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Die schoene Tote im alten Schlachthof

Die schoene Tote im alten Schlachthof

Titel: Die schoene Tote im alten Schlachthof
Autoren: Sabine Schneider , Stephan Brakensiek
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Pfeilern getragenen, tiefen Arkadengang im Erdgeschoss.
Ferschweiler klingelte. Er musste nur wenige Sekunden warten, bis Dr.   Quint den
Türöffner betätigte. Ferschweiler trat ein und stieg, ohne sich Licht zu
machen, die Treppe in den ersten Stock hinauf. Er kannte den Weg genau, er war
ihn schon oft gegangen.
    In den Büros im Obergeschoss war es ebenfalls dunkel. Nur der
Obduktionssaal erstrahlte in gleißend hellem Licht. Der Pathologe hatte die
komplette Deckenbeleuchtung eingeschaltet.
    Für Ferschweiler hatte Dr.   Quints vollständig vom Boden bis zur
Decke weiß gefliester Arbeitsplatz stets etwas Gruseliges. Hier zu sein, ließ
ihn immer wieder frösteln. In der Mitte des Raumes stand der Seziertisch aus
Edelstahl. Darauf lag jetzt die nackte Frauenleiche mit einem fein säuberlich
wieder zugenähten Y-Schnitt auf dem Oberkörper. Der Körper wirkte blutleer, die
Haut schimmerte bläulich. Dr.   Quint war gerade damit beschäftigt, von der
Malerei auf dem Oberschenkel der Toten Proben zu entnehmen. Er trug wie immer
einen weißen Kittel, der über der Brust geschlossen war, aber über seinem
imposanten Bauch offen stand. Die Gummischürze, die er während des blutigen
Teils seiner Tätigkeit trug, hing bereits wieder gesäubert an einem Haken neben
den Instrumentenschränken.
    »Moin, Rudi«, begrüßte er Ferschweiler gut gelaunt. »War eine
ereignisreiche Nacht, was? Ich habe die Obduktion, so weit ich sie hier
erledigen kann, abgeschlossen. Die entnommenen Proben schicke ich gleich mit
einem Kurier nach Mainz zum Gerichtsmedizinischen Institut. Die Ergebnisse
haben wir dann vielleicht schon morgen früh.«
    Ferschweiler wunderte sich immer wieder über den Mediziner. Dr.
Quint war stets vom Tod umgeben, er öffnete Körper, entnahm Organe, blieb dabei
aber immer gut gelaunt und verfiel anscheinend niemals in melancholische
Stimmung. Wie der Pathologe zum Tod selbst stand, würde Ferschweiler Dr.   Quint
beizeiten einmal fragen müssen.
    »Hallo, Doc«, grüßte Ferschweiler zurück. »Da hast du wirklich eine
intensive Nachtschicht gehabt.« Er konnte seinen Blick nicht von dem Gesicht
der Toten abwenden. »Hast du schon erste Ergebnisse?«
    »Ja, aber sie sind nicht eindeutig.«
    Ferschweiler hatte sich neben den Seziertisch gestellt und starrte
noch immer auf das Gesicht der toten Melanie Rosskämper.
    »Nicht eindeutig?«, echote er in Gedanken.
    »Nicht eindeutig, genau. Die junge Frau war organisch so weit gesund.
Sie hat zwar eine geknickte Milz, aber das ist nicht weiter schlimm. Leber und
Herz waren in Bestform, da könnten wir zwei nicht mithalten, Rudi«, flachste
Dr.   Quint. »Allerdings litt sie unter massivem Haarausfall und trug, um die
Auswirkungen zu verdecken, eine Perücke.«
    Wie um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, griff der Pathologe
behände in die Haare der Toten und hob die künstliche Lockenpracht an.
Ferschweiler war baff. Auf der nun zu sehenden Kopfhaut standen nur
unregelmäßig vereinzelte Haarbüschel ab. Der Großteil des Schädels war kahl.
    »Es handelt sich um eine Echthaarperücke, vermutlich in Schweden
gefertigt. Muss ein kleines Vermögen gekostet haben.« Als Dr.   Quint
Ferschweilers fragenden Blick bemerkte, schob er nach: »Ich habe selbst lange
ein Toupet getragen. Hast du anscheinend nie bemerkt, oder? Damals habe ich
mich selbst für Echthaarperücken interessiert. Die konnte ich mir aber bei
meinem Gehalt nicht erlauben.«
    Heute stand der Mediziner offensichtlich zu seiner Glatze. Daran,
dass Quint einmal anders ausgesehen hatte, konnte sich Ferschweiler kaum mehr
erinnern.
    »Anzeichen für ein Sexualverbrechen gibt es keine. Sie hatte allerdings
in den letzten Stunden vor ihrem Tod noch Geschlechtsverkehr. Ich habe einige
Spermaspuren sicherstellen können. Die gehen auch heute noch nach Mainz. Und
sie war schwanger. In der sechsten Woche«, sagte Dr.   Quint.
    »Tatsächlich?« Dass eine Frau wie die vor ihm liegende Kinder hatte
haben wollen, überraschte Ferschweiler ein wenig. »Und gibt es Anzeichen für
ein Gewaltverbrechen?«
    »Bisher keine. Ich konnte keine äußeren Verletzungen feststellen außer
leichten Hämatomen an den Handgelenken. Es sieht so aus, als ob sie vor Kurzem
gefesselt gewesen wäre …« Dr.   Quint schaute Ferschweiler vielsagend an.
»Manche Leute mögen es einfach ein bisschen härter …«
    »Könnte es dafür nicht auch eine andere Erklärung geben?«
    Dr.   Quint lachte. »Ach, Rudi. Hör schon auf,
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