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Die Schattenflotte

Die Schattenflotte

Titel: Die Schattenflotte
Autoren: Boris Meyn
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enttäuscht. Es mag daran gelegen haben, dass die Luft zu feucht war. Jedenfalls löste sich die Menge danach relativ schnell auf, und wir beschlossen, nach St.   Pauli weiterzuziehen. Auf dem Spielbudenplatz haben wir dann den Peter und seine Freunde getroffen. Willi, einer meiner Begleiter, hat uns mit ihm bekannt gemacht. Dann sind wir gemeinsam in einigen Spelunken und Kneipen gewesen, aber immer nur kurz. Höchstens auf ein oder zwei Biere, danach sind wir weitergezogen. Tja, und schließlich sind wir in der Thalstraße gelandet. Hans, ein Bekannter von Peter, meinte, er kenne jemanden, der als Koberer für ein besseres Etablissement arbeite, und der könne uns reinschleusen. Zuerst müsse er aber mal die Lage peilen. Und so warteten wir in einem Torweg auf Hans. Ja, und dann hörten wir die Schreie. Anfangs denkt man sich ja nichts, schließlich waren wir auf dem Kiez, wo lautstarke Auseinandersetzungen und Schreiereien normal sind, aber dann sahen wir einen ziemlich kräftigen Kerl, der eine Frau am Handgelenk gepackt hielt und mit sich zerrte. Sie schrie laut und versuchte ständig, nach ihm zu treten und sich loszureißen, was ihr aber nicht gelang. Ehrensache, dass wir uns ihm in den Weg stellten. Du weißt, ich bin nicht zimperlich, und so einem Louis gegenüber schon gar nicht. Er hatte ungefähr meine Größe, aber selbst dass wir so viele waren, schien ihn nicht zu beeindrucken. Ganz im Gegenteil. Ohne die Frau loszulassen, packte er mich an der Schulter und versuchte, mich wegzustoßen. Das wäre ihm auch gelungen,wenn Peter ihm nicht im selben Augenblick den Arm auf den Rücken gedreht hätte. Daraufhin ließ der Kerl endlich von der Frau ab, die sofort davonlief, glaube ich. Der Kerl schlug aber wie wild um sich. Mich hat er am Kinn getroffen, also holte ich aus und gab ihm einen auf die Zwölf. Ich schlage mich nicht häufig, aber das Ding saß, und er sackte zusammen.»
    «Wo hast du ihn genau getroffen?», unterbrach ihn Sören.
    «Wie er’s bei mir auch versucht hat.» David fasste sich an den Bart. «Aufwärtshaken, klassisch. Aber meiner verfehlte seine Wirkung nicht.»
    «Kann man so sagen», entgegnete Sören zynisch. «Er ist schließlich tot.»
    «Nein, nein, nein!», erwiderte David hektisch. «Doch nicht hiervon.» Er blickte auf seine Faust, und die Handketten klirrten. «Er ist ja wieder aufgestanden. Wir haben noch eine Weile dagestanden, weil wir nicht recht wussten, was wir mit ihm machen sollten. Und nach ein paar Minuten ist er zu sich gekommen, hat irgendetwas Unverständliches gemurmelt, und dann hat er sich aus dem Staub gemacht.»
    «Und ihr? Was habt ihr dann gemacht?»
    «Wir haben noch auf Hans gewartet, aber als der nicht wieder auftauchte, sind wir in die nächstbeste Kneipe.»
    «Zum kleinen Fässchen», ergänzte Sören. «Wo man dich schließlich verhaftet hat.«
    David nickte.
    «Und was ist mit den anderen geschehen?»
    David zuckte mit den Schultern, und seine Fesseln klirrten erneut. «Keine Ahnung. Ich war ja auch nicht mehr ganz nüchtern. Ich erinnere mich nur, dass es plötzlich hieß, die Polente sei im Anmarsch. Dann ging allesdrunter und drüber. Peter, Willi und Adolph, das war der andere Kumpel von Peter, müssen sich aus dem Staub gemacht haben. Jan Hauer hatte sich schon am Spielbudenplatz verabschiedet, weil er zu irgendeinem Verwandten wollte.»
    «Und dich haben sie hopsgenommen. Mensch, Junge, das war keine gewöhnliche Razzia – die Polizisten haben gezielt nach euch gesucht, weil ihnen jemand was gesteckt hat.»
    «So ein kleiner Hagerer mit einem Stock. Ja, ich erinnere mich. Der stand dabei und hat mit dem Finger auf mich gezeigt.» Er schüttelte angewidert den Kopf. «Was für Widerlinge es doch gibt. Dabei habe ich wirklich nichts Unrechtmäßiges getan. Glaube mir. Ich schwöre es dir bei allem, was mir heilig ist.»
    «Man hat den Toten in genau dem Hof gefunden, in dem du ihn niedergeschlagen hast. Das hat zumindest der Zeuge ausgesagt. Er war hinter Müllsäcken versteckt.»
    «Aber er hat noch gelebt», entgegnete David. «Du musst mir glauben! Ich weiß nicht, wie er da hingekommen ist.»
    «Ich glaube dir ja. Nur leider haben wir bisher niemanden, der deine Variante der Geschehnisse bestätigt. So, wie es aussieht, war es deinen Kollegen erst mal wichtiger, die eigene Haut zu retten. Schöne Freunde, die du da hast. Von Peter Schulz wirst du nicht erwarten können, dass er sich der Polizei stellt. Er steht bereits auf der
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