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Die Schatten von La Rochelle

Die Schatten von La Rochelle

Titel: Die Schatten von La Rochelle
Autoren: Tanja Kinkel
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m mte die Ar m e in die Hüf t en und u m schritt das Schafott, als betrach t e er es prüfend. Dann zog er m it einer dra m atischen Verbeugung den Hut vom Kopf, salutierte seinem Publikum und warf ihn in die Menge.
    De Thou blickte m i ßbilligend drein, als er sich ihm wieder zuwandte. »Ihr könnt wie ein Rö m e r sterben, A uguste«, sagte Cinq Mars lachend. »Ich will ihnen noch etwas zu denken geben.«
    Achselzuckend wandte sich de Thou an den Priester. »Haben wir noch etwas Zeit zum B e ten ? « Der Priester nickte.
    »Habt Ihr noch nicht genug gebetet ? « fragte Cinq Mars. »Das ist neurö m isch, de Thou, nicht altrö m isch.«
    Der neue H enker näherte sich ihm m it der Augenbinde. » H ör zu, du Tölpel«, sagte der ehe m alige Günstling des Königs verächtlich,
    »ein Cinq Mars geht m it offenen Augen in den Tod.«
    Mittl e rweile war der B e i f all d e r Me nge im m er stärk e r ge w orden. Es wurden Rufe laut: »Gnade! Gnade für Monsieur le Grand!«
    Cinq Mars s tieß de Th o u m it dem Ellenbogen an. »Bitte«, s agte er befriedigt. »Sie werden uns im Triumph auf den Schultern davontragen.«
    »Henri«, erwiderte de Thou bitter, »Ihr seid wahrhaftig im m er noch ein Kind.«
    Dann sagte er zu dem Prie s ter: »Pa t er, ich bin bereit.« Erst als der Junge m it dem Beil ein zweites Mal zuschlug, und dann ein drittes Mal, weil es ihm imm e r noch nic h t gelungen war, den Kopf seines Freundes vom Körper zu trennen, erkannte Cinq Mars, daß keine Rettung kommen würde, nicht von Louis, nicht von der Menge, so sehr sie ihm auch zujubelte. Ich w e rde sterben, dachte er fassungslos. Ich werde sterben! Dann war er an der Reihe, und der Henker, den die unwilli g en Rufe der Menge z u m Zittern gebracht hatten, hob erneut die Axt.
    Vor der großen Statue Henris IV wartete er auf s i e, und Marie, die eigentlich vorgehabt hatte, ihn zurückhaltend zu fragen, wo er seit Narbonne gewesen war, konnte nicht anders, sie lief wie ein junges Mädchen in seine Ar m e.
    Dann besann sie sich auf ihre W ürde und sagte: »Ich wäre um ein Haar nicht g ekommen. Hättet I h r viell e icht die Güte, Eure Botscha f ten das näc h ste Mal sel b st zu überbringen, Monsieur ? «
    »Das nächste Mal gewiß«, erwid e rte Paul. »Und I h r, Madame, wie ist es Euch in der Zwischenzeit ergangen ? «
    »Abgesehen von Verschwörungen und Bittstellern und klei n en Erpressungen… ausgezeichnet.«
    »Gut. Dann könnt Ihr m i ch auf einem längeren Weg begleiten ? «
    Er führte sie in das Marais, und sie sahen sich eine Vorführung der Truppe dort an. Marie hatte ein Theaterstück noch nie im Parkett unter den Stehenden m iterlebt. Es w ar entschieden anders als in den Logen; m an m ußte seinen Pla t z m it den Ellenbogen verteidigen, ständig liefen Verkäuferinnen u m h e r, die Süßigkeiten und Getränke anboten, das Publikum reagierte ohne jede Zurückhaltung sofort auf das, was es zu sehen beka m , und unterhielt sich lauth a ls darüber. Sie würde nie m ehr wieder das Parke t t besuchen, aber heute genoß sie jede Minute.
    Paul kaufte einer der Verkäufer i nnen etwas gez u ckertes Eis ab, das im Sommer in den Höhlen unter d e r Seine aufbewahrt wurde und zu den beliebtesten Köstlichkeiten zählte.
    »Zur Abkühlung. Heute sind Eure H ände war m .«
    »Danke«, sagte sie und f uhr dann ernster fort, » f ür alles. Ich weiß, daß Ihr m ehr getan habt, als die s en Mann daran zu hindern, m einen Onkel u m zubringen.«
    »Danke für Euer Vertrauen. Vertraut m i r jetzt noch ein wenig länger, Marie. Ihr wißt auch, daß es nicht leicht für m i ch war. Ich… ich würde die Vergangenheit jetzt gern endgültig h i n t er m i ch bringen.«
    Sie nic k te. »Ich ver s te h e«, erwid e rte sie. » Ihr wollt m it i h m sprechen.«
    Einer i h rer Nachbarn zisc h te: » R uhe! Der große Buill o t sin g t jet z t!«
    Auf der Bühne kniete der Hauptdarsteller nieder und begann m i t einem Ständchen an die Heldin. Diese Unterlegung eines Sprechstücks m it Musik wurde von der Akad e m ie abgelehnt und daher nicht in der Tragödie, sondern nur in der Komödie verwendet. Das Lied, das Buill o t sang, war trotzdem l eicht m elancholisch und eigentlich ungeeignet für die B urleske.
    »Ich liebte dich nicht so sehr, mein Kind/ war mir die Ehre nicht mehr…«
    »Kom m t m i t«, flüsterte ihr Paul i n s Ohr. » W ir haben nur noch wenig Zeit.«
    Das Hôtel S ully, in dem sein älte r er Bruder wo h nte, lag in d er
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