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Die Runen der Erde - Covenant 07

Die Runen der Erde - Covenant 07

Titel: Die Runen der Erde - Covenant 07
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ihr zu haben, und sein Ton wurde sanfter. »Es dauert nicht mehr lange. Ich habe einiges zu erledigen. Dann sorge ich dafür, dass es aufhört. Wir sorgen gemeinsam dafür, dass es aufhört.«
    Er nahm die Hände von ihrem Gesicht, stand auf und wandte sich Linden zu.
    Sowie er das Bett verließ, begann Joan zu kreischen. Es war ein schwacher, schriller Aufschrei, der sich aus ihrer Kehle zu quälen schien wie Gewebe, das über scharfkantiges Glas gezogen reißt. Wie aus Mitgefühl ließ der Pulsmonitor sein schrilles Warnsignal ertönen.
    »Sehen Sie, Doktor Avery?«, sagte Roger über das verzweifelte Kreischen seiner Mutter hinweg. »Ihnen bleibt wirklich nichts anderes übrig. Sie müssen sie mit mir gehen lassen. Je früher Sie sie entlassen, desto früher kann ich sie von alldem befreien.«
    Nur über meine Leiche, erklärte Linden seinem vieldeutigen Lächeln und seinem ausdruckslosen Blick. Nur über meine Leiche.

2

Einrichten zur Verteidigung
     
     
    »Hinaus!«, befahl Linden ihm laut. »Sofort.«
    Zu ihrem Glück gehorchte er augenblicklich. Hätte er Widerstand geleistet, hätte sie ihn vielleicht geschlagen – nur um zu versuchen, den Ausdruck unerschütterlicher Gewissheit von seinem Gesicht zu tilgen. Sobald sie die Tür von Joans Zimmer hinter sich geschlossen hatte, fuhr sie zu ihm herum. »Sie haben gewusst, dass das passieren würde.«
    Joans Kreischen hallte den Flur entlang, wurde von den weißen Bodenfliesen, den kahlen Wänden zurückgeworfen. Ihr Monitor übermittelte seinen Alarm ins Stationszimmer.
    Er zuckte mit den Schultern, ließ sich durch Lindens Zorn nicht aus der Ruhe bringen. »Ich bin ihr Sohn. Sie hat mich großgezogen.«
    »Das ist keine Antwort«, gab sie zurück, doch noch ehe sie weitersprechen konnte, rief eine Frauenstimme: »Doktor Avery? Was ist passiert?«
    Eine Krankenschwester kam den Flur entlanggehastet: Amy Clint. Ihr Gesicht spiegelte Überraschung und Sorge wider.
    Roger Covenant lächelte Amy milde an. »Lassen Sie sie ihr Blut kosten«, schlug er vor, als hätte er ein Recht dazu, etwas Derartiges zu sagen. »Das wird sie beruhigen.«
    Amy blieb stehen und starrte Linden erschrocken an.
    »Ms. Clint ...« Linden wandte ihre ganze Autorität auf, um Amys Schock entgegenzuwirken. »... dies hier ist Roger Covenant. Er ist Joans Sohn. Sein Besuch hat sie aufgeregt.«
    »Sie hat nie ...« Die junge Krankenschwester bemühte sich, ihre Reaktion unter Kontrolle zu bringen. Dann sagte sie etwas fester: »Ich habe sie noch nie so schreien gehört.« Joans Gekreisch zerriss noch immer die Luft. »Was soll ich jetzt machen?«
    Linden atmete tief durch, meisterte schließlich ihren Zorn. »Tun Sie, was er sagt. Lassen Sie sie ihr Blut kosten.« Um Amys Verwirrung abzumildern, fügte sie hinzu: »Ich erkläre es Ihnen später. Los jetzt!«, drängte sie schließlich, als die Schwester zögerte.
    »Sofort, Doktor.« Amy verschwand mit kummervoller Miene in Joans Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Linden wandte sich gleich wieder an Roger. »Sie haben meine Frage nicht beantwortet.«
    Noch immer lächelnd, als berühre ihn das Kreischen seiner Mutter nicht im Geringsten, hob er eine Hand, um Linden zum Warten aufzufordern.
    Einige Sekunden, nachdem Amy das Zimmer betreten hatte, verstummte Joan plötzlich; ihre abrupt abgebrochenen Schreie hallten wie ein Phantom durch den Korridor nach.
    »Sehen Sie, Doktor Avery?«, antwortete Roger. »Ich bin wirklich der Einzige, der sich um sie kümmern kann. Außer mir ist niemand dafür qualifiziert.« Bevor Linden widersprechen konnte, fügte er hinzu: »Ich wusste, was passieren würde, weil ich ihr Sohn bin. Ich kenne ihr Leiden genau. Ich weiß, wie es zu behandeln ist. Sie können es jetzt nicht länger rechtfertigen, sie hier zu behalten.«
    »Sie irren sich.« Linden erhob bewusst nicht die Stimme. »Ich kann es nicht rechtfertigen, sie zu entlassen. Was Sie getan haben, war empörend unvernünftig.«
    »Ich habe sie erreicht«, wandte Roger ein. »Das ist mehr, als Sie vermögen.«
    »Oh, Sie haben sie erreicht, das stimmt«, bestätigte Linden. »Das ist verdammt offensichtlich. Mir gefällt nur das Ergebnis nicht.«
    Roger runzelte unsicher die Stirn. »Sie glauben, dass es ihr in ihrer Starre besser geht.« Lindens Reaktion schien ihn ehrlich zu verwirren.
    » Ich glaube ...«, begann Linden, dann beherrschte sie sich. Er war keinen Argumenten zugänglich. Etwas ruhiger fügte sie hinzu: »Ich glaube, dass sie hier
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