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Die Poggenpuhls

Die Poggenpuhls

Titel: Die Poggenpuhls
Autoren: Theodor Fontane
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Tante richtete die Frage an Sophie, ob die Auferstehung nicht auch durch einen Hergang aus dem Alten Testament dargestellt werden könne. Sie würde sich freuen zu hören, daß das möglich sei.
    »Ja«, sagte Sophie, »das Alte Testament hat einen Hergang, von dem man annimmt, daß er die Auferstehung bedeute.«
    »Und welcher ist das?«
    »Es ist das der Moment, wo der große Walfisch den von ihm verschlungenen Propheten Jonas wieder auswirft. Wie man zugestehen muß, sehr sinnreich. Ich fühle mich der Aufgabe aber nicht gewachsen.«
    »Gott sei Dank«, sagte Manon in einem plötzlichen Anfall von Übermut.
    »Sage das nicht, Kind«, bemerkte die Tante. »Dir erscheint es komisch; aber was Jahrhunderte mit Ernst und Achtung angeschaut haben, darin seh ich immer etwas, was man respektieren muß.«
    Manon errötete und erhob sich dann und küßte der Tante die Hand.
     
    Man trennte sich früh, aber doch mit der Zusicherung, am andern Tage spätestens um sieben beim Frühstück sein zu wollen. Es gab noch allerhand zu besprechen. Da kam man denn auch überein, daß Sophie, die nun schon so lange in halber Einsamkeit gelebt habe, wieder mit nach Berlin zurückkehren solle, aber nur auf kurze Zeit. Sophie, so äußerte sich die Tante, sei so gut und so klug und so bescheiden, daß ihre Nähe ihr ein Bedürfnis geworden sei; sie müsse sich freilich in der großen Stadt erholen, aber je eher sie zurückkehre, je lieber sei es ihr. Es wurde seitens der Tante festgesetzt, daß sie Mitte November wieder in Adamsdorf eintreffen solle; mit dem Malen würde es dann in den dunkeln Nebeltagen wohl vorbei sein, aber das schade nichts, und wenn Sophie neben ihr sitze und mit ihr ins Feuer sähe und des lieben Toten gedenke, so sei das noch besser als das beste Bild. Als sie das sagte, reichte sie Sophie die Hand, und alle waren glücklich, daß ein so herzliches Verhältnis zwischen den beiden bestehe. Selbst Therese freute sich; ihr Familiengefühl war stärker als ihre persönliche Eitelkeit, und sie sah in dem Ganzen einen Sieg des Poggenpuhlschen, das doch auch in Sophie lebte, wenn auch anders als bei den andern und ganz besonders bei ihr. Sie hatte das Liebe, Freundliche, Demütige, das der gute Onkel ja auch gehabt.
    Nach diesen Abmachungen zogen sich die jungen Mädchen zurück, um dem Pfarrer und seiner jungen Frau, die für eine Schönheit galt und es auch war, einen Besuch zu machen, und nur die beiden alten Damen, die den Namen Poggenpuhl trugen und doch keine Poggenpuhls waren, blieben in der Veranda zurück. Der Diener wollte den Frühstückstisch abräumen. »Laß noch, Joseph«, sagte die Generalin, und als sie wieder allein waren, sahen beide auf das Gartenrondel und dann, über eine von Efeu überwachsene Mauer fort, auf die Dächer der Dorfstraße, zwischen denen der Kirchturm mit seinem grünen Kupferdach aufragte. Die Gedanken beider gingen denselben Weg, sie dachten an
den
, der nun da drüben in der stillen Gruft lag.
    Eine Weile verging, ohne daß ein Wort gesprochen worden wäre, dann nahm die Generalin der Majorin Hand und sagte: »Liebe Frau Majorin, ich muß nun noch etwas richtigstellen zwischen uns. Etwas Geschäftliches. Und ich denke, Sie werden mir zustimmen in dem, was ich vorzuschlagen habe.«
    »Das werde ich gewiß. Ich darf das sagen, ohne daß ich weiß, um was es sich handelt. Ich habe zu sehr erfahren, wie gütig Sie sind.«
    »Nun denn ohne Umschweife. Sie wissen durch Sophie, die mir diese Ausplauderei nachträglich gebeichtet, wie die Besitzverhältnisse liegen. Adamsdorf verbleibt mir bei meinen Lebzeiten, dann fällt es an die Familie meines ersten Mannes zurück. Mein eingebrachtes Vermögen ging verloren. Auch davon werden Sie wissen. Aber diesen Vermögensverlust war ich doch imstande später wieder zu begleichen, wenigstens einigermaßen. Poggenpuhl bestritt seine kleinen Liebhabereien von seiner Pension, unser Haushalt wurde sparsam geführt, und so hab ich mich in der glücklichen Lage gesehen, schlechter Ernten unerachtet, ein bescheidenes Privatvermögen aufs neue sammeln zu können. Darüber habe ich freie Bestimmung, und ehe Sie Adamsdorf verlassen, sollen Sie hören, wie ich darüber verfügt habe. Die Summe selbst beträgt bis zur Stunde nicht mehr als etwa siebzehntausend Taler – ich rechne noch nach Talern –, von denen ich zwölftausend Taler in fünfprozentigen Papieren bei meinem Bankier in Breslau deponiert habe. Sie werden davon, vom ersten Oktober an, die
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