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Die Phrrks

Die Phrrks

Titel: Die Phrrks
Autoren: Gert Prokop
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mit einer hundert Meter hohen tödlichen Wolke zu be-decken. Nur ein Teil wurde rechtzeitig evakuiert.
    Wann wird sich das aggressive, giftige Wasser durch die Behälter gefressen haben? Was geschieht, wenn auch nur ein Bruchteil all der chemischen und biologischen Waffen freigesetzt wird, wenn die Giftgas-schwaden sich ausbreiten, die künstlichen Seuchen der Militärs, die künstlichen Viren der Gentechniker?
    Überall sind die Armeen in Auflösung in Nebraska 372
    und Ostsibirien sind Krankheiten aufgetreten, die niemand identifizieren kann…«
    »Dann, gute Nacht«, sagte sie leise. »Dann wird kein Mensch überleben. Unsere Art wird aussterben wie einst die Saurier.«
    »Mit einem Unterschied: Wir sind selbst schuld an unserem Untergang.«
    In der Ferne ertönte ein Signal, ein Horn oder eine Fanfare, die Contessa sprang auf, holte zwei Maschi-nenpistolen unter der Pritsche hervor, drückte Jonas eine in die Hand und rannte davon.
    Jonas hatte Mühe, ihr in der Finsternis zu folgen, wäre ein paarmal fast hingeschlagen. Immer mehr schlossen sich ihnen an, alle bewaffnet, und alle rannten, als ginge es um ihr Leben. Am Ende des Tals kletterten sie eine Geröllhalde hinauf, das letzte Stück krochen sie geduckt, oben spähten zwei Jungen in die Dunkelheit, flüsterten erregt mit der Contessa. Sie winkte, und Kisten wurden herangeschafft.
    Waren das Wölfe? Jonas hatte noch nie ein derartiges Geheul gehört. Es fuhr ihm buchstäblich durch Mark und Bein, kalte Schauer zogen über seinen Rücken.
    »Tiger«, flüsterte die Contessa.
    »Tiger, hier?«
    »Pst! Später. Du kannst doch mit `ner MPi umgehen?«
    »Ja, aber wie soll ich in der Dunkelheit…«
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    »Verlaß dich drauf, sie kommen näher. Sie sind ausgehungert und haben die Witterung aufgenommen. Hier.« Sie drückte ihm etwas in die Hand. Eine Handgranate? Eine Spraydose.
    »Meist erkennt man sie erst, wenn sie springen«, sagte die Contessa, »dann ist es zu spät für einen Schuß. Wenn du den Schatten wahrnimmst, wirf dich zur Seite und sprühe das Tier an. Ziel auf die Augen, die Augen wirst du auch im Dunkeln erkennen.
    Schieß erst, wenn das Tier auf den Boden klatscht.
    Ins Auge oder in den Nacken. Ohne zu zögern. Du hast nur einen Schuß.« Sie zeigte ihm, wie er MPi und Dose zugleich halten konnte.
    Dann wurde es still, beängstigend still. Diese Furcht mußten schon die Urmenschen gekannt haben, dachte Jonas. Bestimmt war sie vor Hunderttau-senden von Jahren genetisch programmiert worden, wie sonst hätte ihm vorhin das unbekannte Gebrüll Angstschauer über den Rücken jagen können?
    Die Contessa schrie grell auf, Jonas sah einen Schatten heranfliegen, er drückte den Sprayknopf und warf sich zur Seite, hörte hinter sich einen Auf-prall, dann eine kurze Garbe von Schüssen, die seine Trommelfelle zerreißen wollte. Als er aufblickte, sah er keine zwei Meter von sich entfernt ein gewaltiges Tier, einen Tiger.
    »Ich habe dir doch gesagt, du sollst sofort schie-
    ßen!« herrschte die Contessa ihn an. »Wenn ich nicht 374
    aufgepaßt hätte…«
    »Danke!« Jetzt erst begann er am ganzen Körper zu zittern, Schweiß brach aus allen Poren. Die Contessa lag bereits wieder auf der Kuppe; als er neben sie kroch, drückte sie ihm eine neue Dose in die Hand. Warten, lauschen, spähen. Plötzlich, weit links, ein Schrei und Schüsse. Lauschen, spähen, warten. Dann heulte es wieder, aber das Gebrüll entfernte sich. Die Contessa stand auf.
    Sie hatten Mühe, zu viert den Tiger hochzuschleppen. Der Kadaver wurde ein Stück den Hang hinun-tergewälzt.
    »Ich hoffe, wir haben ein paar Tage Ruhe«, sagte die Contessa, »der Verwesungsgeruch schreckt sie ab.«
    »Vielleicht sind sie längst Aasfresser?«
    »Bestimmt sogar, aber sie fressen nie die eigene Art. Hauptsache, der Geruch lockt keine Affen an.«
    »Affen? Wie kommen Affen in die Alpen?«
    »Keine Ahnung. Aus Asien, denke ich mir. Vielleicht folgen die Tiere den Trecks, vielleicht laufen sie vor ihnen her? Tiger sind selten, aber Wölfe, verwilderte Hunde und Affen am schlimmsten sind die Affen.« Sie seufzte. »Wie ich das hasse, wie ich das alles satt habe, töten, töten, töten. Aber wir sind ja schon froh, wenn es nur Tiere sind.«
    Er legte den Arm um sie, und sie schüttelte ihn nicht ab.
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    »Manchmal«, sagte sie leise, »habe ich Lust, alles aufzugeben, aber ich kann sie doch nicht im Stich lassen.«
    »Nein«, sagte er, »das darfst du nicht.« Er spürte am Zittern ihrer
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