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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07
Autoren: Stephen R. Donaldson
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liegt schon Jahre zurück.« Er bedachte Linden mit einem ungekünstelten Lächeln. »Und es gibt etwas, das ich Ihnen zeigen möchte.«
    Trotz ihrer Ungeduld nickte sie. »Natürlich. Sie können sie gleich jetzt besuchen.« Seltsamerweise bekümmerte sie seine offensichtliche Leere, bekümmerte sie um seinetwillen. Thomas Covenant hatte sie gelehrt, dass Unwissenheit – ebenso wie Unschuld – nicht die Kraft besaß, sich vor Unheil zu schützen. Weil Roger nichts verstand, konnte ihn nichts davor bewahren, leiden zu müssen.
    Sobald er Joans Not sah, würde seine Verständnislosigkeit ihn für oder gegen sie einnehmen. Auf der anderen Seite konnte ihn diese Erfahrung in beiden Fällen vielleicht dazu bewegen, Linden nicht länger zu belästigen.
    Sie nickte und deutete in Richtung Tür. Die Morgenvisite lag schon hinter ihr, und der Papierkram konnte warten; zweifellos brauchten ihre Patienten sie im Augenblick nicht. Im Grunde genommen existierte das Berenford Memorial nicht, um seine Patienten zu heilen, sondern um ihnen zu helfen, sich selbst zu heilen.
    Auf einmal kooperativ, als hätte er ein wichtiges Zugeständnis erlangt, ging Roger vor ihr hinaus. Sein Lächeln erschien ihr jetzt als bloßer Reflex: ein unbewusster Ausdruck seines Eifers.
    Linden schloss die Tür hinter sich und führte ihn durch das Gebäude, in dem sie die Arbeit verrichtete, mit der sie Covenants Platz in ihrem Herzen auszufüllen versuchte. Seinen Platz und den des Landes ...
    Unwillkürlich erinnerte sie sich an den Klang von Pechnases Stimme, als er sang:
     
    Mein Herz hat Stuben,
    Die seufzen von Staub,
    Und Asche in den Herden.
     
    Manchmal entmutigte sie der Gegensatz zwischen ihren Erlebnissen mit Thomas Covenant und ihren Jahren im Berenford Memorial. Bestimmt ließ sich ihr Kampf gegen die Geisteskrankheit ihrer Patienten nicht mit der Herrlichkeit von Thomas Covenants Kampf um die Erlösung des Landes vergleichen. Trotzdem schluckte sie ihren Kummer hinunter. Der Schmerz solcher Erinnerungen war ihr vertraut, und sie wusste, wie sie damit umgehen musste. Sie führte Roger weiter zu Joans Zimmer.
    Ihr Leben hier war nicht minder gut als das, das sie mit Covenant geführt hatte. Es war nur anders. Vielleicht weniger großartig: mehrdeutiger, mit kleineren Triumphen. Aber es genügte.
    Ein kurzer Flur führte sie aus dem kleinen Verwaltungstrakt des Krankenhauses und durch die Eingangshalle, vorbei an Maxine Dubroffs Empfangs- und Informationstheke. Maxine arbeitete hier an fünf Tagen in der Woche jeweils neun Stunden lang: eine ältliche Frau, die wie ein Storch aussah, wie ein Engel lächelte und jeden, der das Berenford Memorial betrat, mit nie versiegender Freundlichkeit betreute. Sie war eine Freiwillige, die sich Linden eines Tages einfach angeschlossen hatte, nachdem Linden, die in jeder dritten Nacht in der Notaufnahme Dienst tat, Maxines Ehemann Ernie das Leben gerettet hatte. Sein Pferd hatte ihn mit einem Hufschlag gegen die Brust niedergestreckt; Linden hatte einen Knochensplitter in seiner linken Lunge entdeckt und entfernt. Ernie war genesen, um seinem Pferd bessere Manieren beizubringen, und Maxine stand Linden seither zu Diensten.
    Sie lächelte jetzt, als Linden und Roger Covenant die geflieste Eingangshalle durchquerten. Obwohl Linden sich in Rogers Begleitung befand, lächelte sie ebenfalls – weniger engelsgleich als Maxine, aber nicht weniger aufrichtig. Maxine erinnerte Linden daran, dass sie in ihrer Hingabe an ihre Arbeit nicht allein war. Wie Linden und die meisten Mitarbeiter im Berenford Memorial fühlte Maxine sich zur Deckung eines Bedarfs verpflichtet, den die County erkannte, aber nicht decken konnte.
    Vor zehn Jahren war Joan von einer Gruppe von Leuten, die nach Ansicht der County eindeutig verrückt waren, aus Thomas Covenants Obhut entführt worden. Diese Menschen hatten ihre Armut und Verrücktheit wochenlang offen zur Schau gestellt, indem sie um Essen, Unterkunft und Kleidung gebettelt und die Bürger aufgefordert hatten, Buße zu tun. Eines Nachts – Linden war erst knapp vierundzwanzig Stunden zuvor in der Stadt eingetroffen, um ihre Arbeit im County Hospital anzutreten – hatten sie Joan entführt und Covenant bewusstlos in seinem über und über mit Blut besudelten Haus zurückgelassen.
    Sie hatten Joan in den Wald hinter Covenants Haus verschleppt, sich angeschickt, sie bei irgendeinem bizarren Ritual zu ermorden – einem Ritual, dessen Bestandteil es war, dass die Beteiligten
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