »unserer« Villa ein Schild mit der Aufschrift ZU VERKAUFEN stand.
    »Das liegt daran, dass sie jetzt zu verkaufen ist«, erläuterte Clay.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Komm nach Hause, und ich erkläre es dir.«
    »Gibt es Ärger?«
    »Das kann man wohl sagen.«
    »Ich bleibe lieber hier«, erwiderte sie nach einer langen Pause.
    »Ich kann dich nicht zwingen heimzukommen, Ridley.«
    »Nein, kannst du nicht.«
    »Gut. Bleib in der Villa, bis sie verkauft ist. Mir ist es egal.«
    »Wie lang wird das dauern?«
    Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie sie versuchte, jeden eventuellen Verkauf zu sabotieren. Im Augenblick war ihm das jedoch schlicht und einfach gleichgültig. »Vielleicht einen Monat, vielleicht ein Jahr. Ich weiß es nicht.«
    »Ich bleibe«, erklärte sie.
    »Gut.«
     
    Als Rodney eintraf, saß sein alter Freund Clay, die Krücken neben sich, auf den Stufen vor seinem malerischen Stadthaus. Gegen die kühle Herbstluft hatte er sich einen Schal um die Schultern gelegt. Der Wind trieb welke Blätter in Spiralen durch die Dumbarton Street.
    »Ich brauche frische Luft«, erklärte Clay. »Ich war jetzt drei Wochen lang eingesperrt.«
    »Wie geht's den Knochen?«, erkundigte sich Rodney, während er sich neben ihn setzte und auf die Straße hinausblickte.
    »Verheilt alles gut.«
    Rodney war aus Washington weggezogen und ein echter Vorstädter geworden. Khakihose und Turnschuhe, ein schicker Geländewagen, um die Kinder zu chauffieren. »Wie geht's deinem Kopf?«
    »Keine weiteren Hirnschäden.«
    »Und was macht die Seele?«
    »Zu sagen, dass ich leide, wäre eine Untertreibung. Aber ich werde es überleben.«
    »Paulette sagt, du verlässt Washington.«
    »Zumindest für eine Weile. Nächste Woche beantrage ich Gläubigerschutz, und bis dahin will ich weg sein. Paulette hat eine Wohnung in London, die ich ein paar Monate lang benutzen kann. Wir werden uns da verstecken.«
    »Führt denn kein Weg an der Insolvenz vorbei?«
    »Nein. Es gibt zu viele Ansprüche, begründete Ansprüche. Erinnerst du dich an Ted Worley, unseren ersten Dyloft-Kläger?«
    »Klar.«
    »Er ist gestern gestorben. Ich habe zwar nicht den Abzug betätigt, aber ich habe auch nicht einen Finger gerührt, um ihn zu schützen. Vor einem Geschworenengericht ist sein Fall fünf Millionen Dollar wert, und es gibt sechsundzwanzig solche Fälle. Ich gehe nach London.«
    »Clay, ich möchte dir helfen.«
    »Ich nehme kein Geld von dir. Ich weiß, dass du deswegen hier bist. Dieses Gespräch habe ich schon zweimal mit Paulette und einmal mit Jonah geführt. Ihr habt Geld gemacht und wart schlau genug auszusteigen. Ich nicht.«
    »Aber wir lassen dich nicht vor die Hunde gehen, Mann. Du warst nicht verpflichtet, uns zehn Millionen Dollar zu zahlen, und du hast es trotzdem getan. Jetzt geben wir dir was davon zurück.«
    »Nein.«
    »Doch. Wir drei haben das bereits besprochen. Wenn dein Insolvenzverfahren abgeschlossen ist, wird dir jeder von uns was überweisen. Es ist ein Geschenk.«
    »Du hast das Geld verdient, Rodney. Behalte es.«
    »Niemand verdient zehn Millionen Dollar in sechs Monaten, Clay. Eine solche Summe kann man gewinnen, stehlen, vielleicht fällt sie auch vom Himmel, aber niemand verdient so viel. Es ist lächerlich und obszön. Ich geb dir was davon zurück. Das gilt auch für Paulette. Bei Jonah bin ich mir nicht so sicher, aber er wird schon noch zur Vernunft kommen.«
    »Wie geht's den Kindern?«
    »Du wechselst das Thema.«
    »Stimmt, ich wechsle das Thema.«
    Und so redeten sie über Kinder, alte Freunde beim OPD, frühere Mandanten und Fälle. Es wurde dunkel, aber sie saßen immer noch auf den Stufen, als Rebecca eintraf und es Zeit fürs Abendessen wurde.
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    A rt Mariani arbeitete für die Washington Post und war jung. Er kannte Clay Carter gut, weil er dessen erstaunlichen Aufstieg und ebenso überraschenden Fall mit Liebe zum Detail und
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