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Die Reise in die Dunkelheit

Die Reise in die Dunkelheit

Titel: Die Reise in die Dunkelheit
Autoren: Andrej Djakow
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diesbezüglich seine eigenen Gedanken und hatte es nicht eilig, sich darüber mit seinem besten Freund auszutauschen. Gennadi war darüber so empört, dass er keine Gelegenheit ausließ, den sturen Söldner zu triezen.
    »Was haben die Seeleute gesagt?«, erkundigte sich der Stalker, setzte sich an den Tisch und schob die Schüssel mit den Hartkeksen in die Mitte.
    Die anderen nahmen das Signal zum Suppefassen bereitwillig auf und begannen emsig zu pusten und zu schlürfen. Unentwegt tauchten die Löffel in den Gusseisentopf – Auroras Kochkünste kamen bei allen gut an.
    »Afanassi hat das geregelt«, brabbelte Dym mit vollem Mund. »Sie tanken die ›Ameise‹ auf und fahren sie morgen her.«
    »Was wollen sie dafür?«, fragte Taran und hörte vor Neugier zu kauen auf.
    »Sauberes Land. Wenn wir welches finden, versteht sich.«
    »Kluge Wahl. Und was haben die Allianzler für den Treibstoff verlangt?«
    »Dasselbe. Niemand hat Lust, den Rest seines Daseins unter der Erde zu fristen.«
    Während Gleb dem Gespräch der Erwachsenen lauschte, genoss er das Gefühl von Geborgenheit und häuslicher Wärme. Die entsetzliche Geschichte mit dem Schwarzen Vernichter bereitete ihm inzwischen kaum noch schlaflose Nächte – sie schien weit weg und beinahe irreal. Nur mit dem Verlust der Moschtschny konnte er sich nicht abfinden.
    Insgeheim hoffte der Junge, dass ihre geplante Unternehmung erfolgreich sein würde, obwohl sie auf den ersten Blick völlig illusorisch war. Er konnte es immer noch nicht fassen, dass sein sehnlicher Wunsch, der ihm seit dem denkwürdigen Trip nach Kronstadt keine Ruhe gelassen hatte, nun kurz davor stand, in Erfüllung zu gehen.
    Tarans Anfälle hatten sich inzwischen fast vollständig gelegt. Die Nachwehen der Krankheit nötigten ihm nur noch ein heimliches Stirnrunzeln ab. Der Reise gen Osten stand nun nichts mehr im Weg!
    Auch die anderen Expeditionsmitglieder hielt nichts mehr im Untergrund. Dyms Hoffnungen auf eine Rückkehr in die Allianz waren verpufft – bürokratische Pedanterie hatte über den gesunden Menschenverstand gesiegt.
    Aurora machte keine Anstalten, nach Eden zurückzukehren, obwohl sie den finsteren Stalker anfangs etwas misstrauisch beäugt hatte.
    Migalytsch war nach dem Massaker in der Banditenhöhle nicht sonderlich erpicht darauf gewesen, zu den Totengräbern zurückzukehren, und hatte Tarans Angebot mit Begeisterung angenommen.
    Sitting Bull hatte sich von den Stummeln kurzerhand abgesetzt. Die heillose Einfalt und die Steinzeitmarotten seiner Stammesgenossen waren ihm zu sehr auf die Nerven gegangen.
    Der Heide hatte sich selbst aufgedrängt, als er vom Vorhaben des Stalkers erfuhr. »Talent versäuft man nicht«, hatte er erklärt und seine filigranen Chirurgenhände präsentiert. »Ohne Arzt kommt ihr nicht weit . A uf so einer Reise kann alles Mögliche passieren.«
    Der Stalker hatte sich zunächst geweigert, seinen abgestürzten Bekannten im Expeditionsteam aufzunehmen. Mit einem Säufer waren Probleme praktisch vorprogrammiert. Doch der Heide hatte geschworen, seinem Laster zu entsagen. Letztlich hatte sich Taran breitschlagen lassen unter der Bedingung, dass der Chirurg keinen Tropfen Alkohol mit auf die Reise nahm.
    Bei lockeren Gesprächen verging der Abend wie im Flug . A ls Gleb die versammelte Mannschaft betrachtete, wunderte er sich nicht zum ersten Mal über Tarans Gabe, aufrichtige, moralisch unverdorbene Menschen um sich zu scharen. Mit solchen Weggefährten konnte man bis ans Ende der Welt gehen. Blieb nur zu hoffen, dass das Ende der Welt noch da war – und möglichst unverstrahlt …
    Die Runde ging erst weit nach Mitternacht auseinander. Nachdem die Gäste sich zu ihren Schlafplätzen zurückgezogen hatten und das Licht im Bunker gelöscht worden war, wälzte sich der Junge von einer Seite auf die andere und konnte nicht einschlafen. So kurz vor dem Aufbruch in das neue Abenteuer war er einfach zu aufgeregt.
    Gleb stand wieder auf und ging barfuß zur Küche, wo er noch Licht brennen sah. Der Stalker saß über eine Landkarte gebeugt am Tisch und kaute an einem Bleistiftstumpen . A ls er seinen Stiefsohn im Gang sah, lächelte er und klopfte einladend auf die Sitzfläche der Bank. Gleb setzte sich bereitwillig neben ihn, rückte die Petroleumlampe näher und suchte auf der Karte nach dem Kringel, der das heiß ersehnte Ziel markierte.
    »Papa, mir ist natürlich klar, dass es nach Wladiwostok verdammt weit ist und dass wir uns kaum Hoffnungen
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