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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose
Autoren: Jo MacDoherty
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Mit einem letzten kurzen Blick auf die Lady im Teich drehten sich die beiden Wilderer um und rannten durch das Unterholz davon.
    Connor sah ihnen noch einen Moment nach, weniger, um sich davon zu überzeugen, dass sie tatsächlich wegliefen und nicht etwa heimlich zurückkehrten, was er ohnehin nicht annahm, sondern um Zeit zu gewinnen, bevor er sich seinem größeren Problem widmete. Der Lady im Weiher.
    Was sollte er mit ihr anfangen? Er konnte sie nicht gut allein hier zurücklassen, aber genauso wenig kam in Frage, sie nach Grant Castle zu eskortieren. Er hatte ihr Pferd gesehen, das an einem Baum angebunden stand. Zu seiner Überraschung trug es den schmucklosen und praktischen Sattel eines Soldaten, nicht den reich verzierten Damensattel einer vornehmen Lady. War sie damit hierher geritten? Merkwürdig. Oder war sie gar nicht allein hier? Aber er hatte niemanden sonst entdecken können. Eine Grant würde doch sicher nicht alleine ausreiten, schon gar nicht in den Elfenwald.
    Vorausgesetzt, sie war eine Grant. Ihr Akzent und vor allem ihr Verhalten ließen ihn mittlerweile stark daran zweifeln. So wie er die Grants kannte, gleich ob Männer oder Frauen, hätten sie gewiss kein Mitleid mit zwei Wilderern gezeigt, und schon gar nicht, wenn sie selbst beinahe ihr Opfer geworden wären.
    Er fand die Milde der Lady zwar unverständlich, aber gleichzeitig hatte sie ihn damit auch beeindruckt. Er drehte sich wieder um, rammte sein Langschwert mit der Spitze in den moosigen Boden, senkte die Arbalest, entspannte geschickt den Bogen und legte sie ebenfalls weg. Dann verschränkte er die Arme und sah die Lady an.
    Was sollte er tun?
    Ihm war nicht bewusst, dass er die Frage laut gestellt hatte, bis sie ihn verärgert ansah. »Zunächst einmal wäre es sehr freundlich, wenn Ihr mich endlich aus dem Wasser treten ließet, damit ich mich ankleiden kann«, fauchte sie. »Mir ist kalt.«
    Connor biss die Zähne zusammen, und er spürte zu seinem Entsetzen, dass er rote Ohren bekam. Natürlich, wie konnte er nur so unbedacht sein! Das Wasser im Weiher musste trotz der Hitze des Tages recht kühl sein, und wenn man so lange darin geschwommen war wie sie …
    »Sicher.« Er hüstelte. »Verzeiht!« Er wollte gerade zurücktreten, als er sah, wie die Lady erstaunt die Augen aufriss und an ihm vorbeiblickte. Mit einem blitzschnellen Satz sprang er vor, riss sein Langschwert aus dem Boden, rollte sich ab und packte dabei seine Arbalest. Er hörte den erschreckten Aufschrei der Frau hinter sich und ließ dann beide Waffen wieder sinken, als er sah, wer sich ihm genähert hatte. Er war von der Lady so abgelenkt gewesen, dass er auf nichts anderes geachtet hatte. Ein dummer Fehler, der ihn leicht das Leben hätte kosten können, wenn der Angreifer, der sich ihm unbemerkt von hinten genähert hätte, nicht sein Hengst gewesen wäre.
    »Verdammt, Mameluck!«, fuhr er das edle Tier halb erleichtert, halb zornig über seine eigene Achtlosigkeit an. Er trat zu seinem Pferd, fuhr ihm liebkosend über die weiche Schnauze, trat dann an den Sattel, schob sein Schwert in die Scheide und hängte die entspannte Arbalest wieder an den Sattel. Dann drehte er sich zu der Lady im Weiher herum.
    »Keine Sorge«, meinte er beruhigend. »Das ist nur mein Pferd, kein Kentaur.« Er lächelte anzüglich. »Obwohl ich mir bei ihm manchmal nicht sicher bin, ob er nicht doch etwas Menschliches an sich hat.«
    Doch Juliet achtete nicht auf den spöttischen Unterton in seiner Stimme. Einen Moment hatte sie sich erschreckt, als dieses pechschwarze, prachtvolle Pferd beinahe lautlos aus dem Wald aufgetaucht war, doch jetzt nahm etwas anderes ihre Aufmerksamkeit in Anspruch.
    Sicher, sie war dem Fremden dankbar, weil er sie eindeutig aus großer Gefahr gerettet hatte, aber was da am Riemen an seinem Sattel baumelte, war unübersehbar. Drei Hasen und zwei Fasane!
    Dieser gutaussehende Fremde, ihr Held und Retter, war ebenfalls nichts anderes als ein gemeiner Wilddieb!
    »Ihr …«
    Connor bemerkte die Röte in ihrem Gesicht und trat an das Ufer des Weihers, um ihr Kleid aufzuheben. »Macht Euch keine Mühe, Euch zu bedanken, Milady«, begann er. »Ich …«
    »Ihr seid …!«
    Etwas in der Stimme der Frau ließ ihn in der Bewegung innehalten. Sie klang keineswegs wie eine vornehme Lady, die sich für die Rettung aus höchster Gefahr bei ihrem Retter bedanken will und der nur die richtigen Worte fehlen. Sie klang eher so, als würden Zorn und Empörung ihre
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