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Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman

Titel: Die Rückkehr der Jungfrau Maria - Roman
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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teuflischen Tricks an. Ihr könnt Spiegelbilder verschwinden lassen und ihr könnt einen Menschen verschwinden lassen, der trotzdem noch im Spiegel zu sehen ist. Ihr …«
    Später wurde mir gesagt, er habe darüber schwadroniert, dass sich alles, dem Maria und ich uns näherten, mit der Zeit in Falschheit verwandeln würde, sogar Menschen, aber ich selbst hörte es nicht mehr. Sämtliches Blut in meinem Körper wurde zur Mitte gesogen, und ich hätte mich fast übergeben. Ich konnte die Dinge um mich herum nicht mehr erkennen, die Wände des Gerichtssaalsschienen sich in eine Sandwolke aufzulösen, die von einer leichten Brise fortgetragen wurde, alles wurde ausgelöscht, bis nur noch eine endlose Wüste da war. Eine Wüste, durch die ich irren wollte, bis ich einschlafen würde. Ich murmelte die einzigen Worte, die mir in den Sinn kamen:
    »Du wirst nicht glauben, selbst wenn du alle Zeichen der Welt siehst. Du hast sie getötet.«
    Ich wusste weder, woher die Worte kamen, noch, an wen sie sich richteten. Die Lebenskraft wich aus meinem Körper, doch kurz zuvor zerbrach etwas in mir und ich schrie aus vollem Hals:
    »Du wirst nicht glauben, selbst wenn du alle Zeichen der Welt siehst. Du hast sie getötet, du hast sie getötet!«
    Jemand nahm mich bestimmt, aber freundlich in den Arm. Ich umarmte ihn instinktiv, schloss die Augen und weinte.
    »Sie dürfen die Kontrolle nicht verlieren, Michael. Jetzt geht es um Leben und Tod.«
    Es war mein Anwalt, der mir diese Worte beruhigend, aber eindringlich zuflüsterte. Sie ermutigten mich, und ich versuchte, meine Trauer zu verdrängen. Eine halbe Minute lang umarmte ich ihn, ohne etwas zu sagen, dann wischte ich meine Tränen weg und sagte leise:
    »Ich bin in Ordnung«, und bat ihn, sich zu setzen. Ich wusste, dass ich mich nicht beherrschen konnte, wenn ich Sebastian anschaute, deshalb ließ ich meinen Blick durch den Saal schweifen und rief seinen Chauffeur in den Zeugenstand. Ich hatte verloren. Maria würde von dem Ort, an dem sie jetzt war, nicht mehr zurückkommen. Trotzdem konnte ich nicht aufgeben. Erfüllt von einem seltsamen Enthusiasmus, der meine Gedanken scharf und präzise machte, spürte ich, dass nichts mich daran hindern konnte, für das, was ich verloren hatte, etwas zurückzufordern. Was es war, wusste ich nicht. Als der Chauffeur Platz genommen undden Eid geschworen hatte, wandte ich mich ihm zu. Er war ein harmlos wirkender, untersetzter Mann mittleren Alters, der sich seine dünnen Haarsträhnen über den Schädel gekämmt hatte. Er sah mich unsicher an. Ich schaute ihm ermutigend in die Augen und sagte mit sanfter Stimme:
    »Tut mir leid, was mit Ihrem Chef passiert ist, aber er wird sich in der Klinik schon wieder fangen. Nur schade, dass Sie sich jetzt einen neuen Job suchen müssen.«
    Ich wusste, dass mich der Richter, wenn er zu Wort käme, auffordern würde, beim Thema zu bleiben, daher sprach ich pausenlos weiter:
    »Hat Maria Ihnen viele Geschichten von der Eule und der Drossel erzählt?«
    »Jaaa«, seufzte der Chauffeur und sah sich dann beschämt um. Ich ließ ihm Zeit. Dann sagte ich voller Verständnis:
    »Das waren schöne und gute Geschichten.«
    »Ja«, stimmte mir der Chauffeur zu, lächelte schüchtern und wurde ein wenig sicherer.
    »Schön und gut, so wie sie«, fügte ich hinzu und sah ihn an, als seien wir alte Freunde, die in Erinnerungen schwelgten.
    »Ja«, sagte der Chauffeur noch einmal und lächelte nun selbstbewusst. Ich schaute ihm tief in die Augen, mit einem Gesichtsausdruck, als habe er mich auf üble Weise betrogen.
    »Wie konnten Sie nur auf die Idee kommen, einen Roboter zu benutzen, um zu überprüfen, ob sie noch Jungfrau ist?«
    »Das war ich nicht, das war Bischof Sebastian«, antwortete der Chauffeur erschrocken. Ich warf ihm einen zweifelnden Blick zu.
    »Das war er, ich schwöre es. Wir dachten alle, er hätte die Erlaubnis der Behörden und arbeite mit der Polizei zusammen. Niemand wollte ihr wehtun. Das sollte eine ganz normale ärztliche Untersuchung sein, und dann sollte der Arztbericht an dieMedien geschickt werden, damit sich die Sekte auflöst. Anschließend sollte sie freigelassen werden.«
    Der Chauffeur glotzte mich an, als bäte er darum, wieder mein Freund sein zu dürfen.
    »Aber Maria war Ihnen und den anderen gegenüber liebenswürdig, nicht wahr?«, fragte ich und sah ihn nun wieder freundlich an.
    »Ja, sie war uns allen eine Freundin, sie war …«
    Ich fiel ihm ins Wort: »Allen außer
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