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Die Pfade des Schicksals

Die Pfade des Schicksals

Titel: Die Pfade des Schicksals
Autoren: Stephen R. Donaldson
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von Kevins Verzweiflung wie mit abgebrochenen Nägeln zerkratzt und durch die scharfen Blicke Lord Fouls zerfetzt worden.
    Aber Covenant konnte nicht bleiben, um zu beobachten, wie das Ritual sich seinem Höhepunkt näherte. Er kannte es bereits und war außerstande, die Bilder zu kontrollieren, die sich entlang der Verwerfungen in seinem Inneren zeigten. Eines führte zum anderen, aber jeder Weg in eine falsche Richtung. Statt tatenlos zu beobachten, wie Kevin sich selbst verriet, folgte er Lord Foul zurück durch die Zeit.
    Während Linden in seiner Umarmung um ihre Beherrschung rang und der Steinhausener sie zu beruhigen oder aufzumuntern versuchte, erlebte Covenant die wenigen Jahrzehnte mit, in denen der Verächter sich in den Großrat der Lords eingeschlichen hatte - als a-Jeroth akzeptiert, weil keiner der Lords sagen konnte, weshalb er ihm nicht recht traute. Und seine Erinnerungen wanderten weiter. Gegen seinen Willen durchlebte er die Jahrhunderte, in denen Lord Foul ohne das Wissen des Großrates oder irgendeines Vorgängers der Lords im Unterland gelebt hatte. Gekannt hatten ihn damals nur die Forsthüter, die das geschwundene Bewusstsein des Einholzwaldes bewahrten. Jene wilde Kraft der Forsthüter und der Koloss am Wasserfall waren es gewesen, die den Verächter in jenen Jahrhunderten in seine Grenzen gewiesen hatten. Lord Foul hatte sich sogar vor den Wüterichen versteckt, bis es ihm durch die allmähliche Schwächung des Interdikts gelungen war, sie seinem Befehl zu unterstellen. In der Zwischenzeit hatte er aus den unheimlichen Bewohnern der Sarangrave-Senke und des Großen Sumpfes neue Diener für sich herangezogen, Fouls Hort erbaut, sein Heer verstärkt, seine Macht ausgebaut und unablässig weiter nach dem nützlichsten aller Banne gesucht, der in den Tiefen des Donnerbergs verborgen lag.
    Aber davor …
    Einmal mehr versuchte Covenant, seine unfreiwillige Zeitreise zu beenden, denn Lindens Kummer quälte ihn und ihre Gefährten starrten ihn an, als erwarteten sie eine erlösende Offenbarung von ihm. Aber es gelang ihm nicht.
    Davor … Davor hatte der Verächter sich vorübergehend mit den Insequenten befasst, sie aber bald wieder aufgegeben, weil ihre Theurgien zu fremdartig waren, als dass sie ihm hätten dienen können. In Erdregionen, die so abgelegen waren, dass selbst die Riesen sie nie besucht hatten, verbarg er sich unter den Halbmagiern von Vidik Amar, denen eine beschränkte Magie zu Gebote stand. Als er sie für seine Zwecke korrumpiert hatte, fielen sie übereinander her, um sich im Namen des Verächters abzuschlachten. Auch die Zuvor hatte er mit seinen Ressentiments Seelenbeißer infiziert. Sie hatten sich als sehr empfänglich für seine negativen Einflüsterungen gezeigt, konnten ihm aber kaum helfen, seine Ziele zu erreichen. Und davor hatte der Verächter ein durch Misserfolge gekennzeichnetes Zeitalter bei dem listigen Volk verbracht, aus dem eines Tages Kasreyn von dem Wirbel hervorgegangen war. Noch etwas weiter zurück hatte Lord Fouls erfolglos versucht, sich der Schlange des Weltendes zu nähern, hatte sie aber nicht direkt wecken und lediglich ihren Schlaf stören können, indem er den Einholzbaum beschädigte. Aber der Wächter des Einholzbaums war gegen ihn immun.
    Covenant erinnerte sich an die Ursachen der Frustration des Verächters, an die Wurzeln seines stetig wachsenden bedrohlichen Zorns. Er erkannte die geheime eigene Verzweiflung des Verächters, die dieser sogar vor sich selbst verbarg, um sie stattdessen an seiner Umgebung auszulassen.
    Mit einer jähen Bewegung befreite Linden sich aus Covenants Armen. Er konnte sie nicht daran hindern, konnte nicht einmal versuchen, sie zu verstehen: Er sah und spürte sie nur durch die Schleier von Lord Fouls Vergangenheit. Ihr Gesicht war tränennass, und sie zitterte vor unterdrücktem Schluchzen. Ihre Schmerzen waren so stark wie die Kevins und ebenso quälend. Aber ihre Notlage war grausamer als seine. Auch Linden hatte eine Schändung verübt - aber sie hatte sie überlebt.
    Jetzt unterdrückte sie mit fast übermenschlicher Anstrengung neue Tränen, während sie zu sprechen versuchte: »Du hättest nur. Du hättest mir bloß. Sagen müssen. Wie ich Jeremiah finden kann.« Sie ballte die Fäuste, schlug sich damit selbst ins Gesicht. »Dann hätte ich nicht …«
    Ihr Gesicht war verzerrt, als wäre sie dicht davor, wie eine Wölfin zu heulen.
    Der einäugige Haruchai war an ihre Seite getreten. »Das konnte er
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