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Die Rueckkehr der Templer - Roman

Die Rueckkehr der Templer - Roman

Titel: Die Rueckkehr der Templer - Roman
Autoren: Martina Andr
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aus ihrem Inneren emporzusteigen drohte.
    Erst viel später, nachdem Lion Ho Chang, der Anführer der National Rebels, sie aus dem Lager befreit und ihr den Chip entfernt hatte, begriff Lyn das ganze Ausmaß von Collarts menschenverachtendem Vorgehen. Regelmäßig dachte er sich während der Schießlektionen kleine Spiele aus. Eines nannte er »Russisch Roulette«, wobei er den Laser in einer Weise auflud, dass nicht jeder Schuss automatisch scharfgemacht wurde. Danach konnte keiner seiner jugendlichen Kadetten wissen, ob der nächste Treffer den Delinquenten eliminierte oder nicht. Lyn hingegen verfügte selbst unter Einflussnahme des Chips über nahezu hellseherische Fähigkeiten. Stets hatte sie den Laser an einen der Jungs weitergereicht, wenn er eine tödliche Bedrohung für |17| die Opfer darstellte. Collart hatte Punkte an jene Rekruten vergeben, die sich freiwillig als Schützen gemeldet hatten und bei denen der Laser auslöste. Wem es auf diese Weise gelang, die meisten Delinquenten zu eliminieren, der durfte Collart nach Hause begleiten. Was immer das auch bedeutete, war ein Geheimnis, und jene, welche in den Genuss kamen, mühten sich, diese Auszeichnung wieder und wieder zu erlangen. Lyn war nicht erpicht darauf, Collarts Gunst zu gewinnen. Ihr Instinkt und seine abweisende Haltung sagten ihr, dass es besser war, ihm nicht zu nahe zu kommen. Ihrer Schwester Rona war es anscheinend ähnlich ergangen, deshalb hatte sie stets auf Lyns Reaktionen geachtet und den Laser nur angenommen, wenn sie ihr mit einem kaum merklichen Zwinkern versichert hatte, dass er nicht schussbereit war. Ganz im Gegensatz zu Mako, ihrem gleichaltrigen Bruder, der aus derselben Brutserie stammte wie sie selbst und der ganz wild darauf war, endlich in den Fokus seines Meisters zu gelangen, was er jedoch bis zum Tag ihrer Befreiung niemals geschafft hatte. Wie durch ein Wunder hatten weder Mako noch Collart bemerkt, dass die beiden jungen Frauen sich davor drückten, den Henker zu spielen. Doch selbst wenn es Mako aufgefallen wäre, hätte er wohl nichts darüber gesagt. Gefühle zu zeigen konnte leicht den eigenen Tod bedeuten oder zog eine neuerliche Hirnoperation nach sich, die ihre Persönlichkeit noch weiter eingeschränkt hätte.
    Erst an dem Tag, als Lion und seine Leute unerwartet ins Camp eingedrungen waren und Lyn und ihre beiden Geschwister aus den Klauen der Neuen Welt befreit hatten, war ihnen klargeworden, wie unglaublich stark menschliche Emotionen sein mussten, wenn man sie nicht mit biotechnischen Mitteln unter Kontrolle behielt. Der Hass in Lions braunen Augen, als er bei seinem furiosen Abgang aus dem Camp höchstpersönlich seinen Fusionslaser auf Collart richtete, abdrückte und im Anschluss daran den kläglichen Überrest ihres ehemaligen Drill-Instructors mit den Worten »Asche zu Asche« kommentierte, hatte sie zunächst verwirrt und im höchsten Maß irritiert. Erst recht, als Lions braune Augen sich mit Tränen füllten, weil es ihm nicht gelungen war, noch mehr ihrer Brüder und Schwestern zu befreien. Ein ungewohnter Anblick. Denn dort, wo Lyn, Rona und Mako ihre Jugend verbracht hatten, weinte man nicht. Es war eine zutiefst verabscheuungswürdige Geste, die einen getreuen Söldner der Neuen |18| Welt von abtrünnigen Rebellen und Spionen unterschied – und diesen nicht selten zum Verhängnis wurde, weil man sie unter der Folter an ihren Gefühlsausbrüchen erkannte. Erst später, nachdem Lion den entführten Rekruten den Chip aus den Hirnen entfernt und sie damit wieder zu empathischen Lebewesen umfunktioniert hatte, erspürte sie seine Gefühle, und das mit geballter Intensität. Ein wunderbarer Zustand, der gleichzeitig unbeschreibliche Schmerzen mit sich brachte, wenn er in Trauer, Angst und Entsetzen umschlug.
    Ein Grund, warum Lyn im Augenblick ihre wiedergewonnenen emotionalen Fähigkeiten verfluchte. Sie blinzelte kurz, um ihre genetisch manipulierten Nachtsichtlinsen zu befeuchten, die auch die finsterste Umgebung in gestochen scharfen Graugrünabstufungen erscheinen ließ.
    »Du musst ihn beim ersten Schuss treffen«, zischte eine dunkle Stimme unter ihr.
    Es war Mako, ihr männliches Ebenbild. Sein Kopf mit den schulterlangen schwarzen Haaren und dem feingeschnittenen asiatischen Gesicht streckte sich an ihr vorbei. Dabei zwängte er seinen schlanken, langen Körper durch den engen Kanalschacht. Offenbar interessierte ihn, warum es nicht wie geplant voranging. Schließlich stand er leicht
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