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Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)

Titel: Die Pilatus-Verschwörung (German Edition)
Autoren: Rolf D. Sabel
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auch noch, verstanden? Also, kein Wort!«
    Heinen nickte. »Aber wir teilen, ne? Wenn ich aus Sölden zurückkomme, will ich Bares sehen.«
    »Klar, Mann, versprochen. Alles, was wir hierfür kriegen, teilen wir.«
    Aber Hellinger hatte für sich bereits einen etwas anderen Beschluss gefasst, denn schließlich hatte er ja die Sachen gefunden. Aber das hier mit seinem Kollegen zu diskutieren, wäre ganz falsch gewesen. Alles zu seiner Zeit.

V.
     
    Zuerst lief alles wie geplant. Langsam ließ der Regen nach, und manchmal kam sogar zaghaft die Sonne hervor, um den Marsch unserer langen Kolonne zu begleiten. Wir blieben zunächst von jeder feindlichen Berührung unbehelligt, und ich glaubte schon, all die Ängste, die mich im Zelt meines Feldherrn befallen hatten, könnten grundlos gewesen sein.
    Aber dann, am dritten Marschtag, waren sie zum ersten Mal da!
    Wir marschierten gerade durch einen Engpass über unebenes Berggelände, das von tiefen Schluchten durchbrochen war. Hohe, dichte Bäume verdeckten jede Sicht. Lang gezogen streckte sich unsere Kolonne schier endlos dahin, stürmischer Wind und Regen hatten sie noch zusätzlich weiter auseinander gezogen. Der Boden war voller Schlamm und rutschig, Wurzeln und Äste ließen die übliche Marschgeschwindigkeit nicht zu. Herabfallende Äste und Wipfel sorgten für Unruhe, brachten die Wagen oft genug zum Stehen und ließen uns immer wieder Halt machen. Ich befand mich mit meiner Centurie im vorderen Abschnitt des Zuges. Plötzlich ein Geschrei, das mir noch heute das Blut in den Adern stocken lässt. Zunächst ging über uns ein Hagel von Pfeilen, Lanzen und anderen Wurfgeschossen nieder. Langsam wie ein Raubtier, das seine Beute erst vorsichtig umlauert, hatten sie sich angeschlichen, und dann stürzten die Barbaren wie die Teufel der Unterwelt plötzlich aus dem Dickicht des Waldes hervor, aus allen Richtungen. Schrecklich waren sie anzusehen, mit ihren bemalten Fratzen, den langen Haaren und ungepflegten Bärten.
    Wir hatten mit diesem Angriff nicht gerechnet, zu sorglos war man nach zwei Tagen friedlichen Weges geworden. Wir kämpften, bis die Dunkelheit ein Auseinanderhalten von Freund und Feind unmöglich machte. Wie viele von meinen Kameraden an jenem ersten Tag gefallen sind, ich weiß es nicht. Der glitschige Waldboden war von Blut getränkt – und es war kaum das der Barbaren.
    Unter schweren Verlusten konnten wir diesen ersten Angriff abwehren und schlugen, wie es unsere militärische Tradition gebietet, am Abend ein Lager auf, so gut wir es noch konnten. In der Nacht blieb es überraschend ruhig, wenn man von dem Lärm absieht, den unsere Feinde im Dickicht des Waldes verursachten und der unserenjungen Legionären die Blässe ins Gesicht trieb. Ich selbst ging mit zwei Decurien rings um das Lager Wache, immer in der Furcht, ein plötzlicher Pfeil oder eine aus dem Dunkel auftauchende Axt könne mein junges Leben beenden. Furcht verspürte ich, Furcht – und Hass. Hass auf jene ungebildeten und primitiven Barbaren, die es wagten uns anzugreifen, uns Römer, die sich nicht umsonst die Herren der Welt nennen durften. Brachten wir diesem rohen und unkultivierten Volk nicht Zivilisation und Kultur? Brachten wir ihnen, die in der düsteren Ödnis ihrer Wälder gefangen waren, nicht auch die Freiheit des Geistes? Und wie vergalten sie uns dies? Mit Mord und Brand! Und wie war es mit ihrer Treue? Ganz offensichtlich war doch jener Arminius, Offizier und Ritter wie ich, der doch zuvor unter römischen Standarten gedient und den Fahneneid wie ich geleistet hatte, der Anführer dieses mörderischen Anschlags.
    Ich war an jenem Abend nicht in Varus’ Zelt bei der Stabsbesprechung, weil ich Wachdienst hatte. Aber wie man mir später sagte, verbreitete der Legat unerschütterlichen Optimismus.
    »Wir werden diese Barbaren vernichten und unsere Toten rächen. Jupiter selbst wird dieses Unrecht nicht ungerächt lassen.«
    Aber seine markigen Worte hatten die Ohren der müden und deprimierten Offiziere kaum noch erreicht. Und Jupiter? Der war weit weg. Saß in seinem capitolinischen Tempel in Rom und genoss die Opferungen, die müßige Bürger ihm gewährten.
    »Betet, und euch wird gegeben«, soll der Gekreuzigte viele Jahre später einmal gesagt haben. Einen solchen Gefährten hätten wir an unserer Seite gebrauchen können!
    Am nächsten Morgen verbrannten wir auf Varus’ Befehl alles, was uns für den weiteren Weg hinderlich erschien: Wagen, Gepäck, Vorräte und
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