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Die Rache Der Nibelungen

Titel: Die Rache Der Nibelungen
Autoren: Torsten Dewi , Wolfgang Hohlbein
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keinen Sinn mehr, den Angriff abzubrechen, und Jon sprang nun statt auf die ungeschützte Flanke direkt auf den hornbewehrten Kopf des Tiers zu. Den Arm mit der Klinge streckte er so weit wie möglich nach vorne, um die Muskeln im Nacken des Dryk zu verletzen. Am Schädel selbst war kein Sieg zu holen.
    Sigurd rannte los, um seinem Freund beizustehen, doch der Dryk rammte seine Schnauze brüllend in den Leib des auf ihn zustürzenden Isländers. Dabei senkte er glücklicherweise den Schädel nicht genug, um Jon auf die Hörner zu nehmen. Es sah aus, als wickelte sich der Körper des Kriegers durch die Wucht des Aufpralls um den Kopf des Dryk, nur um dann in einer ärgerlichen Schüttelbewegung davongeschleudert zu werden.
    Jons Klinge fiel auf den Boden, während er selber in einen der Krüppelbäume krachte.
    Nun war die Wut des Dryk geweckt, und das Bullenschwein nahm Maß, um seinen Gegner endgültig zu durchbohren. Es scharrte mit den Hufen. Ein, zwei Atemzüge blieben Jon vielleicht noch, der besinnungslos im Dreck lag.
    Sigurd war zur Stelle und warf sich mit aller Macht gegen die Flanke des Dryk. Es war bekannt, dass diese Tiere aufgrund ihrer Körperhöhe und ihrer Masse nicht sehr standfest waren. Und tatsächlich – die Hinterbeine rutschten weg, und der Dryk wurde wie von einem Rammbock zur Seite geschoben. Damit hatte Sigurd ihn zumindest erst einmal von Jon abgelenkt.
    Das Tier wandte sich nun dem isländischen Prinzen zu, lediglich zwei Schritte von ihm entfernt. In diesem Moment wurde Sigurd klar, warum die Männer des Reiches die Jagd auf den Dryk als Mutprobe betrachteten. Das Bullenschwein sah wie ein Tier aus, das sich selbst einem Heer nicht beugen würde.
    Der Dryk senkte den Schädel, und Sigurd konnte die Spitzen der Hörner sehen, die auf seine Brust zeigten. Er bereute nun doch, kein Messer mitgenommen zu haben.
    Beten? So sehr glaubte er dann doch nicht an den allmächtigen Gott seines Vaters. Die streitbaren Götter seiner Mutter hätte er in diesem Moment allerdings gerne an seiner Seite gewusst.
    Das Bullenschwein zog die Lefzen hoch, und seine Zähne schienen in Erwartung des Menschenfleischs zu zittern. Sigurd spannte alle seine Muskeln an, auch wenn er keine Ahnung hatte, was er nun tun sollte.
    Ein leichtes Surren war in der Luft zu hören, und ein Stein in der Größe einer Kinderfaust schlug über dem rechten Auge des Dryk auf. Das Bullenschwein brüllte vor Schmerz auf und machte hektisch ein, zwei Schritte zurück.
    Gelen mit seiner Schleuder!
    »Bringt euch in Sicherheit!«, schrie der Freund des Prinzen, während er einen weiteren Stein in die Lederschlinge legte.
    Mit ein, zwei Schritten war Sigurd bei Jon, der leise stöhnte. »Wie steht es um dich?«
    Jon versuchte etwas zu sagen, aber nur ein wenig Blut gurgelte über seine Lippen.
    Der Dryk hatte sich derweil wieder gefangen und stürmte auf Sigurd zu, der bei Jon am Baum in der Hocke saß. Gelens zweiter Stein traf die muskulöse Flanke des Tiers, blieb aber ohne Wirkung. Sigurd merkte, wie Kieselsteine auf dem Boden tanzten, als der Boden unter den stampfenden Hufen des Dryk erzitterte. Es war Zeit, aus dem Weg zu springen – und es war unmöglich, ohne Jon seinem Schicksal zu überlassen.
    Sigurd packte seinen Freund um den Brustkorb und zog ihn wie zur freundschaftlichen Umarmung an sich. Dann rollte er ruckartig zur Seite weg, um den Stamm des alten Baums herum. Nun hatten sie zumindest den Baum zwischen sich und den Dryk gebracht.
    Es blieb kaum ein Herzschlag, bevor das volle Gewicht des Ungetüms in den Baum krachte und das Holz schreiend splitterte. Der Stamm brach zur Seite weg, armdicke Wurzeln wurden aus dem Boden gezogen. Es war, als krallte sich der Baum verzweifelt in der Erde fest und neigte sich dabei schützend über Sigurd und Jon.
    Es war klar, dass der Dryk nicht aufgeben würde – er hatte die Lust am Kampf entdeckt, den Geschmack von Blut in der Nase. Knurrend zerrte er die Hörner aus dem Holz, schüttelte ein paar Splitter ab.
    Sigurd sah sich gehetzt um. Weit und breit war kein wirksamer Schutz vor den Angriffen des Bullenschweins zu sehen. Und mit dem verletzten Jon auf der Schulter war auch an feigen Rückzug nicht zu denken. Was immer nun geschah – es musste schnell geschehen, wenn nicht weiteres Isländer Blut vergossen werden sollte.
    Der Prinz ließ seinen Freund los und sah sich verdreckt und blutend nach Gelen um. Dieser schlich gerade auf das Messer zu, das Jon fallen gelassen hatte.
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