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Die Psi-Agenten

Die Psi-Agenten

Titel: Die Psi-Agenten
Autoren: Dan Morgan
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Mir war mit einem Mal elend zumute. Der Guru bedeutete mir eine ganze Menge. Während der letzten achtzehn Monate hatte ich mich so an seine Nähe gewöhnt, daß ich mir ein Leben ohne ihn gar nicht vorstellen konnte.
    »Nein, das ist nicht nötig«, erklärte Henrietta. »Meine Anwälte bearbeiten die Sache bereits, und vielleicht kann er bald nach Großbritannien zurückkehren. Nur die Wartezeit muß er in einem anderen Land verbringen – ein paar Wochen schätzungsweise. Er hat Italien als Ziel gewählt.«
    »Und wir fahren zum Flugplatz, um uns von ihm zu verabschieden?« Mir saß ein dicker Kloß im Hals. Selbst wenn die Trennung nur ein paar Wochen dauerte – wie sollte ich ohne ihn leben? Und vielleicht erzählte mir Henrietta das mit den Anwälten nur, um mich zu trösten. Es konnte sein, daß der Guru nie wiederkam, daß ich ihn zum letzten Male sah …
    »Hm, eigentlich nicht«, sagte sie. »Siehst du, ich habe drei Plätze in der Maschine gebucht, und wenn du mitkommen willst…«
    Ich wäre beinahe aufgesprungen. »Was – ich darf ihn begleiten?«
    Sie nickte.
    »Aber braucht man dazu nicht einen Paß und all den Kram?«
    »Ich habe alles Nötige besorgt«, erwiderte Henrietta. »Ich glaube, es wird dir in Italien gefallen, Katie.«
    »Henrietta!« rief ich und schämte mich, daß ich je an ihr gezweifelt hatte. »Sie sind ein Schatz! Am liebsten würde ich Sie umarmen.«
    Sie lachte. »Laß das lieber, sonst landen wir im Graben.«
    Ich war noch nie auf einem Flughafen gewesen. Im Kino und im Fernsehen hatte ich so etwas natürlich gesehen, aber wenn man selbst mitten in der Menge steckt … Ich trabte hinter Henrietta drein und konnte mich nicht sattsehen. Als Kind strolchte ich immer am Bahnhof von Frisborough herum, aber das war überhaupt kein Vergleich! Elektrokarren sausten hierhin und dorthin, hoch mit Gepäck beladen. Überall sah ich Stewardessen mit ihren schicken blauen Uniformen, und aus den Lautsprechern dröhnten Ansagen: »Passagiere für Flug 401 nach Beirut bitte an die Startbahn …« Schon die Leuchttafel mit dem Verzeichnis der Abflugzeiten kam mir himmlisch vor. Und dann die Reisenden, die mit kleinen Handköfferchen durch die Gegend schlenderten und so taten, als sei das für sie ganz alltäglich! Dabei hätte ich wetten mögen, daß die Hälfte von ihnen genauso aufgeregt war wie ich.
    Zuallererst gingen wir zum Schalter, wo Henrietta die Tickets holte und ihr Gepäck wiegen ließ. Ich hatte natürlich nicht einmal eine Zahnbürste mit, aber sie sagte, das sei schon in Ordnung und wir könnten in Italien ein paar neue Kleider kaufen. Ich und italienische Kleider! Allmählich kam ich mir vor wie ein Filmstar.
    Danach fuhren wir mit der Rolltreppe nach oben in eine Art Restaurant. Es wimmelte von Leuten, und eine Wand war ganz aus Glas, so daß man die Rollbahnen sehen konnte. Henrietta brachte mich an einen Tisch, wo ich alles ganz genau vor Augen hatte. Während sie sich mit einem Tablett an der Theke anstellte, zwickte ich mich, weil ich immer noch das Gefühl hatte, daß ich träumte.
    Ein paar Minuten später kam Henrietta mit zwei Tassen Kaffee und ein paar Semmeln zurück. Ich dachte, daß ich keinen Bissen herunterbringen könnte, aber dann fiel mir ein, daß ich noch kein Frühstück gehabt hatte, und ich hieb richtig ein. Als ich fertig war, zitterten meine Knie längst nicht mehr so stark wie zuvor. Ich lehnte mich zurück und spielte die erfahrene Weltreisende. Henrietta dagegen wirkte ein bißchen blaß um die Nase und sah immer wieder nervös in die Runde.
    »Müßte der Guru nicht längst hier sein?« fragte ich.
    »Keine Angst, er kommt bald.« Sie zündete sich eine Zigarette an und inhalierte tief.
    »Ganz bestimmt?«
    »Himmel, Kind, kannst du nicht ein paar Minuten den Mund halten?« fuhr sie mich an.
    Sie wandte sich ab und starrte zum Fenster hinaus, aber ich hatte das Gefühl, daß sie überhaupt nichts sah. Was wohl in ihrem Kopf vorgehen mochte? Trotz allem wurde ich irgendwie den Verdacht nicht los, daß sie mich belogen hatte. So etwas mit den Einwanderungsbehörden ging nicht von heute auf morgen vor sich, und der Guru hätte mir bestimmt Bescheid gesagt, wenn etwas vorgefallen wäre. Ich hatte ihn vor zwei Tagen zum letzten Mal gesehen.
    Aber wenn sie nicht die Wahrheit sagte – weshalb saßen wir beide dann hier? Und weshalb flogen wir nach Italien? Ich hatte die Tickets gesehen, die ihr die Stewardeß reichte – das zumindest war kein Schwindel.
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