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Die Orangen des Präsidenten

Die Orangen des Präsidenten

Titel: Die Orangen des Präsidenten
Autoren: Abbas Khider
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Glühbirne blendete mich. Ich sah einen großen Raum. Ohne Fenster. Weiße Wände. Dann erkannte ich einen etwa fünfzigjährigen Mann, der mir gegenübersaß. Weiße Haut, graue Haare und ein schwarzer Anzug. Zwischen uns nur ein weißer Tisch. Darauf ein großer blauer Ordner, in dem der Grauhaarige ruhig blätterte. Außerdem noch eine Flasche Wasser und zwei Gläser. Hinter dem Grauhaarigen hing ein Bild des Präsidenten mit Zigarre an der Wand. Daneben ein Bild, auf dem dieser Grauhaarige und der Präsident nebeneinanderstanden und direkt in die Kamera schauten, mit geheimnisvollem, ernstem Lächeln. Rechts neben dem Bild ein weißer, geschlossener Schrank. An der linken Seite die Nationalflagge. Ich drehte den Kopf nach hinten und sah vier weitere Männer auf Stühlen neben der Tür, die ebenfalls schwarze Anzüge trugen und mich mit durchdringenden Augen musterten. Daneben standen zwei Uniformierte, die Augen geradeaus gerichtet. Ein weiterer Uniformierter, dessen Gesicht ich nicht sehen konnte, stand hinter mir. Als ich mich umdrehte, schlug er mir mit der Hand auf den Kopf und drehte ihn mir nach vorne. Der Grauhaarige klappte den Ordner zu, schüttete Wasser ins Glas und stellte es vor mir auf den Tisch.
    »Nun, erzähl!«
    »Was?«
    »Alles, was du weißt.«
    »Was wollen Sie wissen? Ich kann Ihnen alles sagen, was Sie wollen. Aber was?«
    »Wer ist dein Führer? Und wer war mit dir in eurer Organisation? Was sind eure Ziele?«, fragte der Grauhaarige.
    »Welche Organisation?«
    Wieder ein Schlag von hinten. Der Grauhaarige gab mitder Hand ein Zeichen, dass der Uniformierte gehen solle. Er öffnete den Ordner, blätterte noch einmal darin, schaute mir ins Gesicht und grinste. »Du hast gesagt, du bist bereit, uns alles zu sagen.«
    »Ja, hab ich gesagt, aber Sie wollen die Wahrheit. Ich bin niemals in irgendeiner Organisation gewesen.«
    »Ach so, und das Auto? Ali und die anderen?«
    »Ich kenne nur Ali.«
    »Und du arbeitest mit ihm?«
    »Nein. Ich schwöre es. Wir sind nur Nachbarn und in derselben Klasse.«
    »Und das Auto?«
    »Es gehört seinem Freund.«
    »Wem?«
    »Ich kenne ihn nicht. Wir haben heute die letzte Abiturprüfung gehabt. Und Ali wollte das mit mir feiern. Deswegen hat Ali das Auto von seinem Freund ausgeliehen. Mehr nicht.«
    »Und du willst, dass ich das glaube?«
    »Ja.«
    Der Grauhaarige schaute mir ins Gesicht. Seine tiefschwarzen Augen glänzten merkwürdig. »Ich gehe jetzt und kehre in ein paar Minuten zurück. Überlege es dir gut!«
    Er stand auf. Alle Anwesenden salutierten. Er schritt langsam durch den Raum. Ein kleiner Mann mit großem Bauch. Er öffnete die Tür und verschwand.
    Schweigen.
    Ich überlegte, wie ich mich verhalten sollte. Was für eine Scheiße! Ich verfluche dich, Ali! Große Angst überkam mich. Ich fror, als säße ich in einem Kühlschrank. Mein Mund war plötzlich ausgetrocknet. Ich versuchte, ruhig zu bleiben, aber ich konnte nicht. Ich zitterte. Ich fror noch mehr. Mein Mund wurde noch trockener. Mein Hals begann zu brennen.
    Einer der vier zivil gekleideten Anwesenden brach das Schweigen, stand auf und setzte sich auf den Stuhl mir gegenüber. Sein Körper war durchtrainiert, fast wie der einesBoxers. Dunkelblaue Augen. Blonde Haare. Große Hände, wie bei einem Bären.
    »Wie lange brauchst du, um es dir zu überlegen?«, fragte er mürrisch.
    »Ich …«
    »Hör mal. Ich glaube, du bist ein guter Kerl. Wir wollen dir nicht wehtun. Ich gebe dir einen Rat. Gib es zu! Welche Organisation?«
    »Was?«
    »Die Organisation, habe ich gefragt.«
    »Welche?«
    »Welche? Die Organisation der verdorbenen Fotze deiner Mutter.«
    Die Augen des Blonden wurden halb weiß, halb hellrot. Er starrte mich wütend an. »Hör mal, du Arschloch! Wenn du es nicht zugibst, dann sorge ich dafür, dass dich alle Wärter und Gefangenen hier ficken. Sag endlich was! Hurensohn!«
    »Ich schwöre, ich habe nichts getan. Ich schwöre bei Gott, beim Propheten.«
    »Ich scheiße auf dich und deinen Gott und deinen Propheten. Soldaten!«
    »Ich habe nichts gemacht. Ich schwöre!«
    »Halt’s Maul!«, schrie er und schlug mir mit aller Kraft ins Gesicht. Ich kippte mitsamt dem Stuhl um. Die drei Uniformierten sprangen schnell auf mich zu und fesselten mir die Hände auf dem Rücken. Einer ging zum Schrank, holte ein schwarzes Gerät heraus, das wie ein Radio aussah, und stellte es auf den Tisch. Dann holte er einen Koffer, legte ihn gleichfalls darauf und klappte ihn auf. Der
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