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Die Rückkehr des Tanzlehrers

Die Rückkehr des Tanzlehrers

Titel: Die Rückkehr des Tanzlehrers
Autoren: Henning Mankell
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sah, daß ihr Passagier ein Zivilist war. Der Mann, der aus dem Fond des Wagens stieg, war untersetzt. In seinem Mund steckte eine kalte Zigarre. Aus dem Kofferraum des Wagens holte er einen kleinen schwarzen Koffer. Gleichzeitig traf Major Perkins in seinem Jeep ein. Der Mann, der nach Deutschland fliegen sollte, hatte den Hut tief in die Stirn gezogen. Garbett konnte seine Augen nicht sehen. Auf diffuse Weise fühlte er sich unwohl. Als Major Perkins die beiden einander vorstellte, murmelte der Passagier seinen Namen. Garbett verstand ihn nicht.
    »Jetzt könnt ihr starten«, sagte Perkins.
    »Sonst kein Gepäck?« fragte Garbett.
    Der Mann schüttelte den Kopf.
    »Es ist besser, während des Fluges nicht zu rauchen«, sagte Garbett. »Die Maschine ist alt, es könnte Lecks geben. Benzindämpfe bemerkt man meistens erst, wenn es zu spät ist.«
    Der Mann antwortete nicht. Garbett half ihm an Bord. Im Innern der Maschine gab es drei unbequeme Stahlstühle, ansonsten war sie leer. Der Mann setzte sich und stellte den Koffer zwischen die Beine. Garbett fragte sich, was für Schätze er wohl nach Deutschland fliegen sollte.
    Nach dem Abheben flog Garbett eine Linkskurve, bis er sich auf dem Kurs befand, den Wiffin ihm genannt hatte. Dann richtete er die Maschine auf, und als sie die ihnen angewiesene Flughöhe erreicht hatten, überließ er Foster den Steuerknüppel. Garbett wandte sich zu ihrem Passagier um. Der Mann hatte den Mantelkragen hochgeschlagen und den Hut noch tiefer in die Stirn gezogen.
    Garbett fragte sich, ob er schlief. Aber irgend etwas sagte ihm, daß der Mann hellwach war.
    Die Landung auf dem Flugplatz von Bückeburg verlief ohne Probleme, obwohl es dunkel und die Landebahn nur schwach beleuchtet war. Ein Wagen lotste die Maschine an den Rand eines langgestreckten Hangars. Dort warteten schon mehrere Militärfahrzeuge. Garbett half dem Passagier aus der Maschine. Aber als er sich nach dem Koffer bückte, schüttelte der Mann den Kopf und nahm ihn selbst. Dann setzte er sich in einen der Wagen, und die Kolonne fuhr sofort los. Wiffin und Foster waren inzwischen aus der Maschine geklettert und sahen die Rücklichter verschwinden. Es war kalt, und sie fröstelten.
    »Man wird ja schon neugierig«, bemerkte Wiffin.
    »Besser nicht«, erwiderte Garbett.
    Dann zeigte er auf einen Jeep, der sich ihrer Maschine näherte.
    »Wir sollen in einer Unterkunft schlafen«, sagte er. »Ich nehme an, das ist der Wagen, der uns holt.«
    Nachdem ihnen ihre Schlafplätze zugeteilt worden waren und sie zu Abend gegessen hatten, schlugen einige Mechaniker vom Bodenpersonal vor, in einem der Wirtshäuser der Stadt, das den Krieg unbeschadet überstanden hatte, zusammen ein Bier zu trinken. Wiffin und Foster nahmen das Angebot an, aber Garbett war zu müde und blieb in der Unterkunft. Er legte sich hin, konnte aber nicht einschlafen. Er lag da und grübelte darüber nach, wer wohl ihr Passagier war. Was war in dem Koffer, den kein anderer berühren durfte?
    Garbett murmelte in der Dunkelheit vor sich hin. Der Passagier hatte einen Geheimauftrag. Garbetts einzige Aufgabe war, ihn am nächsten Tag zurückzufliegen. Das war alles.
    Er schaute auf seine Armbanduhr. Es war schon Mitternacht. Er rückte sein Kissen zurecht, und als Wiffin und Foster
    gegen eins zurückkehrten, war er eingeschlafen.
    *
    Donald Davenport verließ das britische Gefängnis für deutsche Kriegsgefangene kurz nach dreiundzwanzig Uhr. Er war in einem Hotel untergebracht, das keine Kriegsschäden erlitten hatte und jetzt als Unterkunft für britische Offiziere diente, die in Hameln stationiert waren. Er merkte, daß er müde war. Er brauchte seinen Schlaf, wenn er seinen Auftrag am nächsten Tag fehlerfrei ausführen wollte.
    Er machte sich Sorgen wegen des britischen Sergeanten MacManaman, der zu seinem Assistenten ausersehen war. Davenport arbeitete nicht gern mit unerfahrenen Helfern. Vieles konnte falsch laufen. Besonders wenn der Auftrag so umfassend war wie der, der sie erwartete.
    Er lehnte eine letzte Tasse Tee ab und ging direkt in sein Zimmer. Dort setzte er sich an den Schreibtisch und sah die Notizen der Besprechung durch, die eine halbe Stunde nach seiner Ankunft begonnen hatte. Er fing mit dem maschinengeschriebenen Formular an, das er von einem jungen Major namens Stuckford bekommen hatte, der die Verantwortung für die ganze Aktion trug.
    Er glättete das Papier, richtete die Schreibtischlampe aus und las die Namen. Kramer, Lehmann,
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