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Die Orangen des Präsidenten

Die Orangen des Präsidenten

Titel: Die Orangen des Präsidenten
Autoren: Abbas Khider
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wütende Blonde nahm vier Stöcke aus dem Koffer und kniete sich vor mich hin. »Such dir einen aus! Welchen hättest du denn gerne?!« Er deutete zynisch grinsend auf ein Bündel Stöcke.
    »Bitte nicht! Ich habe nichts getan.«
    »Auswählen!«, drängte er und verpasste mir einen Stoß auf die Nase. »Auswählen!«
    Ich schaute die Stöcke an und wählte weinend den dünnen aus. »Den da.«
    Der Blonde lachte höhnisch: »Da hast du dir aber den Falschen ausgesucht. Dünne Stöcke sind sehr schmerzhaft. Sag bloß, du weißt das nicht! Nächstes Mal musst du den dicken nehmen. Trottel!« Er stand abrupt auf. »Hängen!«
    Die Uniformierten zogen den Tisch in die Mitte des Zimmers. Einer verband mir die Augen mit einem Tuch. Ein Zitteranfall durchlief meinen Körper: Hände, Füße und sogar den Hintern. Ich konnte mich nicht still halten, als bebte die Erde unter meinen Füßen. Einer befahl mir aufzustehen. Ein zweiter umschlang meinen Oberkörper mit den Armen. Der Dritte packte meine Unterschenkel, und gemeinsam hievten sie mich auf den Tisch. Wieder ein anderer griff nach den Handschellen, riss sie mitsamt meinen Armen hoch und hängte sie irgendwo ein. Sie ließen mich los und ich baumelte wie der Klöppel einer Glocke hin und her.
    »Oh Gott!«, stöhnte ich.
    Ich fühlte mich wie ein Schaf in der Metzgerei. Die Arme, dachte ich, würden bald abreißen. Ein stechender Schmerz. Ich konnte nur mühsam atmen. Mein Körper fühlte sich unvorstellbar schwer an. Ich schrie aus Leibeskräften: »Bitte, genug! In Gottes Namen! Genug!« Der Schmerz wurde von Sekunde zu Sekunde stärker.
    »Und? Kannst du fliegen?«, traf mich die zynische Stimme des Blonden. »Ab heute wirst du den Tag hassen, an dem du geboren worden bist.« Dann traf mich überraschend ein Schlag auf die Fußsohle. Ich schrie auf. Dann auf mein Bein. Ich schrie wieder laut. Dann einer auf den Rücken. Ein Schlag nach dem anderen. Alles in mir brannte. Mit jedem Schlag zitterte ich noch mehr, und der Schmerz in den Schultern wurde mit jeder Bewegung unerträglicher. Der Blonde schlug weiter. »Und, Mahdi? Willst du uns jetzt alles erzählen? Aber jetzt wollen wir nicht mehr. Jetzt ist es zu spät.«
    Nach einer Weile hörte er mit dem Schlagen auf. Meinganzer Körper brannte, als wäre Glut unter meiner Haut. »Jetzt der Strom!«, kommandierte der Blonde. Ich fühlte, wie er irgendetwas an meinen beiden großen Zehen befestigte. Einige Sekunden später dachte ich, die Haut spränge von meinem Leib ab, als hätte mich ein Blitz getroffen. Ich zitterte wie ein Palmenblatt im Wüstensturm. Wieder schrie ich laut auf. Mehrere Sekunden lang. Dann ließ das Zittern nach. Und noch ein Stromstoß. Gefolgt von heftigem Schütteln. Ich brüllte und dachte, meine Muskeln fielen von meinen Knochen ab. Ohne es zu wollen, pinkelte ich in die Hose. Dann noch mal eine ganze Reihe von Stromstößen. Länger als vorher. »Die Organisation! Wer ist dein Führer?« Der Blonde gab nicht nach. Plötzlich hörte ich eine andere Stimme: »Lasst ihn runter! Jalla!«
    Vier Hände holten mich zurück auf den Boden und befreiten mich von meinen Fesseln. Ich atmete schwer. Die Erde drehte sich in meinem Kopf. Dunkle und helle Wolken vernebelten mir die Augen. Nach einer Weile schaute ich mich im Zimmer um. Der Blonde und die anderen saßen auf ihren Stühlen. Die Uniformierten standen daneben. Der Grauhaarige sah mir gelassen ins Gesicht. Mit ernster Miene bemerkte er: »Ich war nur ein paar Minuten weg, und sie haben dich so zugerichtet. Was machen sie erst mit dir, wenn ich länger nicht da bin?« Nach einer kleinen Pause öffnete er den Ordner. »Sag mir jetzt die Wahrheit! Ich glaube, wenn ich dich hier mit ihnen allein lasse, werden sie dich lebendig begraben.«
    »Ich schwöre. Ich habe keine Ahnung, worum es geht.«
    »Du willst leiden? Wenn du nicht gestehst, dann …«
    »Ich bin unschuldig!«
    »Weißt du, von wie vielen ich diesen Satz täglich höre? Jeder behauptet, er sei unschuldig. Wer macht dann die ganze Scheiße im Land!?«
    »Ich nicht.«
    Lächelnd sagte er: »Wir lassen das heute. Morgen machen wir weiter. Überleg es dir gut!«
    Ich wurde erneut gefesselt, und mit der Augenbinde verdunkelte sich die Welt wieder. Einer begleitete mich nach draußen. Ich konnte mich nicht richtig bewegen, konnte kaum laufen. Alles schmerzte, und mir war eiskalt. Mehrere Male stieß ich irgendwo gegen eine Tür oder eine Wand. Mein Begleiter schlug mir ins Gesicht. »Beweg
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