Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Orestie

Titel: Die Orestie
Autoren: Aischylos
Vom Netzwerk:
deinen Fuß, Herr, den Zertreter Ilions!
    Was säumt ihr, Mägde, da euch aufgetragen ist,
    Die Decken hinzubreiten über seinen Weg!
    So eilt, daß purpurüberdeckt ihm sei der Gang,
    Den wider Hoffnung Dike leitet seinen Fuß;
    Das andre wird mein Sorgen, das kein Schlaf bezwang,
    Gerecht, so Gott will, bald erfüllen, wie es muß!
     
    Die Sklavinnen breiten Purpurteppiche bis zum Palast.
     
    AGAMEMNON.
    Du Tochter Ledas, meines Hauses Hüterin,
    Du sprachst der Zeit, die ich entfernt war, wohlgemäß
    In gleicher langer Rede; doch ein echtes Lob –
    Aus fremdem Mund muß kommen uns ein solch Geschenk.
    Auch wolle sonst nicht mit mir zärteln nach der Art
    Der Weiber noch am Boden liegend tief herauf,
    So wie's Barbaren tun, mir knechten deinen Gruß,
    Noch mache gar mit deinem Purpur meinen Weg
    Verhaßt: die Götter nur ist so zu ehren recht!
    Daß ich, ein Mensch, auf bunten Prachtgewanden soll
    Hinschreiten, mir ist's Grund zu mehr als eitler Furcht;
    Ich will geehrt als Menschen, nicht als Gott mich sehn;
    Auch ohne deiner Decken, deines Purpurs Stolz
    Erhebt der Ruf mich, und es ist, nicht argen Sinns
    Zu sein, der Götter größt Geschenk. Den mag beglückt
    Man preisen, der sein Leben schließt im lieben Glück;
    Wenn mir es stets so würde, hätt ich frohen Mut!
    KLYTAIMESTRA.
    O sage du nicht mir das wider meinen Wunsch!
    AGAMEMNON.
    Den Wunsch bewahr ich, glaub mir, unveränderlich!
    KLYTAIMESTRA.
    Hast du gelobt aus Furcht, es irgend je zu tun?
    AGAMEMNON.
    Wenn einer, hab ich meinen Entschluß wohl bedacht!
    KLYTAIMESTRA.
    Was, meinst du, täte Priamos wohl an deiner Statt?
    AGAMEMNON.
    Ich glaube, der beträte deiner Decken Pracht!
    KLYTAIMESTRA.
    So habe nicht mehr vor der Menschen Tadel Scheu!
    AGAMEMNON.
    Und doch gewichtig ist des Volkes Stimme stets!
    KLYTAIMESTRA.
    Wer unbeneidet, ist des Neides nimmer wert!
    AGAMEMNON.
    Streit aufzusuchen ziemet für ein Weib sich nicht!
    KLYTAIMESTRA.
    Jedoch besiegt zu werden dem, der glücklich ist!
    AGAMEMNON.
    So achte du auch meinen Sieg in diesem Streit!
    KLYTAIMESTRA.
    Gib nach, gewähre willig mir die Oberhand!
    AGAMEMNON.
    Nun, wenn du gern willst, mag man schnell die Sohle mir
    Abbinden, meines Fußes treue Dienerin,
    Daß nicht mich fernher treffen mag, wenn ich in ihr
    Auf Purpur wandle, eines Gottes neidscher Blick:
    Denn ich fürchte sehr zu verderben meines Hauses Glück,
    Wann solchen Reichtum, solch Geweb mein Fuß verdirbt!
    Davon genug jetzt. Dieses fremde Mädchen führ
    Ins Haus mir freundlich; wer als Herr sich mild erzeigt,
    Auf den herab sieht mild und gnadenreich der Gott;
    Mit frohem Herzen trägt ja niemand Sklavenjoch.
    Aus vielen Beuten als die schönste Blume mir
    Vom Heer erlesen und geschenkt mir, kam sie mit.
    So will ich, da ich dir zu folgen über mich
    Gewann, ins Haus gehn, tretend auf des Purpurs Glanz!
     
    Geht in den Palast.
     
    KLYTAIMESTRA.
    Es ist ein Meer noch – und das Meer, wer schöpft es leer? –,
    Das vielen Purpurs silberaufgewägten Saft
    Erzeugt, den immerneusten, prachtkleidfärbenden,
    Davon, den Göttern dank es, Herr, dein Haus besitzt!
    Zu haben, nicht zu darben hat dein Haus gelernt.
    Und viele Decken hätt ich zum Zertreten gern
    Gelobt, wenn das mir ein Orakel angezeigt,
    Als Dank, daß heim dein Leben du mir hast gebracht.
    Denn lebt die Wurzel, so umgrünet Laub das Dach
    Und breitet Schatten vor dem heißen Sirius;
    Du, heimgekehrt mir an den heimatlichen Herd,
    Mir kündest Frühlingswärme du in Winterszeit;
    Und wieder, wenn in herber Traube Zeus den Wein
    Läßt reifen, lieber Kühle gleich weht's dann im Haus,
    Weil du vollendend wieder heimgekommen bist! –
    Zeus, Zeus Vollender, endlich ende mein Gebet;
    In deine Hände leg ich, was du enden mußt!
     
    Ab in den Palast.
     
    Erste Strophe
     
    CHOR.
    Warum ist's, daß immerfort
    Jenes Zeichen meinem Blick,
    Meinem ahndungsvollen Geiste vorschwebt?
    Daß der Gesang ungelohnt, ungeboten mir weissagt?
    Warum nicht, vergessend sein,
    Sein wie eines dunklen Traums,
    Weilt auf meines Gemüts liebem Thron getroster Mut?
    Und doch: vorbei ist längst die Zeit, daß fern am Strand
    Heer und Schiffe man altern ließ, als zur See gen Ilion
    Unser Heer gezogen war!
     
    Erste Gegenstrophe
     
    Eigner Zeuge, eignen Augs
    Sah ich ihre Wiederkehr;
    Dennoch singet drinnen harfenlos mir,
    Willenlos mir den Trauergesang der Erinnys
    Meine Seele, ruhig nicht
    Durch der Hoffnung frohen Mut!
    Und dies Bangen, erwägt's kalter Ernst, so täuscht sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher