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Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)

Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)

Titel: Die Phoenix-Chroniken: Asche (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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und Ruthie so lebendig.
    „Dachtest?“, wiederholte ich, während ich in die sonnendurchflutete Küche trat.
    „Ich weiß, dass ich tot bin, Schätzchen.“
    Ich habe mich oft gefragt, ob Ruthie selbst nicht auch übernatürliche Fähigkeiten hatte. Sie war die Erste gewesen, die mit mir über meine besondere „Gabe“ gesprochen hatte. Und während die meisten Menschen, die so religiös waren wie Ruthie, mich zu einer Teufelsaustreibung geschleift hätten oder mir zumindest durch Handauflegen den flüsternden Dämon hätten austreiben wollen, hatte sie mich mit jemandem bekannt gemacht, der mich verstand. Jemand, der mir geholfen hatte, mit meiner Gabe umzugehen.
    Mit vertrauter Geste griff ich nach dem winzigen Türkis, den ich um den Hals trug, seit ich fünfzehn war.
    Dieser Jemand hatte mir höllische Angst eingeflößt, aber das ist eine andere Geschichte.
    „Bin ich hier im Himmel?“
    „Aber ja.“
    Warum hatte ich überhaupt gefragt? Wo hätte Ruthie denn sonst sein sollen?
    „Warum sorgst du denn dann immer noch für Kinder?“
    Durch das offene Fenster hörte ich die Bande lachen und herumtollen, Kinderspiele eben.
    „Wie könnte ich ohne die Kinder glücklich sein? Für diese hier war das Leben zu kurz, sie brauchen noch etwas mehr Zeit.“
    Ruthie findet selbst nach dem Tod noch verlorene Seelen, die sie bemuttern kann!
    „Oh Ruthie“, flüsterte ich. „Was soll ich denn ohne dich anfangen?“
    „Mach einfach weiter. So wie die anderen auch.“
    „Ich weiß nicht, ob ich das kann.“
    „Das musst du aber. Jimmy braucht dich.“
    Vor Kummer eben noch in mir zusammengesunken, fuhr ich jetzt hoch. „Jimmy hat immer nur einen Menschen gebraucht, und zwar sich selbst.“ Und dann und wann mal ein Betthupferl.
    „Das stimmt nicht. Er hat immer schon mehr gebraucht als alle anderen. Gibt es nur nicht zu. Glaubt, er verdiene kein Glück. Zerstört alles Gute in seinem Leben, weil er sich selbst am meisten hasst.“
    „Das glaube ich nicht“, sagte ich leise.
    Sie sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. „Du musst ihm helfen Elizabeth.“
    Sie hatte mich Elizabeth genannt. Da blieb mir wohl nichts anderes übrig. „Ja, Ma’m.“
    Zufrieden nickte sie. „Ich habe dir alles gegeben, was ich hatte.“
    Mir kamen die Worte von Hammond und Landsdown wieder in den Sinn, was sie über den Streit zwischen Ruthie und Jimmy gesagt hatten. Hatte sie mir wirklich alles vermacht, das Haus, ihr Geld?
    „Was ist denn mit den Kindern?“, platzte es aus mir heraus. „Die müssen doch auch etwas abbekommen.“
    Sie lächelte mich zärtlich an. „Du wirst mein Geschenk gar nicht wollen, aber es ist deins, und das habe ich vom ersten Augenblick an gewusst.“
    Es nicht wollen? Was immer dieses „es“ auch sein sollte, wenn es von Ruthie kam, wollte ich es auf jeden Fall.
    „Du wirst mich noch dafür hassen…“, begann sie.
    „Niemals.“
    „Du weißt noch nicht, was ich dir angetan habe.“
    Mir angetan?
    „Das verstehe ich nicht“, sagte ich.
    „Das wirst du noch.“ Sie schaute auf und blickte dann über meine Schulter, als hätte jemand sie von weit hinter mir gerufen. Ein Ausdruck von Angst malte sich auf einmal auf ihrem Gesicht. Ich drehte mich um, konnte aber nichts entdecken.
    „Sie haben dich gesehen“, flüsterte sie. „Sie wissen, wer du bist.“
    „Wer sind denn ‚sie‘?“, fragte ich. Auf einmal verstand ich alles. „Wer hat dich umgebracht, Ruthie?“
    Sie schüttelte den Kopf, ihr Blick war immer noch in die Ferne gerichtet. „So funktioniert das nicht. Ich kann dir zur Seite stehen, aber herausfinden musst du alles selbst.“
    „Na toll.“ Wahrscheinlich wäre es auch zu viel des Guten gewesen, wenn mir Ruthies Geist, oder was immer sie jetzt war, den Mörder genannt und ich den Fall bei Sonnenuntergang abgeschlossen hätte.
    „Du musst jetzt gehen“, drängte sie mich. „Sie haben sich schon auf den Weg gemacht.“
    „Die Menschen, die dich umgebracht haben?“
    Wir blickten uns an, und was ich in ihren Augen sah, bereitete mir Angst.
    „Es sind keine Menschen“, sagte sie.

 
    5
    I ch schlug die Augen auf. Ich befand mich in meinem Zimmer, in meinem Bett. Die Decke hatte ich noch immer über den Kopf gezogen, und trotzdem spürte ich, dass jemand in meiner unmittelbaren Nähe war.
    Meine Pistole lag im Koffer unter der Spüle. Dort bewahrte ich sie immer auf, es sei denn, ich hatte einen verdammt guten Grund dafür, sie zu benutzen. Im Nachhinein war das wohl
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