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Die Schanz

Die Schanz

Titel: Die Schanz
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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fort: «Es gibt nur einen Waffenhersteller auf der Welt, bei dem die Läufe links drehend gezogen sind, und das ist die Firma Colt .»
    «Was für eine Waffe?», wollte Astrid wissen. «Revolver oder Pistole?»
    «Schwer zu sagen», antwortete van Gemmern. «Eigentlich ist das hier eine Revolvermunition, aber ich denke, um auf Nummer Sicher zu gehen, sollten wir nochmal das Feld abgrasen und nach einer Hülse suchen.»
    «Oder aber auch nach einer Waffe», gab Cox zu bedenken. «Vielleicht war’s ja Selbstmord, ist immerhin möglich.»
    Van Gemmern wiegte zweifelnd den Kopf. «Mit dieser Munition wäre das ein ganz schönes Vabanquespiel gewesen.»
    «Eine Hundertschaft mit ausreichend Metalldetektoren braucht einiges an Vorlauf.» Toppe griff zum Telefon. «Rufst du Dellmann an, Peter? Der soll dafür sorgen, dass kein Mensch in die Nähe des Maisfeldes kommt, bis wir da sind. Hoffentlich haben die noch nicht angefangen zu mähen.»
     
    Dellmann spuckte Gift und Galle, schlug ihnen seinen Verdienstausfall um die Ohren und beschwor seinen Ruin. Dann verlegte er sich aufs Betteln: «Der Häcksler von Derksen ist brandneu, der hat Metalldetektoren dran, jede Menge. Bitte, lasst den doch einfach mähen! Wenn was im Feld liegt, findet der das bestimmt, und ich krieg wenigstens meinen Mais runter. Ich kann doch nichts dafür. Das könnt ihr mir nicht antun!»
    Van Appeldorn ließ den Bauern stehen, als hätte er ihn nicht gehört, selbst Toppe bedachte ihn nur mit einem kühlen Nicken, und so war es schließlich Astrid, die sich erbarmte, den Mann zur Seite nahm und sich geduldig sein Gejammer anhörte.
    Es goss aus eiskalten Kübeln. Griesgrämig betrachtete van Appeldorn seine völlig durchweichten Schuhe. «Es ist wirklich eine Überlegung wert, Gummistiefel im Büro zu deponieren, was meinst du?»
    Toppe ließ seinen Blick über das Feld wandern, wo die Polizisten sich in einer dichten Reihe langsam vorwärts bewegten. Über den Spitzen der Maispflanzen sah man nur ihre Köpfe und Schultern. «Hast du nicht eigentlich schon frei?»
    «Doch, doch, um zwölf hat mein Urlaub angefangen», antwortete van Appeldorn. «Aber was soll’s?»
    Toppe schaute ihn an. «Das kann hier noch Stunden dauern, wenn wir überhaupt fertig werden, bevor es dunkel ist. Also, ab nach Hause mit dir! Wir sehen uns übermorgen um elf vorm Standesamt.»
     
    Mit einem Ruck fuhr Toppe hoch. Irgendetwas hatte ihn geweckt. Er lauschte, aber da war nichts, nur Astrids tiefe Atemzüge und Katharina, die sich leise schmatzend in ihrem Bettchen umdrehte.
    Er fuhr sich über die Augen und versuchte, die Leuchtziffern auf dem Wecker zu erkennen: 4 Uhr 12. Als er vorsichtig die Decke zur Seite schob und sich aufsetzte, wusste er plötzlich, was anders war: Kein Wind mehr, kein Regenrauschen, es war still, vollkommen still. Er rutschte zum kleinen Fenster hinüber. Die Wiesen waren weiß überhaucht, die Grashalme glitzerten im Mondlicht – Frost.
    Astrid bewegte sich träge, wachte aber nicht auf, als er Pullover und Socken zusammensuchte und die Kammertür öffnete.
    In der Küche war es mollig, der alte Eisenherd gab noch Wärme ab. Wenn man seine Zuluftklappe bis auf einen kleinen Schlitz schloss, hielt er die Glut bis zum Morgen. Toppe stocherte mit dem Schürhaken, öffnete die Klappe ganz, legte zwei Holzscheite nach und setzte den Wasserkessel auf. Während er Pfefferminzteeblätter in die Kanne löffelte und Becher und Zucker bereitstellte, ließ er die Gedanken laufen.
    Bis zum letzten Tageslicht hatten sie das Feld abgesucht und keine Waffe gefunden. Dieser alte Mann hatte sich also nicht selbst umgebracht. Er war erschossen worden. Und die Tatwaffe war mit großer Wahrscheinlichkeit ein Revolver gewesen, denn eine Patronenhülse hatten sie auch nicht entdeckt. Aber es konnte natürlich auch sein, dass der Täter die Hülse aufgehoben und mitgenommen hatte. Vielleicht war der Mann aber auch ganz woanders erschossen und danach erst im Maisfeld versteckt worden.
    Eigentlich ein perfekter Ort, um jemanden spurlos verschwinden zu lassen, so ein Maisfeld kurz vorm Abernten – wenn man wusste, wie alte Häcksler funktionierten, wenn man wusste, dass Dellmann ein altes Häckslermodell hatte und in den nächsten Tagen ernten wollte. Ein Täter, der sich auskannte? Jemand aus der Umgebung? Ein geplanter Mord?
    Das Wasser brodelte. Toppe nahm den Kessel vom Herd und goss den Tee auf.
    Ein vorsätzlicher Mord mit einer Sportwaffe? Mit einer Patrone
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