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Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)

Titel: Die Puppenkönigin – Das Geheimnis eines Sommers (German Edition)
Autoren: Holly Black
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durchzuatmen und all seinen Mut zusammenzunehmen. »Ich muss euch etwas gestehen. Bevor wir hier weggehen. Ich kann es genauso gut jetzt erledigen, wo Poppy ohnehin schon sauer auf mich ist.«
    Poppy und Alice blickten auf ihn hinab, sein Ton verriet ihnen, dass jetzt etwas Wichtiges kam. Sie beobachteten ihn wie das Kaninchen die Schlange.
    »Als ich sagte, dass ich nicht mehr mitspielen will … « Er machte eine Pause, weil er nicht wusste, ob er das durchstehen würde. »Das war nicht die ganze Wahrheit. Mein Vater hat alle meine … er hat alles weggeworfen. Alle meine Figuren. William und Tristan und Max. Einfach alle. Also ist es nicht so, dass ich nicht mehr spielen will. Ich kann nicht.«
    Die Mädchen schwiegen. »Warum hast du uns das nicht gesagt?«, fragte Alice endlich.
    »Ich konnte nicht. Ich konnte nicht, weil ich sonst …« Zach stand auf und wischte die Tränen fort. »Es tut mir wirklich leid, dass ich euch das nicht gesagt habe. Auch das mit dem Traum. Ich weiß nicht, warum ich es nicht konnte.«
    Poppy starrte ihn an, so hart wie sonst die Königin.
    »Okay«, sagte sie und ging ein paar Schritte rückwärts. Die Tränen liefen ihm über die Wangen und plötzlich war er sicher, dass sie ihm nie verzeihen würden. Er kam sich blöd vor, weil er doch noch davon angefangen hatte. Weinen war auch blöd. Hätte er bloß den Mund gehalten, dann wäre alles in Ordnung gewesen. »Sollen wir hier nicht noch eine Runde drehen, jeder für sich? Wir können in ein paar Minuten wieder hier sein.«
    »Zach«, sagte Poppy. »Warte … «
    Er wollte sich nicht anhören müssen, dass er an allem schuld war und dass sie die Königin niemals aus der Vitrine geholt hätte, wenn er nicht gelogen hätte – das wusste er alles schon. Er wankte davon, bevor sie den Satz beenden konnte, und legte dann mit seinen langen Beinen einen Sprint über den unebenen Boden hin. Er suchte Reihe für Reihe die Grabsteine ab und schlug sich zu dem älteren Teil des Friedhofs durch, wo die Steine bröckelig und verwittert waren. Dort sank er ins Gras und weinte sich unter heftigem Schluchzen aus.
    Es hatte sehr wehgetan, das laut zu sagen. Laut auszusprechen, was er die ganze Zeit für sich behalten hatte – dass William und die anderen für immer fort waren und man ihm das Spiel genommen hatte, das er immer noch spielen wollte, es aber nicht konnte. Der gnädige Schleier der Betäubung hatte sich gehoben und er musste sich nun seiner Trauer stellen. Die Geschichte war zu Ende.
    Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er endlich aufhören konnte zu weinen. Es war ein wunderschöner Tag, ganz frisch, so wie es zu Herbstanfang vorkommt, wenn es noch warm ist, aber ein kühler Wind weht. Der Himmel war blau wie vergossene Tinte. Um ihn herum raschelten die Blätter.
    Zach lehnte sich zurück und sah den ziehenden Wolken zu.
    »Hey«, hörte er Alice rufen. »Ich habe ihn gefunden!«
    »Wir haben uns Sorgen gemacht«, sagte Poppy. Sie blieb vor ihm stehen und sah auf ihn hinab. »Wir dachten, du würdest gleich wiederkommen, und dann dachten wir, du würdest nach zehn Minuten wiederkommen, aber du bist einfach weggeblieben.«
    »Oh«, sagte Zach. »Tut mir leid. Ich habe mich wie ein Idiot benommen. Ich weiß. Wir waren alle wütend aufeinander und ich weiß, dass es sehr viel damit zu tun hatte, wie blöd ich mich verhalten hab.«
    Poppy setzte sich neben ihn. »Du hättest es uns einfach sagen sollen.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Bist du sauer?«
    Poppy nickte. »Natürlich bin ich sauer! Aber nicht mehr ganz so sauer wie vorher, als ich dachte, dir wäre alles egal.«
    Er warf Alice einen Blick zu. Sie konzentrierte sich auf einen Grabstein, als wollte sie ihn nicht ansehen. »Und was ist mit dir, Alice … «
    »Steht auf!«, sagte sie jäh. »Steht auf! Los, aufstehen! Seht mal!«
    Poppy sprang auf und riss Zach mit hoch.
    Alice zeigte auf den Grabstein, vor dem er sich im Gras ausgestreckt hatte. »Du hast es gefunden! Zach, du hast es wirklich gefunden!«
    Auf dem großen Grabstein aus Marmor stand der Name Kerchner und darüber war das Bild einer Trauerweide eingraviert. Die Kinder konnten den Blick nicht abwenden und lächelten erst ungläubig, doch dann mussten sie grinsen und irgendwann losprusten.
    In diesem Moment hatte Zach das Gefühl, als könnte keine einzige Geschichte erstunken und erlogen sein. Nicht einmal die von Tinshoe Jones über die Aliens. Oder die Geschichten seines Vaters darüber, dass alles
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