Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Orestie

Titel: Die Orestie
Autoren: Aischylos
Vom Netzwerk:
her – denn dieser Mann
    Ist meines Tempels Schützling, meines Tempels Herd-
    Genosse; ich hab seines Mordes ihn entsühnt –,
    Dann selber mitzurechten, denn ich habe Schuld
    Am Morde seiner Mutter. Doch du leit es ein,
    Wie du es weißest, zu entscheiden diesen Streit!
    ATHENE.
    Das Wort ist euer – also leit ich ein den Streit.
    Der Kläger also, dem zuerst das Wort gebührt,
    Mag uns den Hergang schlecht und recht zu wissen tun.
    CHOR.
    Zwar viele sind wir, doch berichten wir gedrängt.
    Du gib die Antwort deines Teils uns Wort um Wort!
    Sag denn zum ersten, ob du die Mutter umgebracht?
    ORESTES.
    Umbracht ich meine Mutter, und ich leugne's nicht.
    CHOR.
    Das wäre
ein
Kampf von den drei'n der Siegenden!
    ORESTES.
    Doch fiel ich nicht schon, daß du also prahlen darfst!
    CHOR.
    Angeben mußt du weiter,
wie
du umgebracht.
    ORESTES.
    Ich sag's: den Nacken schnitt ich durch mit meinem Schwert.
    CHOR.
    Von wem veranlaßt warst du und durch wessen Rat?
    ORESTES.
    Durch dieses Gottes heilgen Spruch; er selbst bezeugt's.
    CHOR.
    Dich hat der Seher angeführt zum Muttermord?
    ORESTES.
    Und noch bis jetzt nicht schalt ich über mein Geschick.
    CHOR.
    Doch faßt der Spruch dich, anders sprechen wirst du bald!
    ORESTES.
    Ich glaub's; doch Beistand schickt mein Vater aus dem Grab.
    CHOR.
    Hoff auf die Toten, der du die Mutter tötetest!
    ORESTES.
    Zwiefachen Frevel lud sie auf ihr schuldig Haupt.
    CHOR.
    Wie das? Belehre dessen dort die Richtenden.
    ORESTES.
    Den Mann erschlug sie und erschlug den Vater mir.
    CHOR.
    Du aber lebst noch, während sie den Mord gebüßt.
    ORESTES.
    Warum denn hast im Leben du sie nicht verfolgt?
    CHOR.
    Sie war dem Mann nicht blutsverwandt, den sie erschlug.
    ORESTES.
    Ich aber, sagst du, bin von meiner Mutter Blut?
    CHOR.
    Trug denn, du Blutger, unter ihrem Herzen sie
    Dich nicht? Verschwörst du deiner Mutter teures Blut?
    ORESTES.
    Nun wollest du mir Zeugnis geben, lehren du
    Mich nun, Apollon, ob ich mit Recht sie mordete.
    Denn schuldig dieser Tat zu sein, nicht leugnen wir's;
    Doch ob gerecht du oder nicht dies Blut erklärst,
    Das woll entscheiden, daß ich's ihnen sagen kann!
    APOLLON.
    So sag denn ich es Athenaias großem Rat:
    Gerecht, und täusch ihn, ich, der Seher, nimmermehr.
    Niemals geweissagt hab ich auf dem Seherthron,
    Für Mann und Weib, für Stadt und Volk verheißen nichts,
    Was Zeus, der Vater im Olympos, nicht befahl.
    Zu lernen trachtet dieses Recht, wie hoch es gilt,
    Und nachzukommen meines Vaters ewgem Rat;
    Denn nicht des Eides Heiligkeit gilt mehr denn Zeus!
    CHOR.
    Zeus hat, so sagst du, dir geboten solchen Spruch,
    Daß du Orestes rietest, seines Vaters Mord
    Zu rächen – sollte der Mutter Ehrfurcht nichts ihm sein?
    APOLLON.
    Gar anders ist es, wenn ein hochgeborner Mann,
    Mit gottbeschiednem Zepter heilger Macht belehnt,
    Umkommt von einem Weibe, nicht etwa im Kampf
    Von einer Amazone ferngeschoßnem Pfeil,
    Nein, Pallas, daß du's hörest, und die mit dir sind,
    Mit ihren Stimmen zu entscheiden diesen Streit:
    Als er vom Feldzug endlich wieder heimgekehrt,
    Den Wohlgesinnten hochgerühmt, da bot sie ihm
    Ein Bad, daß er ins Becken ging', in seinen Tod;
    Sie zeltet drüber einen Mantel, fängt ihn ein
    Im künstlich unendlichen Gewirk und schlägt ihn tot!
    Wie ich erzählt, so war des Helden Untergang,
    Des allerhabnen Seegeschwaderköniges;
    Sie
stell ich so dar, daß es empören muß den Rat,
    Dem übertragen dieses Streits Entscheidung ist!
    CHOR.
    Vorzieht das Los des Vaters Zeus nach deinem Wort
    Und band doch seinen greisen Vater Kronos selbst!
    Sagst dies du nicht mit jenem klar im Widerspruch?
    Ihr aber hört es und bedenkt's, beschwör ich euch!
    APOLLON.
    Ihr ganz verhaßten, gottverfluchten Ungeheur!
    Erzbanden kann man lösen, da ist Hilfe noch,
    Da zur Befreiung viele Mittel vieler Art;
    Doch wenn des Mannes Blut der Staub getrunken hat –
    Einmal gestorben, und es kommt kein Auferstehn:
    Dafür erfand mein Vater keinen Spruch noch Kunst,
    Der sonst doch alles allzumal hinab, hinauf
    Verkehrend umstürzt, ohne daß sein Atem schwillt!
    CHOR.
    Versuche, wie du jenen zu befrein erreichst!
    Der seiner Mutter blutverwandtes Blut vergoß,
    Des sollt in Argos fürder sein das Vaterhaus?
    Zu welchen Volksaltären wird er opfernd nahn,
    Bei welchem Weihguß seinem Stamm willkommen sein?
    APOLLON.
    Drauf sag ich also, mein gerechtes Wort vernimm:
    Nicht ist die Mutter ihres Kindes Zeugerin,
    Sie hegt und trägt den eingesäten Samen nur;
    Es zeugt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher