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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals
Autoren: Stephen R. Donaldson
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vielleicht Infelizitas begrüßt - nicht aus Wertschätzung für das egozentrische Verhalten der Elohim, sondern weil er wusste, welches Verhängnis Linden ihnen gebracht hatte. Von allen Völkern der Erde würden die Elohim als Erste ausgerottet werden. Die Verheerungen, die alle Herrlichkeiten der Welt zerstören sollten - bei den Elohim würden sie beginnen.
    Auch dieses Grauen nahm er nur noch bruchstückhaft wahr, wie das Blinken eines fernen Signalfeuers, bei dem er bereits vergessen hatte, vor was es hatte warnen wollen. Sein menschliches Sehvermögen verschwamm, als weinte er - Tränen der Macht, Tränen des Wissens. Schreckliche Zukünfte hingen von den Insequenten, aber auch von Anele ab; das sah Covenant deutlich. Aber die Bedeutung dessen, was er sah, und die Rolle, die die Insequenten oder Anele dabei spielen würden, tropften hinab in die Spalten seines schwindenden Verstandes der Ewigkeit und versickerten wie Blut.
    Das Ausmaß des Verlustes, das Linden ihn zu ertragen zwang, überstieg seine Kraft, war nicht auszuhalten - und wuchs trotzdem immer weiter an und brachte ihn Schritt für Schritt um alles, wozu der Tod, reine wilde Magie und der Bogen der Zeit ihn befähigt hatten. Mit jedem gelebten Augenblick wurden die Risse, die seine Seele durchzogen, breiter und tiefer.
    Die Schlange des Weltendes kam näher, verkörperte Tod und Verderben, und es war Covenant, als könnte er ihren heißen Atem im Nacken der Erde spüren.
    Die Haruchai kannte er, auch die Ranyhyn und die Ramen. Ihre Namen waren ihm entfallen, aber die Trauer, die er mit den Haruchai, die einst die Bluthüter und seine Freunde gewesen waren, verband, war geblieben. Im Namen ihres uralten Stolzes und ihrer Demütigung waren sie Verpflichtungen eingegangen, die nur mit Trauer enden konnten. Drei von ihnen waren so verstümmelt worden, dass ihre rechten Hände der seinigen glichen; der vierte Mann hatte das linke Auge verloren. Sie hätten dem Ruf ihrer toten Vorfahren folgen sollen. Covenant unterdrückte den Impuls, ihre Unnachgiebigkeit zu verfluchen. Stattdessen fand er Trost in der Gesellschaft der Ranyhyn und der Ramen, obwohl er in keiner Menschensprache hätte erklären können, weshalb sie ihn trösteten. Er wusste nur, dass sie nie versucht hatten, die eigenen Grenzen zu überschreiten. Und dass die Ranyhyn Linden so deutlich gewarnt hatten, wie sie nur konnten.
    Ebenso wie die Ramen schienen auch die Pferde die Haruchai misstrauisch zu beobachten, als stellten die Halbhand-Krieger eine Gefahr dar, an die Covenant sich nicht erinnern konnte.
    Den Steinhausener erkannte er mehr an dem Orkrest und dem Schicksal, das ihm auf die Stirn geschrieben stand, als an seinen Gesichtszügen oder seiner Ergebenheit. Der junge Mann hatte seinen Untergang gewählt, als seine Finger erstmals einen Sonnenstein umschlossen hatten. Er konnte seinen Lebensweg nun nicht mehr ändern, ohne sich selbst aufzugeben.
    Alle, die an diesem Ort, diesem transzendenten Übergang, in Lindens Nähe geblieben waren, beobachteten Covenant fassungslos oder bestürzt oder verbittert. Er aber war noch immer nicht vollständig unter ihnen angekommen, war sich ihrer nur schemenhaft bewusst, als wären sie Gestalten an den Rändern eines Traumes. Seine ersten Augenblicke eines noch blassen konkreten Bewusstseins waren auf Linden konzentriert.
    Die Qualen auf ihrem geliebten, vom Gram gezeichneten Gesieht fesselten ihn und bewahrten ihn so davor, sich in dem zerklüfteten Labyrinth seines Verstandes zu verlieren.
    Linden stand wehrlos nur wenige Schritte von ihm entfernt. Sein Ring und ihr Stab waren ihr aus den kraftlosen Fingern gefallen, und im Silberglanz des Krill wirkten die deutlich hervortretenden schwarzen Flecken auf ihren Jeans wie manifestierte Anklagepunkte. Der rote Flanellstoff ihrer Bluse war eingerissen und durchlöchert, als hätte sie ein Dornengestrüpp überwinden müssen, um zu ihm zu gelangen. Sie schien alle Hoffnung, alle Entschlossenheit verloren zu haben und wirkte so allumfassend niedergeschlagen, als hätte er sie verraten.
    Ihr Anblick, ungetröstet und untröstlich, vervielfachte den Druck, unter dem er stand, verankerte ihn jedoch zugleich erneut in seiner Sterblichkeit. Lindens Zustand war seine Schuld. Er hatte das Gesetz, das ihn verpflichtet und erhalten hatte, allzu oft missachtet.
    Vor wenigen Augenblicken oder mehreren Menschenleben hatte er sie gefragt: Oh, Linden. Was hast du getan? Es hatte kein Entsetzen in dieser Frage
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