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Die Scheune (German Edition)

Die Scheune (German Edition)

Titel: Die Scheune (German Edition)
Autoren: Marion Schreiner
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das wirkliche Ende. Es war nur der Anfang vom Ende. Aber es war das Ende unserer großartigen Freundschaft
     
    *
     
    2. Mai 1993 – die besagte Nacht.
    Es war schon ziemlich warm in Glendale, wie immer um diese Jahreszeit. Eine allumschließende Ruhe lag über der Stadt. Die Lichter in den Häusern verloschen eins nach dem anderen. Nur im Running Horse an der Ecke Roderick Place/Weldon Avenue drang noch lautes Gelächter auf die Straße hinaus.
    Seit Stunden lachte, sang und erzählte man sich lautstark Anekdoten, was die Scheiben vernebelte und das Öffnen der Lokaltür unumgänglich machte. Das war höchst selten, denn das Lokal galt als ruhig und unauffällig.
    Fünfzehn Jahre waren es schon her, seitdem Dane und Johnathan diese Lokal in die Stadt gezaubert hatten. Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen: Sie hatten monatelang renoviert und das Running Horse schließlich im Juni 1978 eröffnet. Beide waren so stolz gewesen, besonders Johnathan. Endlich war sein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Das Lokal schlug wie eine Bombe ein. Johnathans Erfahrungen in der Gastronomie und Danes Organisationstalent, neben seiner immer fortwährenden, temperamentvollen Fröhlichkeit, lockte unzählige Gäste an. Wir waren jeden Tag aufs Neue fasziniert, wenn wir Dane im Lokal beobachteten. Er hatte zweifellos ein Händchen im Umgang mit Gästen. Sie fühlten sich willkommen und entspannt, wenn sie das Lokal betraten.
    Johnathan war schnell klar, dass die Entscheidung, mit Dane dieses Gebäude zu kaufen, die beste seines Lebens war.  
    Als zweigeschossiges Gebäude nutzten sie unten den Platz für das Lokal, wogegen sie oben zwei großzügige Apartments bewohnten. So fand jeder einen Ort für sein Privatleben. Für Dane eine äußerst wichtige Angelegenheit, die wir alle in der Zeit unserer Freundschaft nicht bemessen konnten. Wir wussten nicht, was sich in seinen vier Wänden alles abspielte, ich meine, was sich in seinem Kopf abspielte. Oder was er so trieb. Vor uns war er immer fröhlich, und wir beneideten seine Kunst, sich aus jedem Stress eine Freude zu machen.
    Johnathan war aber auch ein unkomplizierter Freund für ihn. Dadurch ließ er wahrscheinlich auch eine Art Vater-Sohn-Beziehung zu. John jedenfalls genoss diesen jungen Kerl wie einen Sohn. Manchmal wussten beide nicht, wie sie eigentlich ineinander verkettet waren, privat oder geschäftlich. Sie verbanden es eben auf eine beeindruckende Art und Weise.
    Johnathan ist ein sehr ruhiger Zeitgenosse, also ganz anders als Dane. Er ist in einem Kinderheim groß geworden, nachdem er seine Eltern durch einen Autounfall verloren hatte. Er war derzeit sieben. Diese Zeit war prägend für ihn gewesen und machte ihn zu einem verschlossenen und nachdenklichen Menschen. Seit seiner Volljährigkeit hielt er sich mit Jobs über Wasser, angefangen vom Schuhputzer bis hin zum Kellner. In ihm entstand eines Tages der große Traum, ein eigenes Lokal zu besitzen. Leider hatte sich dieser Traum nicht verwirklichen lassen, weil er seine Zurückhaltung und Unentschlossenheit nicht überwinden konnte. Auch seine Beziehungen zu Frauen scheiterten an diesen Eigenschaften. Er hatte kaum Freunde. Mein Vater war einer von ihnen. Johnathan strahlte immer eine Art Trägheit aus, sein Leben bestand nur aus Arbeit und Schlafen.
    Das änderte sich kolossal, als ich ihm Dane Galloway vorstellte. Er lockte ihn sofort mit seinem jugendlichen Temperament aus der Reserve und holte bei ihm Eigenschaften hervor, die wir nie vermutet hätten. In Johnathan schlummerten wahre Talente. Dane ermutigte ihn, dieses Gebäude mitten in Glendale zu kaufen und endlich seinen Traum wahr werden zu lassen. Johnathan bestand darauf, Dane als gleichwertigen Partner einzusetzen. Dane hatte den gewissen Biss. Er war eben völlig anders als Johnathan. Er kannte keine Nachdenklichkeit und keine Tabus. Manchmal war er sogar anstrengend, auch seine nervende Art über alles zu lachen. Aber das sprach ihm nicht die Ernsthaftigkeit gewisser Dinge ab. Uns beeindruckte sein Scharfsinn, verborgen zwischen Fröhlichkeit und Ignoranz.
    Wir alle liebten Danes Augen. Sie waren dunkelbraun und klar und lächelten irgendwie immer. Sie hatten etwas Liebes, etwas das Vertrauen ausstrahlte. Er war ein angenehm anzusehender Mann. Nicht so groß, dass die Frauen zu ihm aufsehen mussten. Sein dunkelbraunes Haar trug er kurz und immer korrekt gekämmt. Es war kräftig und glänzte. Seine Kleidung war stets schwarz im Lokal. Dane
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