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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition)
Autoren: Marion Schreiner
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hübsch, mit großen braunen Rehaugen und Lippen, die einem Herz glichen.
    Dane wirkte seit dem Moment ihrer Begegnung viel ernster, als sei er seiner Lässigkeit beraubt worden. Sein Gesicht zeigte hin und wieder eine plötzliche Röte, die wir nicht kannten. Ein Zauber hatte ihn eingefangen und sein Temperament sichtlich gezügelt.
    Nun stand er an Johnathans Geburtstag alleine hinten an der Theke und trank bereits sein viertes Glas Gin. Dann ein fünftes. Mit der leeren Flasche überkam ihn das Gefühl von Einsamkeit. Joan war nicht erschienen, obwohl sie geladen war. Es war zwar gegen Johnathans Wunsch passiert, aber sie war jetzt die Frau an seiner Seite.
    Susie registrierte, wie sein Blick versteinerte und er genug getrunken hatte. Sie gab ihm das Zeichen, für heute Schluss zu machen.
    Der Strip war vorbei und Johnathan war missgelaunt. Jeder wusste doch, wie unsicher er Frauen gegenüber war. Dane schwieg und fühlte sich sichtlich erschöpft. Er sah auf die Uhr. Es war nach zwei. Der Tag war anstrengend gewesen und forderte seinen Tribut. Er war müde und zu nichts mehr zu gebrauchen, nicht einmal mehr für gute Stimmung. Dane gab Johnathan kurz ein Zeichen für seinen Rückzug und suchte leicht schwankend den Weg hinauf in sein Apartment.
    Er entledigte sich der Kleidung und fiel erschöpft ins Bett. Warum war Joan nicht erschienen? Er schlief schließlich ein.
     
     
    1978. Fünfzehn Jahre früher.
    Glendale / Kalifornien. Dane, 23 Jahre.
    Dane lag mit offenen Augen im Bett. Er konnte nicht schlafen, wie so oft in letzter Zeit. Seit diesem Schuss waren seine Gefühle durcheinander. Es war nicht der Schuss gewesen, der ihn verwirrte, es war der Mann, der wieder präsent in seinem Leben war.
    Heute hatte er den zweiten Schuss auf ihn abgefeuert, genau zwei Wochen später. Es hatte ihn im Forest Lawn Memorial Park erwischt, wo er sich gerne zur Mittagszeit aufhielt. Er sagte mir mal, die Grabsteine wirken beruhigend auf ihn. Diesmal war der Schuss nicht vorbeigerauscht. Er hatte ihn am rechten Arm getroffen. Nichts Beunruhigendes, aber es blutete wie der Teufel.
    „Lass mich in Ruhe!“, hatte Dane ihm hintergeschrien, aber der Mann verschwand so schnell wie er erschienen war. Was nützte die Bitte, endlich Ruhe zu geben? Wer eine Waffe einsetzte, hegte nicht die Absicht, Ruhe zu geben.
    Dane beseitigte seine blutgetränkte Jacke und das Hemd in einer Plastiktüte im Mülleimer seines Apartments.
    Jetzt lag er da und fühlte den Schmerz am Arm. Die Wunde hatte er mit Desinfektionsmittel und Verband versorgt.
    Was in Gottes Namen sollte er jetzt tun? Wie sollte er reagieren? Zweimal war er einer mehr oder weniger tödlichen Kugel entwischt. Die dritte könnte tödlich sein. Er dachte daran, dass es das beste wäre, die Polizei einzuschalten. Es ging ihm hier wirklich gut. Warum sollte er das ändern, nur um sich wieder mit diesem Schwein herumzuschlagen. Aber was konnte die Polizei schon tun? Ihn unablässig beobachten? Das war kaum möglich. Das wollte er auch nicht. Niemand hatte zu wissen, wo er sich in seiner Freizeit aufhielt.  
    Er sah auf seine Wunde am Arm. Es war nur eine kleine Wunde, aber es war schon mehr, als beim ersten Mal. Wie weit würde er gehen? Würde er ihn wirklich umbringen wollen? Das war im Grunde nicht mehr nötig, denn er hatte ihn bereits getötet – innerlich.
    Plötzlich durchzog ein Kribbeln seine Leisten. Eine bisher unbekannte Lust stieg in ihm herauf, und es begann sich etwas in ihm zu verändern. Sein Leben hier mit Johnathan war hart. Das Lokal erforderte große Disziplin und belohnte ihn selten mit Freizeit. Aber es war prima – in jeder Hinsicht. Es war eine erfolgreiche Sache. Er hatte mit Johnathan bisher viel zu lachen gehabt, aber das Loch in der Eingangstüre des Running Horse war nun mal da. Schon seit zwei Wochen. Es war tiefer gegangen, als er erwartet hatte, bis in sein Innerstes hinein.
     
    Dane lächelte plötzlich, als ihm erstmals der Gedanke kam, wie amüsant es ohne Polizei werden könnte. Wie viel Spaß würde es bereiten, diesen Kampf unter Ausschluss der Öffentlichkeit auszutragen? Wie würde es sich anfühlen, am Abgrund zu stehen und doch nicht hinabzustürzen? Was konnte er nicht alles mit diesem Gefühl tun: Ein Richter über alles werden. Kein Gesetz, das eingreifen würde, keine Grenze, die sich ziehen würde. Ein Kampf ungeahnten Ausmaßes. Eine Revanche für ein verlorenes Leben.
    In ihm gebar sich dieses neue Gefühl wie eine zweite
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