Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
nichts Anderes und nichts Besseres als eine ebenso offenbare wie strafwürdige Empörung gegen die Majestät des deutschen Reichsoberhauptes zu sein, und ich hoffe nicht, daß Du als mein Verwandter mit Deinen Worten einen Tadel aussprechen willst gegen das, was ich that, weil es mir sowohl die Rücksicht auf mein persönliches Wohl als auch meine Anschauung der Dinge überhaupt gebot.«
    »Gewiß nicht. Ich sprach über allgemeine Verhältnisse ohne individuelle Ansichten behofmeistern zu wollen, und Deiner Berufung auf unsre familiäre Zusammengehörigkeit werde ich Rechnung zu tragen wissen. Aber Du giebst doch zu, daß wir arg in die Klemme gerathen sind. Mit welcher Emphase sprach man nicht von der Unübertrefflichkeit der ungarischen Reiterei, und wie ist diese Truppe nicht von den strammen Cavalleristen Friedrichs zusammengeritten und in die Pfanne gehauen worden überall, wo sie sich nur zeigte! Mir wird der Kopf noch jahrelang brummen von den Hieben jenes verdammten Husarenrittmeisters, welchen wir fast zwei Stunden jagten, um am Ende doch nur das Pferd zu bekommen, während der Kerl selbst mit seinen Depeschen entwischte.«
    »Das Pferd im Stiche zu lassen ist doch wahrhaftig keine Ehre für einen Offizier, der noch dazu Husarenrittmeister ist«, tönte die Stimme eines jungen Carnets.
    »Um das zu verstehen, fehlt es Ihm noch an Erfahrung. Der Betreffende ist nicht in offener Feldschlacht vom Gaule weggelaufen, sondern vom Könige mit geheimen Schriften an den Markgrafen von Schwedt geschickt worden. Es war das kurze Zeit vor dem famosen Ritte des Ziethenschen Regimentes durch unsre ganze Aufstellung, auch ein preußisches Reiterstück, welches uns schamroth machen sollte. Wir hatten Kunde von der Sache bekommen und lauerten das Männlein ab, aber prosit die Mahlzeit! Den Säbel zwischen den Zähnen und die Pistolen in den Fäusten, stürmte er in den dichtesten Haufen hinein, ritt, schoß und hieb nieder, was im Wege stand, und war uns um einige Hundert Pferdelängen voraus, ehe wir nur daran dachten, ihm nachzupaddeln. Nun aber gab’s ein Rennen, wie ich es mir nicht als möglich gedacht habe. In völliger Carrière lud er wieder, aber nicht etwa für uns, denn um uns bekümmerte sich der Halunke unhöflicher Weise gar nicht mehr, sondern für die dummen Burschen, denen es einfiel, ihm Barrière zu stellen. So ging’s durch ein halbes Dutzend Ortschaften, welche alberner Weise dort alle so frei und offen daliegen, daß man hinten nur hinein zu gucken braucht, um im nächsten Augenblicke vorn wieder draußen zu sein; über Felder und Wiesen, durch Dick und Dünn; kein Bagagewagen, kein Pulverkarren hielt ihn auf, drüber weg ging’s. Der Kerl war wahrhaftig seine tausend Ducaten werth, und der Rappe, den er ritt, das Dreifache. Da endlich schlängelt sich eine Marschcolonne quer über die Richtung und er muß deshalb in scharfem Winkel abbiegen, wir aber schneiden eine Diagonale und kommen ihm auf diese Weise an die Fersen. Zum Malheur geräth er auf sumpfiges Terrain und das Pferd bleibt, den Schlamm bis an den Sattel, stecken. Schon jubelten wir und glaubten ihn fest zu haben, der Filou aber muß von seiner moorreichen Heimath her mit dergleichen elastischem Parquet vertraut sein. Er schnellte sich vom Pferde und gewann mit einigen Sprüngen, wie ich sie einem Menschenkinde gar nicht zugetraut habe, festen Boden. Ich ritt an der Spitze der Verfolgenden und drang, den Säbel in der Faust, in das Gebüsch ein, welches ihn aufgenommen hatte. Da plötzlich packt mich Jemand bei der Gurgel und zu gleicher Zeit höre ich eine Stimme dicht an meinem Ohre.
    ›
Ma foi,
Herr Kamerad, Ihr müßt mir Euern Fuchs auf einige Zeit überlassen; vier Beine leisten das Doppelte von zweien, und mein Rappe steckt in der Buttermilch!‹«
    »Der Mensch ist nämlich kluger Weise gar nicht in das Gebüsch eingedrungen, sondern hat sich gleich hinter die vorderste Hecke gesteckt und dann mit dem bekannten Artilleristensprunge hinter mir Platz genommen. Eben will ich mich wenden, um dem kühnen Gaste eine bleierne Antwort zu bieten, da stürzt mein Pferd über eine hervorstehende Wurzel und wir beiden Reiter schlagen Arm in Arm einen Purzelbaum zur Erde nieder. Im Nu bin ich auf; aber eben so schnell steht auch er vor mir. Degen und Pistolen sind uns entflogen, und wir gerathen deshalb mit den Fäusten an einander. – Von weiteren Details kann ich nicht sprechen, ich weiß nur noch, daß ich an der Erde lag und mit der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher