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Die Rache des Marquis

Die Rache des Marquis

Titel: Die Rache des Marquis
Autoren: Julie Garwood
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ernsthaft bemühte, konnte sie wahrscheinlich schneller in Tränen ausbrechen, als ein Gentleman seinen Hut fallen ließ.
    Sie schämte sich kein bißchen für ihr Verhalten. Verzweifelte Situationen verlangten verzweifelte Maßnahmen. Das pflegte Black Harry wenigstens zu behaupten. Wie hätte ihr Adoptivonkel angesichts jener Szene gelacht … In all den gemeinsamen Jahren hatte er sie niemals weinen sehen, nicht einmal, als die Peitsche seines Feindes McKindry auf ihren Rücken geklatscht war. Es hatte wie Feuer gebrannt, aber kein einziger Schmerzenslaut war über Jades Lippen gekommen. McKindry konnte nur ein einziges Mal zuschlagen, ehe Harry ihn über die Reling warf. Ihr Onkel war so wütend, daß er sogar selber über Bord sprang, um den Schurken zu erledigen. Aber McKindry konnte besser schwimmen. Kraftvoll hatte er die Wellen durchpflügt, um die französische Küste anzusteuern.
    Natürlich würde Black Harry einen weiteren Wutanfall bekommen, wenn er ahnen würde, was Jade jetzt beabsichtigte. Die Haut würde er ihr abziehen. Aber es war ihr unmöglich gewesen, ihm den Plan zu erklären. Ihr hatte einfach die Zeit gefehlt, um zur Insel zu segeln und ihn einzuweihen. Und es kam auf jede Minute an. Caines Leben stand auf dem Spiel.
    Jade wußte alles über den Marquis von Cainewood. Ein widersprüchlicher Mensch – derb und urwüchsig, aber auch ein Ehrenmann. Vom ersten bis zum letzten Wort hatte sie den Bericht über ihn gelesen und sich jede Einzelheit gemerkt. Sie besaß die geradezu unheimliche Gabe, alles automatisch auswendig zu lernen, was sie las. Eine äußerst nützliche Fähigkeit …
    Es war schwierig gewesen, den eindrucksvollen Bericht aus dem Kriegsministerium zu holen, aber nicht unmöglich. Selbstverständlich hatten sich die Informationen unter Verschluß befunden. Daß sie jedes Schloß öffnen konnte, erfüllte Jade mit ganz besonderem Stolz. Beim dritten Versuch hatte sie die Akte Caine in ihren Besitz gebracht.
    Leider wurde nirgends in diesem Bericht erwähnt, welch ein hübscher Teufel Caine war. Der Ausdruck »skrupellos« kam bei der Schilderung seiner Aktivitäten häufig vor, aber die Wörter »gewinnend« oder »faszinierend« fehlten. Die Akte enthielt auch keinen Hinweis auf seine imposante Körpergröße.
    Jade erinnerte sich an ihr Unbehagen, als sie festgestellt hatte, wie seine Vorgesetzten ihn nannten – »Jäger«. Aber bei ihrer weiteren Lektüre verstand sie, wieso man ihn so getauft hatte. Caine gab niemals auf. Einmal hatte er sich trotz äußerst schlechter Chancen mit der Geduld und Ausdauer eines Kriegers aus grauer Vorzeit an seine Gegner herangepirscht und letzten Endes den Sieg davongetragen.
    An dem Tag, an dem er über den Tod seines Bruders Colin informiert worden war, hatte er den Dienst quittiert. Der letzten Eintragung seines Beraters zufolge, eines gewissen Sir Michael Richards, billigte Caines Vater diese Entscheidung vorbehaltlos. Der Herzog von Williamshire hatte soeben einen Sohn ans Vaterland verloren und wollte nicht auch noch den zweiten betrauern. Richards vermerkte auch, Caine habe bis zu jenem Tag nicht geahnt, daß auch sein jüngerer Bruder für die Regierung tätig gewesen war.
    Colin und Caine stammten aus einer großen Familie.
    Außer den beiden Söhnen gab es noch vier Töchter. Die Kinder taten ihr Bestes, um füreinander und die Eltern zu sorgen. Wie in der Akte mehrmals betont wurde, war vor allem Caine der geborene Beschützer. Ob er diese Eigenschaft als Tugend oder Makel betrachtete, interessierte Jade nicht. Sie wollte einfach nur ihren Vorteil daraus ziehen.
    Natürlich hatte sie beabsichtigt, Caine zu mögen. Immerhin war er der Bruder Colins, den sie sehr schätzte, seit sie ihn aus dem Meer gefischt und er sie gebeten hatte, zuerst ihren Bruder zu retten. Ja, sie war darauf vorbereitet gewesen, Caine zu mögen – aber nicht auf die körperliche Anziehungskraft, die er auf sie ausübte. So etwas hatte sie nie zuvor erlebt, und es beunruhigte sie, denn er würde sie vermutlich überwältigen, wenn sie ihm eine Gelegenheit dazu geben würde.
    Um sich dagegen zu wappnen, legte sie ein Verhalten an den Tag, das ihn ihrer Meinung nach abschrecken mußte. Wenn sie nicht wie ein Kind heulte, jammerte sie. Die meisten Mannen haßten undisziplinierte Frauen, nicht wahr? Jedenfalls hoffte sie das. Die Umstände zwangen sie dazu, die nächsten zwei Wochen bei Caine zu verbringen. Dann würde es vorbei sein. Sie würde in ihr
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