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Die Pforten der Ewigkeit

Die Pforten der Ewigkeit

Titel: Die Pforten der Ewigkeit
Autoren: Richard Dübell
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der in der nächsten Minute vor seinen Schöpfer treten wird, und dann nach einem markerschütternden Räuspern in einen neben ihm befindlichen Napf zu spucken, wo der Auswurf hörbar einschlug. Na gut, wenigstens umarmen hätte sie ihn mögen.
    »Äääh …«, machte der Bischof, »ich meine … aah, ich sehe, dass man sich hier um jeden Leidenden kümmert.« So wie er es sagte, klang es wie ein Vorwurf.
    »Vor Gott und im Schmerz sind wir alle gleich«, erklärte Elsbeth.
    Aus der Richtung eines anderen Lagers erklang ein lautstarker Furz und gleich darauf ein erleichtertes Aufseufzen. Entweder fielen einem die Geräusche, die die Insassen des Hospizes machten, im Alltag nicht auf, oder die Kranken hatten alle den stummen Wunsch Elsbeths aufgefangen, dass der Besuch sich schleunigst verabschieden möge, und bemühten sich, ihren Beitrag dazu zu leisten. Bischof Heinrich biss die Zähne zusammen. Das gelangweilte Gesicht des Propstes bekam einen gequälten Ausdruck. Albert Sneydenwint grunzte amüsiert und wedelte mit der Hand vor der Nase herum.
    »Wenn Ihr wollt … ich kann Euch die Leute alle vorstellen …«, sagte Elsbeth und machte eine einladende Bewegung in Richtung des Husters. Die diebische Freude, die sie dabei empfand, würde sie beichten müssen, aber sie würde dies bei dem schwerhörigen alten Pfarrer tun, den die Äbtissin für diese Pflicht sorgfältig aus dem zur Verfügung stehenden Personal des Bistums ausgewählt hatte. Die wirklichen Beichtgespräche führte Lucardis mit ihren Schützlingen selbst, auch wenn dies der Regel nach nicht vorgesehen war.
    Der Bischof wippte unentschlossen. »Ich möchte mich auch noch mit der Mutter Oberin unterhalten. Und es sind ohnehin nicht viele Betten belegt.«
    Geh nur , dachte Elsbeth, geh. Meinen Segen hast  …
    »Oh, die Abteilung für die geistig und seelisch Erkrankten ist viel stärker belegt«, sagte Adelheid in aller Unschuld.
    Einen Moment lang stand alles auf der Kippe. Elsbeth war in ihrer einladenden Handbewegung erstarrt. Die Novizinnen schlugen sich entweder die Hände vor den Mund oder schlossen die Augen. Adelheids Gesicht zog sich in die Länge und begann zu erröten. Bischof Heinrich und Propst Rinold achteten nicht auf das dämmernde Entsetzen in der Miene des jungen Mädchens. Sie dachten offenbar das Gleiche: Herr, verschone uns vor den Verrückten, wenn schon die normal Kranken so unappetitlich sind .
    Dann kippte die Situation auf die falsche Seite. Albert Sneydenwint sagte: »Was, Verrückte gibt’s hier auch? Den Bereich muss ich sehen, vielleicht ist da noch Platz für meine Schwiegermutter.« Er sah sich suchend um. »Wo ist das?«
    »Es ist ganz am anderen Ende des Klosters«, stotterte Adelheid im Versuch, etwas zu retten.
    Eine Tür an der Seite des Krankensaals öffnete sich, und eine Klosterschwester kam mit ein paar Decken im Arm heraus. Aus dem Raum dahinter hörte man jemanden rufen: »Aber ich bin Kaiser Rotbart!«, und jemand anderen brüllen: »Ich bin so SCHWACH!« Die Tür schloss sich wieder. Es fiel auf, dass sie dicker war als üblich und mit Eisenbändern verstärkt.
    Bischof Heinrich sah von Adelheid zu Elsbeth.
    »Sie meint: am anderen Ende des Saals«, knirschte Elsbeth.
    Adelheid ließ die Schultern sinken. Der Bischof zog die seinen entschlossen in die Höhe. »Das müssen wir nicht mehr sehen«, sagte er.
    Gesegnet seist du , dachte Elsbeth.
    »Ich schon«, sagte Albert Sneydenwint. Er watschelte bereits auf die Tür zu. Bischof Heinrich und Propst Rinold wechselten einen Blick und folgten ihm verdrossen. Vielleicht schuldete auch der Propst dem Kämmerer Geld.
    »Verzeihung«, flüsterte Adelheid, als die Novizinnen, angeführt von Elsbeth, den Abschluss machten. Elsbeth ignorierte sie.
    Albert Sneydenwint kämpfte mit der Tür, die einen besonderen Schließmechanismus hatte und nicht so ohne weiteres zu öffnen war. Die beiden Klosterknechte, die auf der anderen Seite standen, der Tür den Rücken zugewandt und das Treiben in dem Saal für die geistig und seelisch Erkrankten beobachtend, traten erstaunt beiseite, als die ganze Kongregation eintrat. Der Bischof verteilte einen nachlässigen Segen in ihre Richtung. Dann blieb er stehen und starrte. Elsbeth, die die Tür aufgehalten hatte, ließ sie zufallen.
    »Oh, Verzeihung!«
    »Keine Ursache«, sagte Hartmann, dem sie die Tür quasi ins Gesicht hatte fallen lassen und der sie nun vorsichtig schloss.
    Bis auf wenige Ausnahmen waren die Lager
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