Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pilgerin von Montserrat

Die Pilgerin von Montserrat

Titel: Die Pilgerin von Montserrat
Autoren: Christa S. Lotz
Vom Netzwerk:
beträufelt.«
    »Fehlt etwas aus der Sammlung?«, wollte Caspar wissen. »Die Diebe müssen es auf die Bücher oder auf die Wunderkammer abgesehen haben.«
    »Der Herr wird jetzt erst einmal zu Bett getragen«, protestierte Ursula, die Köchin.
    »Ob etwas fehlt, können wir morgen untersuchen«, bemerkte Froben. »Das ändert auch nichts mehr daran. Weg ist weg, ob wir es nun gleich bemerken oder später.«
    Caspar und Heinrich fassten Froben unter den Schultern und an den Füßen und trugen ihn in seine Kemenate. Während die anderen wieder ins Bett gingen, folgte Teresa den beiden Dienern. Von draußen her erhob sich plötzlich ein Lärm. Stimmen schrien durcheinander. Einer der Hakenschützenmänner stürmte zur Tür herein. »Wilhelm, der Torwächter, er ist …« Grauen stand in seinen Augen.
    Froben sank in Ohnmacht, sein Kopf fiel zur Seite. Mit einem Gefühl, als wäre ihr der Boden unter den Füßen weggerissen worden, folgte Teresa dem Mann nach draußen. Beim Überqueren des Hofes mussten sie sich Wind und Regen entgegenstemmen. Sie stiegen die Treppe zu den Unterkünften der Mannschaft hinauf. Teresa keuchte, sie spürte Stiche in der Seite. Aus der Vorburg waren die Hakenschützen gekommen, müde und nur notdürftig bekleidet, ihre Katzbalger am Gürtel. Sie standen am Ende der Zugbrücke.
    Als Teresa eintraf, öffneten sie den Kreis. Da lag Wilhelm, mit dem sie am Abend noch gesprochen hatte. Seine Kehle war aufgeschlitzt, die Augen waren weit aufgerissen. Es roch metallisch und süß nach dem Blut, das sich in einer Lache um ihn herum ausgebreitet hatte. Seine Arme hielt er noch im Tod vor sich hingestreckt, als wolle er einen Angreifer abwehren. Angst kroch Teresa die Kehle herauf.
    »Wie konnte das geschehen?«, rief sie.
    »Wilhelm hatte sich schon in sein Quartier begeben«, antwortete einer der Schützen. »Jemand hätte ihn ablösen müssen! So ist er wieder zurück auf seinen Posten, und so hat es ihn erwischt.«
    Verlegen schauten die Männer auf den Boden.
    »Er wollte es so«, sagte schließlich einer von ihnen. »Er traute niemandem außer sich selbst. Heute ist so ein Wetter, da ist was im Anzug, hat er gesagt. Und wir haben ihm seinen Willen gelassen.« Zustimmung heischend schaute er seine Kameraden an.
    »Ja, er wollte es so«, bestätigte ein anderer.
    »Bringt ihn hinein!«, sagte Teresa. »Ich muss nach meinem Vater sehen.«
    Sie eilte über die Zugbrücke und durch den Burghof zurück in den Palas. In seiner Kemenate fand sie ihren Vater aufrecht im Bett sitzend. Er hielt die Federdecke zwischen seine Finger gekrallt.
    »Vater, was machst du da?«, rief sie. »Du musst ruhen, du bist schwer verletzt worden.«
    »Ach was!«, meinte er. »Das bisschen Blut schert mich nicht im Geringsten. Was war los da draußen?«
    »Wilhelm … er ist tot, jemand hat ihm die Kehle durchgeschnitten.«
    Froben zuckte zusammen. »Um Gottes willen! Was ist das heute für ein Tag! Wir müssen ihm eine anständige Beerdigung geben, morgen auf dem Gottesacker gegenüber der Burg.«
    »Ich werde in der Frühe eine Magd schicken, um die Familie Wilhelms zu benachrichtigen.«
    Frobens Blicke schweiften im Raum umher. »Hast du nachgeschaut, ob etwas fehlt?«
    »Dazu hatte ich noch keine Muße. Ich werde gleich in die Bibliothek gehen und nachsehen.«
    Teresa ergriff den Leuchter, der auf einem kleinen Tisch in der Nähe des Bettes stand, und ging zögernd hinaus. Durfte sie ihren Vater überhaupt allein lassen, ohne Licht? Anscheinend hatte esauch auf ihn jemand abgesehen. Von draußen drangen Rufe und Flüche herein, doch hier drinnen war alles still. Teresa erreichte den Gang zur Bibliothek. Die Wände rochen feucht und glitzerten im Schein des Lichtes. Sie betrat die Bibliothek und hob die Lampe. Auf den ersten Blick schien alles unberührt zu sein. Teresa ging näher zu den Bücherregalen hin und ließ ihren Blick darüber schweifen. Es fehlte kein einziges Werk. Auch von dem, was den Raum ausschmückte, wie antike Vasen, Bilder an den Wänden, war nichts entfernt worden. Siedendheiß fiel es ihr ein. Das Pergament! Sie lief zu dem Stehpult, in dem ihr Vater die Schriftrolle verstaut hatte, und zog die Lade auf. Sie war leer. Wo hatte sie nur die Abschrift hingetan? Was hatte das zu bedeuten? Wer wusste von diesem Pergament und seinem Geheimnis? Sie lief zurück durch den Gang und kam außer Atem im Zimmer ihres Vaters an.
    »Das Pergament ist fort, gestohlen!«, platzte sie heraus.
    »Es scheint jemand
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher