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Die Rasse der Flügelmenschen

Die Rasse der Flügelmenschen

Titel: Die Rasse der Flügelmenschen
Autoren: Poul Anderson
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waren es etwa 100 Leute. Das war ziemlich wenig, wenn man bedachte, wie die Flotte ihnen grollen mußte.
    »Ich glaube nicht, daß wir eine Einigung erzielen können«, sagte Trolwen. »Niemand kann das – dazu ist uns ihre ganze Art, zu denken, viel zu fremd.«
    »Die Völker der Flotte sind nicht anders als Sie«, sagte van Rijn. »Was sie brauchen, ist ein Gefühl der Zusammengehörigkeit!«
    »Genau wie wir?« Trolwen krümmte den Rücken. Seine Augen zogen sich zusammen und wurden ganz gelb. »Erd’ho, ich will Ihnen –«
    »Lassen Sie nur«, sagte van Rijn. »Ich habe jetzt zu denken. Halten Sie also den Mund!«
    Der Wind kräuselte die Wellen und sang sein Lied in den Seilen der Takelage. Die Sonne schob ihre langen, kupferfarbenen Strahlen in die roten Wolkenbänke. Die Luft war kühl, und es roch nach Salz. Es war nicht leicht, jetzt zu sterben, dachte Wace. Am schlimmsten jedoch war, daß er Sandra allein lassen mußte, die jetzt unter den Eisklippen von Dwarnach lag.
    »Abgesehen von meiner persönlichen Meinung oder meinem Gefühl«, sagte Tolk, »muß ich sagen, daß das schon Sinn hat, was der Kommandant sagt. Nämlich, daß ein Volk, dessen Lebensgewohnheiten so grundverschieden von den unseren sind, auch ganz andere Ansichten als wir haben muß. Ich behaupte nicht, daß ich den Gedanken der Erd’ho folgen kann. Ich betrachte sie als meine Freunde, aber sind wir doch ehrlich, wir haben nur sehr wenig gemeinsam. Ich vertraue ihnen nur, weil ihr augenblickliches Motiv – das Überleben – mir so unmißverständlich bewiesen wurde. Wenn ich auch ihren Argumenten nicht immer ganz folgen kann, so darf ich doch immer annehmen, daß sie sich von guten Absichten, also Absichten, die uns unserem gemeinsamen Ziel näherbringen sollen, leiten lassen.
    Nun aber die Drak’honai – warum sollten wir ihnen trauen? Wollen wir einmal annehmen, daß wir mit ihnen einen Friedensvertrag abschließen. Woher sollen wir wissen, ob sie ihn halten werden? Vielleicht kennen sie den Begriff der Ehre genauso wenig wie den des sexuellen Anstandes. Aber selbst wenn sie die Absicht haben, ihre Eide zu halten, sind wir dann sicher, daß der Wortlaut des Vertrages für sie das gleiche bedeutet wie für uns? In meiner Eigenschaft als Herold habe ich schon viele semantische Mißverständnisse zwischen Stämmen mit verschiedenen Sprachen erlebt. Wie steht es also bei Stämmen mit verschiedenen Instinkten?
    Oder ich frage mich – können wir überhaupt uns selbst so weit trauen, daß wir einen solchen Eid halten würden? Wir hassen niemanden nur aus dem Grund, weil er einmal gegen uns gekämpft hat. Aber wir hassen Unehrenhaftigkeit, Perversion und Unsauberkeit. Wie können wir vor uns selbst die Achtung bewahren, wenn wir mit Wesen Frieden schließen, die die Götter verachten müssen?«
    Er seufzte und blickte auf die immer näher kommenden Flöße hinaus.
    Wace zuckte die Achseln: »Haben Sie sich schon einmal überlegt, daß die Drak’honai vielleicht das gleiche von Ihnen denken?« fragte er.
    »Natürlich tun sie das«, sagte Tolk. »Das ist ein weiteres Hindernis für unsere Verhandlungen.«
    Persönlich, dachte Wace, wäre ich mit einer kurzen Beilegung der Streitigkeiten zufrieden. Sie sollen sich meinetwegen nur so lange vertragen, als eine Botschaft nach Thursday Landing braucht.
    Er blickte um sich auf die geflügelten Gestalten und dachte an Arbeit und Krieg, an Freud und Leid, ja, und manchmal an ihr Lachen oder eine Strophe aus ihren Gesängen. Er dachte an den stolzen Trolwen, an Tolk, den Philosophen, den ernsten jungen Angerek, er dachte an den tapferen, freundlichen Delp und seine Frau Rodonis, die eine Dame im wahrsten Sinne des Wortes war, mehr als manche menschliche Frau, die er gekannt hatte. Und an die kleinen in ihrem Pelzkleid, wie sie im Staub spielten oder ihm in den Schoß kletterten. Nein, sagte er sich, das stimmt nicht. Es bedeutet doch eine ganze Menge für mich, daß dieser Krieg ein wirkliches Ende findet.
    Das Kanu glitt zwischen die hochaufragenden Flanken der Flöße. Die Drak’honai blickten eisig darauf hinab. Hin und wieder spuckte einer ins Wasser. Sie waren alle ganz still.
    Vor ihnen türmte sich das Flaggschiff auf. An den Mastspitzen hingen Banner und eine Wache in Paradeuniform stand auf dem Hauptdeck. Vor dem Kastell aus Holz wartete Admiral T’heonax, hingebreitet auf reichen Pelzen und Kissen, sowie seine Ratgeber. An seiner Seite stand auch Kapitän Delp und ein paar
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