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Die Ringe der Macht

Die Ringe der Macht

Titel: Die Ringe der Macht
Autoren: Horst von Allwörden , Helmut W. Pesch
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Veit zurück, aber durch die gewissenhafte Amtsführung des neuen Kustos fehlte dem Klatsch die richtige Würze, und viele begannen sich insgeheim zu wünschen, dass Mart und andere mit ihren Befürchtungen doch recht behalten hätten – allein, um den langen Winter mit Unterhaltungen auflockern zu können.
    Immerhin kamen aus dem nördlichen Sichelgebirge einige Wolfsrudel in den Zwickel und sorgten unter den Hirten und Bauern für Aufsehen, säten hysterische Furcht vor grauen reißenden Bestien in den Städten und beschäftigten die Ffolkswehr. Aber nichts wirklich Gefährliches ereignete sich, und niemand erlitt Schaden außer dem alten Ohm Hinner, welcher sich, als er seine Abteilung von Freiwilligen zur Wolfsjagd führte, den Knöchel verstauchte, weil er mittlerweile so stocktaub war, dass er die Warnung vor einem zugeschneiten Graben schlichtweg überhörte.
    Der Frühling kam spät, aber dann stand er schnell in voller Blüte, und die Saaten gingen prächtig auf. Kimberon verschwand endgültig von der Tagesordnung. Die Arbeit auf den Feldern, in den Gärten und in den Häusern hielt die Leute beschäftigt.
    Der Sommer war trocken und heiß; nur gelegentlich regneten Gewitter ab, und allerorten schleppten die Menschen Wasser aus den Flüssen, Bächen, Brunnen oder Zisternen auf die dürstenden Felder, bis ein ergiebiger Landregen einsetzte, die Bauern erlöste und eine wirklich gute Ernte versprach. Und als sich im Spätsommer erneut der große Jahrmarkt von Aldswick näherte, schimpften die Leute bereits wieder auf das Regenwetter. Nur wenige erinnerten sich noch an das Gerede vom letzten Jahr, als der alte Magister überraschend seinen Rücktritt erklärt hatte. Einige hofften, dieser Jahrmarkt würde etwas ähnlich Spektakuläres für sie bereithalten, damit man wieder etwas Richtiges fände, über das man viel und ausgiebig tratschen konnte, ohne altbackene Geschichten oder den alltäglichen Kleinkram aufwärmen zu müssen.
    Der Jahrmarkt kam, aber es ereignete sich nichts wirklich Aufregendes. Einmal riss sich ein Bulle los und galoppierte durch das Gewirr der Gassen, bis ihn die Ffolkswehr wieder einfangen konnte. Aber das zählte nicht wirklich; denn es geschah im Morgengrauen, als kaum einer das Spektakel sah. Niemand wurde ernsthaft verletzt; nur ein paar Marktbeschicker landeten im Matsch, als sie versuchten, sich in Sicherheit zu bringen. Was Sensationen anging, blieb dieser Jahrmarkt ruhig – zu ruhig für den Geschmack des klatschsüchtigen Ffolks, das es gern etwas lebendiger gehabt hätte. Aber Magister Adrion konnte nur einmal abtreten, und die anderen Mitglieder des Rates waren noch zu jung, um ihr Amt aufzugeben und durch die Auswahl ihrer Nachfolger Aufsehen zu erregen.
    »Gute Geschäfte habe ich gemacht«, tönte Gevatter Kreuchauff am Ehrentisch im ›Goldenen Pflug‹ am letzten Abend des Marktes in Ermangelung aufregender Themen. »Ich …« Aber der Gevatter wurde mitten im Satz unterbrochen. Alle Augen richteten sich auf die Tür, und selbst Mart Kreuchauff vergaß das Reden; denn zwei Fremde betraten die Gaststube.
    Mit offenen Mündern starrten alle das seltsame Paar an, das durch die breite Tür kam. Hier, im tiefsten Elderland, war es das Ffolk gewöhnt, unter sich zu sein; nur in Eldermünde und manchmal noch in Winder hielten sich Leute vom Großen Volk auf, meist um Handel zu treiben. Diese Waren wurden dann von einheimischen Händlern, die wegen ihrer Handelsbeziehungen oft einen zweifelhaften Ruf genossen, über Elderland verteilt. Es war schon eine mittlere Sensation, wenn einer von den Großen bis nach Aldswick kam.
    Der eine von den beiden war groß genug, ein Mensch zu sein; er mochte die größten vom Ffolk um mindestens einen Ffuß überragen, und wäre die Decke im Schankraum nicht so hoch gewesen, er hätte gebückt gehen müssen. Der Mensch war schlank, doch breitschultrig, und sein fein geschnittenes Gesicht mit den hoch angesetzten Wangenknochen und dem kurzen, dunkelblonden Haar verriet ebenso wie die feingliedrigen Hände, die nicht von harter Arbeit gezeichnet waren, dass er von gehobener Herkunft war. Hemd und Hose waren aus gutem Leinen, mit Leder gesäumt, und über einer Brigantine aus genietetem Leder trug er einen schweren Überwurf aus festem Wolltuch. Die Kapuze hatte er in den Nacken geworfen. Staub und Schlammspritzer von einer offenbar langen Reise konnten den gediegenen Eindruck, den seine Kleidung machte, nicht mindern. Der Knauf eines einfachen,
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