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Die Prophezeiung

Die Prophezeiung

Titel: Die Prophezeiung
Autoren: Mona Nebl
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lief Karim an ihnen vorbei und schloss das Tor hinter Niall, der nun allein dieser Übermacht gegenüberstand und nicht mehr zurückkonnte. Zaramé erkannte dies im gleichen Moment und schrie auf. Die Feinde dort draußen wussten ja nicht, dass Niall nicht einer von Karims Leuten war. Sie würden ihn einfach überrennen beim Sturm auf die Burg. Als Zaramé versuchte ans Tor zu gelangen, stellten sich ihr fünf Kämpfer in den Weg. Und als sie von hinten mit festem Griff gepackt wurde, wusste sie, dass die Möglichkeit mit Niall zu fliehen, vorbei war. Karim drehte sie wild zu sich herum, aber als er ihr mit Gewalt einen Kuss aufzudrängen versuchte, schrie er auf. Brandblasen bildeten sich auf seinen Lippen und Händen und er ließ das Mädchen erschrocken los. Zaramé stürmte die Treppe zur Mauerbrüstung hinauf. Im Vorbeilaufen nahm sie wahr, dass Balin zu seiner Frau lief, sie vorsichtig aus dem Sattel hob und ein wenig abseits an ein Haus lehnte. Karim kam wieder zu sich und folgte Zaramé rasch. Er befürchtete, dass sie von der Mauer hinter Niall her springen würde. Aber als er oben ankam, blieb er vor Schreck erstarrt stehen. Die fremden Kämpfer ritten auf die Burg zu, Bogen wurden gespannt und prasselten neben ihm nieder. Zaramé schien unbeeindruckt davon zu sein. Sie stand da, als könne kein Pfeil ihr etwas anhaben, das rote Haar wehte wild im Wind. Sie hob die Hände und Karim erinnerte sich an eine andere rothaarige Frau.
    Die Hexe auf dem Wandteppich! Sein Vater hatte Recht behalten, Zaramé bedeutete Gefahr für ihn! Aber wie gefährlich würde sie ohne ihren Bruder sein, jener Bruder, der gerade in den sicheren Tod ritt! Atemlos beobachtete der Erbe einer Dynastie von Mördern und Thronräubern, wie der verhasste Niall in raschem Galopp die Reihen der Feinde durchstieß, als nähmen sie ihn nicht wahr. Als er Zaramés glühende Augen sah, wusste er, dass dem tatsächlich so war. Sie ließ die Feinde für den Mann, der ihren Weg kreuzte, blind werden. Außer sich vor Wut wagte er es dennoch nicht, Zaramé abzulenken oder wegzureißen. Zu groß war die Furcht vor ihrer Macht! Untätig musste er zusehen, wie Niall auf der Kuppe zum Stehen kam und sich umwandte. Er hob den Arm und Zaramé erwiderte die Geste. Das Schlimmste, der Tod ihres Geliebten war abgewendet! Nun galt es sich auf das Hier zu konzentrieren. Niall verschwand hinter dem Hügel und Zaramé wandte sich Karim zu. Als er in die blassen, fast weißen Augen sah, schauderte ihn. Ihm wurde bewusst, dass er dieses Mädchen, welches so lange neben ihm im Unterricht gesessen hatte und das er zu lieben glaubte, gar nicht kannte! Er ärgerte sich, dass er zusammenzuckte, als sie ihn ansprach.
    „Wir werden angegriffen. Habt Ihr nichts Besseres zu tun, als hier zu gaffen?“ Aus jedem ihrer Worte sprach die Geringschätzung, die sie ihm gegenüber empfand. In diesem, für ihn ohnehin schon peinlichen Moment, kam sein Vater mit weiteren Trupps auf das Tor zugesprengt und sah seinen Sohn untätig dort oben mit Zaramé stehen. Wütend schrie Nozak Befehle zur Verteidigung der Stadt. Die Männer verteilten sich auf den Mauern. Bogen wurden gespannt, Pfeile verschossen. Zaramé würdigte den Kampf keines weiteren Blickes. Sie eilte hinunter zu den Eltern. Moran lehnte leichenblass an Balins Schulter. Beide sahen sie Zaramé mit steinernen Mienen entgegen. Zaramé nickte lächelnd und die beiden entspannten sich. Moran schloss erleichtert die Augen. Balin nahm sie sanft auf die Arme und sie wandten sich der Gasse zu, welche nach Hause führte. Doch ein Soldat, welcher sich Karims Befehl sie aufzuhalten entsann, trat ihnen in den Weg. Zaramé nahm die Pferde und ging, ohne ihn zu beachten vorbei. Ehrerbietig trat der junge Mann zurück. Trotzdem er alle Hände voll zu tun hatte, war Nozak die Szene nicht entgangen. Er erinnerte sich grimmig, was einst Razak, sein Vater zu ihm gesagt hatte: „Sie wird wiederkommen, mein Sohn, und sich rächen. Melisin, die Hexe, die von meiner Mutter getötet wurde!“
    Nun war es wohl soweit! Er würde mit ihr fertig werden, wenn nicht sein Schwächling von Sohn ihm in die Quere käme. Karim glaubte, sein Vater sei kurz davor den Thron zu übergeben. Nein, so weit war er, Nozak, noch lange nicht. Übergeben würde er nur an einen, der ihm überlegen war. Und bis dorthin führte Karim noch ein weiter, steiniger Weg! Im Schutz der Bogenschützen, welche ihre Pfeile nun von den Mauern auf die Feinde herabregnen ließen,
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