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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls
Autoren: Theodor Fontane
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wohlaffektionierter Leo I.«
    Die beiden jüngeren Schwestern klatschten in die Hände, ja, selbst Therese, soviel sie an diesem Übermut auszusetzen hatte, freute sich des Besuchs. Nur die Mutter sagte: »Ja, da soll ich mich nun freuen. Aber kann ich mich freuen? Herkommen wird er ja wohl gerade mit dem Geld, aber wenn er hier ist, müssen wir ihm doch ein paar gute Tage machen, und wenn er auch bescheiden in seinen Ansprüchen ist, so muß er doch den dritten Tag wieder zurück, und dafür müssen wir aufkommen.«
    »Sprich doch nicht immer davon«, sagte Therese.
    »Ja, Therese, du denkst immer, ein Livreediener wird dir eine Kassette bringen mit der Aufschrift ›Dem tapferen Hause Poggenpuhl‹, aber das sind alles Märchengeschichten, und der Mann am Schalter, der die Fahrkarten verkauft, ist eine unerbittliche Wirklichkeit.«
    »Ach, Mama«, sagte Sophie, »damit mußt du dir die Vorfreude nicht verderben. Es geschehen noch Zeichen und Wunder, so hat er geschrieben, und wenn sie nicht geschehen, so laß ich mir auf meine letzten Bilder einen Vorschuß geben, und wenn auch das nicht geht, so...«
    »Nun, so haben wir immer noch die Zuckerdose«, warf Manon ein.
    »Ja, die soll jedesmal aushelfen. Aber mit einemmal ist sie doch weg.«
    »Was schließlich auch nichts täte«, fuhr Manon beschwichtigend fort. »Dann schenken uns Bartensteins eine neue: Frau Bartenstein sagte mir noch neulich: ›Liebe Manon, haben Sie denn gar keinen Wunsch?‹ Ja, Mama, so liegt es, Gott sei Dank, und ich bin nur traurig, daß ich heute abend, wenn Leo kaum angekommen ist, auf die Polterabendprobe muß. Aber am Ende könnt ich ihn mitnehmen. Ich habe schon lange meine Gedanken darüber und möchte mich verwetten, daß Flora sich aufrichtig freuen würde.«
    »Du vergißt immer, daß er des Königs Rock trägt.«
    »Ach, Therese, das ist ja kleinlich und altmodisch und ganz überholt. Unser Kronprinz ist Kronprinz und trägt auch des Königs Rock, und wenn er noch nicht bei Bartensteins war, so war er doch woanders. Aber ebenso.«
    »Nun, wir werden ja sehen«, sagte Therese, die zwar kritisch zu den Bartensteins stand, aber schließlich auch froh war, daß sie existierten.
     
Drittes Kapitel
     
    Der nächste Tag kam. Als es am Nachmittag schon dämmerte, hielt eine Droschke vor dem Hause, und Mutter und Töchter sahen alsbald vom Fenster aus, wie Friederike nach vergnüglicher Begrüßung mit Leo den kleinen Offizierskoffer vom Kutscherbock nahm und an Agnes Nebelung vorbei – die, weil sie den Leutnant gern sehen wollte, dicht neben dem Trottoir Aufstellung genommen – auf die Haustür zuschritt. Leo folgte. Schon auf der von den Schwestern en échelon besetzten Treppe wurden Küsse gewechselt, oben aber stand die Mama. »Tag, meine gute Alte«, und nun wieder ein Kuß. Allerhand konfuse Sätze, die gar nicht paßten, flogen hin und her, und nun trat Leo von der guten Stube her in das einfensterige Wohnzimmer, legte Paletot und Säbel ab, zupfte vor dem Spiegel seinen etwas raufgerutschten Waffenrock zurecht und sagte, während er sich mit einem strammen Ruck vom Spiegel her umdrehte: »Na, Kinder, da wär ich mal wieder. Wie findet ihr mich?«
    »Oh, wundervoll.«
    »Danke schön. So was tut immer wohl, wenn's auch nicht wahr ist, man kann beinahe sagen, es erquickt. Aber apropos, Erquickung. Trotz der frischen Luft, ich bin kolossal durstig; seit sieben Stunden nichts als eine Sardellensemmel; wenn ihr ein Glas Bier hättet.«
    »Gewiß, gewiß. Friederike kann ein Seidel echtes holen.«
    »Nein, nein; nichts holen. Und wozu? Wasser tut's auch«, und er stürzte mit einem Zug ein Glas Wasser hinunter, das ihm Manon gereicht hatte. »Brr. Aber gut.«
    »Du bist so hastig«, sagte Manon. »Das bekommt dir nicht. Ich denke, du trinkst nun erst eine Tasse Kaffee. Wir haben jetzt halb fünf. Und um sieben dann einen Imbiß.«
    »Sehr gut, Manon, sehr gut. Nur die Reihenfolge läßt sich vielleicht ändern. Das Wasser hab ich intus; nehme ich nun auch noch gleich den Kaffee, so gibt das zuviel Flüssigkeit, nutzlose Magenerweiterung, also so gut wie Schwächung. Und man braucht seine Kräfte, oder, sagen wir, das Vaterland braucht sie.«
    »Du meinst also...«
    »Ich möchte mir zu meinen erlauben: Umkehr der Wissenschaft;
erst
Imbiß, dann Kaffee. Denn wenn mein Durst groß war, mein Hunger kommt gleich danach. In sieben Stunden...«
    »Das hast du ja schon gesagt.«
    »Ja, Wahrheiten drängen sich immer wieder auf. Nun sagt,
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