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Die Qualen der Sophora

Die Qualen der Sophora

Titel: Die Qualen der Sophora
Autoren: May R. Tanner
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Gedanken in dieselbe Richtung zu gehen schienen. Ihr
unschuldiger Augenaufschlag schmeichelte ihm. Es war kaum zu glauben, dass er
sich willentlich gegen ihre Gefühle für ihn gesträubt hatte, obwohl es so
leicht war, diese anzunehmen. Diesem anmutigen Charme konnte man sich einfach
nicht entziehen, wenn man ein schlagendes Herz in der Brust besaß.
     
    Nico zog Damon mit sich auf den Steg des natürlich
angelegten Sees, da er ein immer stärkeres Zögern gezeigt hatte.
„Damon! Ich habe nicht vor, einfach ins Wasser zu springen. Das würde das Kleid
nicht überleben und ich mag es viel zu gern, um es zu ruinieren! Siehst du…. Da
liegt ein Ruderboot bereit. Du kannst doch rudern?“, fragte sie mit einem
schelmischen Grinsen, ohne zu ahnen, dass sie bei dem großen Krieger einen
wunden Punkt getroffen haben könnte. Sie hielt ihn für unfehlbar mutig.
    „Kommst du? Ich habe eine kleine Überraschung auf der
Insel vorbereiten lassen. Ich weiß, das war vielleicht voreilig, aber ich habe
vorhin beinahe die ganze Zeit verschlafen. Und die Insel sieht wunderschön aus.
Dort steht ein kleines Sommerhäuschen… Aber das weißt du bestimmt! Hier gibt es
noch so viel zu entdecken.“
    Nico blinzelte verwirrt, weil Damons Miene nicht
unbedingt Freude ausdrückte, er hob sie dann jedoch ins Boot hinein, um ihr
dann zu folgen und die Ruder zu ergreifen, die er mit ruhigen Zügen durchs
Wasser zog. Nico sah ihn aus großen Augen bewundernd an, weil es bei ihm so
spielerisch aussah. Über ihnen schien der Mond voll und hing so tief, dass man
den Eindruck hatte, nur die Hand nach ihm ausstrecken zu müssen, um ihn zu
berühren. Seine Strahlen, die manch anderem kalt erschienen, wärmten ihr
Gesicht und ließen ihre Haut prickeln.
     
    Das romantische Gefühl machte in Damon einer
Nüchternheit Platz, die, wenn er nicht aufpasste, leicht in Panik umschlagen
konnte, vor der er Nico eigentlich bewahren wollte. Er hatte panische Angst vor
tiefem Wasser. Die knarrenden Holzplanken des Stegs unter ihren Schritten
gaukelten die Sicherheit, die sie ihnen vor den Fluten boten, nur vor und das
kleine Boot, mit dem Nico auf die Insel übersetzen wollte, konnte jederzeit
kentern. Er war nicht begeistert. Überhaupt nicht.
    Trotzdem ließ er sich weiterziehen und nickte nur
stumm, als sie ihn fragte, ob er rudern könne. Natürlich konnte er das. Bei der
Kriegsmarine hatte er so ziemlich alles mitgemacht und ausprobiert bis zu jenem
Schiffsuntergang 1797, in dem er tagelang in einem haifischverseuchten Gewässer
in den Trümmern des Fregattenwracks hatte ausharren müssen, bevor er gerettet
worden war. Ein Erlebnis, das selbst nach zweihundert Jahren an diesem See so
präsent war, als wäre es gestern gewesen.
Beim Übersetzen von einem Ufer zum anderen starrte er stur geradeaus auf den
Boden des Bootes. Bloß nicht ins Wasser und danach Ausschau halten, ob das
Orakel in diesem See nicht auch das ein oder andere Ungeheuer hielt. Die
Fantasie spielte einem schon übergeschnappte Streiche, wenn man ihr freien Lauf
ließ. Damon schwieg verbissen, da er seiner Stimme nicht traute. Nico tat ihm
allerdings den Gefallen, während der Überfahrt nichts mehr zu sagen.
     
    „Als würden wir eine ganz andere Welt betreten, die
nur uns gehört“, flüsterte Nico andächtig, als sie an dem Steg anlegten, der
zur Insel auf dem See gehörte. Sie streckte Damon die Hand entgegen, der ihr
aus dem Boot half. Er selbst war regelrecht an Land gesprungen, aber der Satz
fiel ihm ja auch nicht besonders schwer.
Der Weg zum Haus war sogar mit Fackeln markiert, die ein geheimnisvolles Licht
auf die Umgebung warfen. Die Vegetation der Insel war etwas wilder gehalten.
Wildwachsende Rosen erfüllten die Luft mit einem angenehmen Duft und in den
Bäumen zwitscherte eine Nachtigall eine traurige Melodie, die Nico verträumt
lächeln ließ. Es war, als hätten sie sogar ein eigenes Orchester auf Bestellung
bekommen.
    Sie erreichten das elegante Sommerhäuschen, das einem
Miniatur-Schloss glich und Nico hielt erstaunt die Luft an, als sie den
festlich gedeckten Tisch auf der zum See hin offenen Terrasse entdeckte. Es war
weit mehr, als sie erwartet hatte. Die weiße Tischdecke fiel bis auf den Boden
und ein Kübel, in dem eine Champagnerfalsche kalt gestellt war, stand darauf
bereit, dazwischen waren Rosenblätter gestreut worden… Auf einem anderen
Beistelltisch hatte jemand abgedeckte Platten für sie arrangiert.
    „Oh!“, entfuhr es Nico überrascht. „Ich
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