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Die Pollinger-Kinder und der Poltergeist mit dem Holzbein

Die Pollinger-Kinder und der Poltergeist mit dem Holzbein

Titel: Die Pollinger-Kinder und der Poltergeist mit dem Holzbein
Autoren: Josef Carl Grund
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immer wieder verhauten.
    „Das nennen sie Krieg“, hatte Vater Sim erklärt.
    Wegen der Kriegerei hielt der kleine Bim die Menschen für doof. Poltergeister vertrimmen einander nie im Ernst.
    Er beneidete die Menschen jedoch, weil sie Hände zum Greifen und Füße zum Gehen besaßen.
    Poltergeister haben weder Hände noch Füße. Sie sind helle Nebelstreifen mit drei dunklen Löchern im Kopf. Die beiden oberen Löcher sind zum Sehen da, mit dem Loch darunter sprechen und heulen sie.
    Poltergeister können fliegen und schweben, aber nicht gehen. Und weil sie keine Finger haben, können sie auch nicht Daumen lutschen und Klavier spielen.
    Sie besitzen jedoch unheimliche Kräfte zum Krachmachen. Wenn sie etwas umwerfen wollen, rammen sie mit dem Kopf dagegen, daß es nur so scheppert.
    Mit einem einzigen Kopfstoß hatte Vater Sim einmal ein scheunentorgroßes Loch in die Burgmauer gepfeffert; und Mutter Sala hatte gleich im ersten Anflug eine vierhundert Jahre alte Eiche entwurzelt.
    Weder Vater Sim noch Mutter Sala hatten Beulen davongetragen.
    Klar.
    Nebelköpfe können keine Beulen kriegen.
    Und auch keine Kopfschmerzen...

    Den kleinen Bim hatten Vater Sim und Mutter Sala sehr lieb; aber so recht zufrieden waren sie nicht mit ihm.
    Dabei war er übermütig wie ein ganz normaler Poltergeist-Kindskopf und hin und wieder sogar ein bißchen frech. Auch an Mut fehlte es ihm nicht. Schon viermal hatte er ganze Rattenrudel in die Flucht gejagt, und in einer Gewitternacht war er sogar auf einem Blitz geritten. Aber das hatte nicht viel Kraft gekostet. Ratten sausen vor jedem Schwächling davon; und um einen Blitzstrahl braucht ein Gespenst sich nur ganz schnell herumzuringeln, um nicht abgeworfen zu werden. Besondere Kraft ist dazu nicht nötig. Das sagten zumindest Vater Sim und Mutter Sala, wenn sie über ihren kleinen Bim seufzten.
    Er war ihnen nicht stark genug.
    Sie fanden, daß sein Heulen und Poltern miserabel waren; aber gerade darauf kommt es bei Poltergeistern an.
    Armer Bim!
    Sein Heulen war zu leise, sein Poltern zu sanft.
    Die vom Rost völlig zerfressene Rüstung des Ritters Mickerich von Haumichnit hatte er erst im sechsten Anflug umwerfen können. Dabei war Mickerich zu Lebzeiten nur einen Meter vierzig groß gewesen.
    Und nicht einmal richtig gescheppert hatte es!
    O Bim!
    Der Anflug auf Mickerichs Rüstung war eine Prüfung gewesen, und der kleine Bim hatte sie nicht bestanden.
    Damals — vor dreihundertfünfzehn Jahren —, an seinem dreihundertsten Geburtstag.
    Da hatte Vater Sim zu Mutter Sala gesagt: „Wir müssen ihm Nachhilfe-Unterricht geben lassen, damit er kräftiger wird.“
    Mutter Sala war einverstanden gewesen; und weil sie immer praktisch dachte, hatte sie geantwortet: „Ausgezeichnet, Schatzi, und wir haben auch etwas davon. Während unser kleiner Bim auf kräftig getrimmt wird, leisten wir beide uns einige Jahrhunderte Urlaub.“
    So waren die drei Poltergeister vor dreihundertfünfzehn Jahren und zwei Tagen in den Weltraum geflogen.
    Genauer gesagt auf den Planeten Jupiter, gegen den unsere Erde ein Zwerglein ist.
    Auf dem Jupiter wohnten Vater Sims und Mutter Salas Eltern im Poltergeist-Altersheim; aber sie konnten den kleinen Bim nicht kräftiger machen. Sie kamen viel zu schnell außer Puste.
    Aber da war noch Vater Sims Bruder, der Onkel des kleinen Bim. Er hieß Zack, lebte nur zum Vergnügen auf dem Jupiter und hatte schon vielen schwächlichen Geistern Nachhilfe-Unterricht im Poltern gegeben. Das konnte er ausgezeichnet, weil er der beste Polterer im ganzen Weltraum war. Wenn er richtig losheulte, zogen die Kometen die Schweife ein; und wenn er — nur so zum Spaß — mit dem Kopf gegen den höchsten Berg auf dem Jupiter stieß, wackelte das Weltall, und der Mann im Mond kriegte den Schluckauf...
    Auf Onkel Zack hatten Vater Sim und Mutter Sala ihre ganze Hoffnung gesetzt.
    Jetzt, nach dreihundertfünfzehn Jahren und zwei Tagen, flogen sie enttäuscht zurück.
    Onkel Zack hatte sich die größte Mühe gegeben, doch der kleine Bim war ein schwächlicher Poltergeist geblieben. Nur ein ganz klein wenig hatte er sich gebessert. Jetzt kippte er eine Ritterrüstung im vierten Anflug.
    Ein Fortschritt war das kaum.
    Bei einem normalen Poltergeist fiel das Blechzeug schon um, wenn der Geist noch einen halben Meter entfernt war.
    Allein vom Luftzug!
    Was Onkel Zack zum Schluß gesagt hatte, tröstete Vater Sim und Mutter Sala nur wenig.
    „Der kleine Bim“, hatte Onkel Zack gesagt,
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