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Die Rose von Byzanz

Die Rose von Byzanz

Titel: Die Rose von Byzanz
Autoren: Julie Gordon
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Johanna sich mit einem dezenten Hüsteln bemerkbar machte, ruckten ihre Köpfe hoch. Die hellere von beiden, an die sich Johanna von gestern erinnern konnte, fragte etwas, doch Johanna schüttelte verzweifelt den Kopf. „Eirik?“
    Wieder ein Redeschwall, dem sie nicht folgen konnte. Nur Eiriks Namen und die Worte „Schiff“ und „Hafen“ glaubte sie herauszuhören.
    Er war nicht da.
    Dabei hatte er es ihr versprochen!
    Entmutigt ging sie die Stiege wieder hinauf. Am Ende des Gangs stand eine Tür offen. Sie näherte sich ihr. Vielleicht war dort jemand, der wenigstens ihre Sprache oder die der Byzantiner verstand …
    Abgestandene Luft hing schwer in der Kammer und kam ihr wie eine Wand entgegen. Johanna hielt sich am Türrahmen fest. Übelkeit wallte in ihr hoch. Sie hatte so großen Hunger …
    „Johanna.“
    Die Stimme kam von der Bettstatt, wenig mehr als ein Krächzen. Eine Hand hob sich, winkte. Ein dunkelbrauner Schopf tauchte auf, sank wieder herab. „Hilfst du mir?“
    Nichts täte sie lieber, auch wenn sie sich vor dem Kranken ekelte, der Blut spuckte. Aber er sprach byzantinisch mit ihr. Das wog alles auf.
    Sie half Hallgrim, sich aufzusetzen. „Danke“, schnaufte er und hustete in das Tuch, das schon ganz rot war. „Gibst du mir ein neues? In der Truhe zuoberst liegen welche.“
    Sie brachte ihm ein neues. Er schien verlegen, wohin mit dem alten, doch dann nahm Johanna es und legte es in die leere Suppenschüssel. Auf dem Tablett lag ein Stück Brot, und er schien ihren hungrigen Blick zu bemerken. „Nimm es dir, ich schaff es nicht.“
    Dankbar nahm sie das Brot und biss hinein.
    „Sie lassen mich heute ganz allein hier oben. Du hast wohl nichts zu tun?“
    Schuldbewusst blickte sie auf ihre Hände mit dem Brot.
    „Eirik war vorhin bei mir und hat gesagt, du hast wieder gesprochen.“
    „Ja.“ Noch kratzte jedes Wort in ihrem Hals.
    „Das ist gut. Warum setzt du dich nicht zu mir, und ich bringe dir unsere nordische Sprache bei? Du wirst es brauchen, wenn ihr im Frühling weiterzieht. Und unter uns, ich langweile mich schrecklich, wenn ich den ganzen Tag allein hier herumliege.“
    Johanna zögerte. „Ich suche Eirik.“
    „Ja, der ist mit Freya zum Hafen gegangen.“ Er seufzte. „Sie entladen Olufs Schiff, und außerdem hat Freya einige sehr dringende Sachen mit Eirik zu besprechen.“
    Johanna fragte nicht nach. Inzwischen wusste sie ja, dass Freya Hallgrims Eheweib war, wenn sie sich auch eher so verhielt, als wünschte sie, Eirik wäre derjenige, der sie des Nachts wärmte. Wenn er lieber bei ihr war, konnte sie es ihm kaum verübeln. In den letzten Wochen hatte sie ihm selten Grund gegeben, sich über ihre Anhänglichkeit zu freuen.
    Und wie er sie angeschaut hatte am vorigen Abend, als er ihr erklärte, das sei nun ihr gemeinsames Bett … gerade so, als wäre es eine Strafe, neben ihr zu liegen. Geschweige denn, ihr beizuwohnen. All das kam ihr in den Sinn, die Gedanken purzelten und polterten durcheinander, seit der Nebel in ihrem Kopf sich verzogen hatte.
    Es wäre vielleicht besser gewesen, sich nicht wieder an alles zu erinnern.
    Dabei sehnte sie sich so sehr nach ihm. Und war es nicht ein bisschen gewesen wie früher, als sie sich am Morgen in seine Arme geschmiegt hatte? Fast wie in jener weit entfernten Zeit, als sie auf einem Schiff gen Norden gefahren waren und nachts um ein Feuer saßen, während Flosi Geschichten erzählte, von denen sie kein Wort verstand?
    Sie wünschte, sie hätte seine Geschichten verstanden und könnte sie weitertragen.
    „Bring mir nicht nur eure Sprache bei“, wisperte sie. „Erzähl mir auch eure Geschichten.“
    Er lachte. „Das sind sehr unchristliche Geschichten. Eirik hat erzählt, du kämst aus dem Frankenland, wo ihr eurem Gott in eigens erbauten Häusern huldigt.“
    Sie schüttelte heftig den Kopf. Diese Welt hatte sie mit allen Erinnerungen hinter sich gelassen. „Erzähl mir eure Geschichten“, wiederholte sie.
    Und so begann es. Sie hockte neben seinem Bett, lauschte den Geschichten und wiederholte die Worte seiner Sprache, die er ihr vorsprach. Sie lernte, kurze Sätze zu bilden. Einige Worte kehrten zurück, die sie vor Monaten bereits gelernt und die unter dem Berg Byzantinisch verschüttet worden waren.
    „Du lernst schnell“, lobte er sie, und sie senkte den Blick und sagte: „Manches kannte ich schon.“
    „Weil du von Nordmännern geraubt wurdest, nicht wahr?“
    Sie nickte stumm. Sie wagte nicht, Hallgrim
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