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Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands

Titel: Die Oetkers - Geschaefte und Geheimnisse ber bekanntesten Wirtschaftsdynastie Deutschlands
Autoren: Ruediger Jungbluth
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eigenen Betriebs fertig |21| werden. Ein Problem lag in der Tatsache, dass Marzipanerzeugnisse Saisonartikel waren. Den größten Teil seiner Waren setzte Oetker vor Weihnachten und Ostern ab. In den Sommermonaten war die Fabrik nicht ausgelastet, für die Arbeiterinnen und Arbeiter gab es nichts zu tun. Um das zu ändern, baute Louis C. Oetker an die Frontseite seiner Fabrik eine Konditorei. Den Garten, aus dem man einen schönen Blick auf die Elbe hatte, gestaltete er als Freiluftcafé. Dieses »Sommeretablissement«, wie man eine solche Gastronomie damals nannte, wurde schnell zu einem durchschlagenden Erfolg. Vor allem an Sonntagen war im Café Oetker Hochbetrieb. Ausflügler aus Hamburg und Altona sorgten zuverlässig für Umsatz.
    Louis Carl Oetker begann die Erfolgsgeschichte des Clans mit Figuren aus
Marzipan, die er in einer Konditorei in Altona fertigte.
    |21| Mit der Gastronomie schuf sich der Unternehmer ein zweites Standbein. Das Hauptgeschäft aber blieb die »Dampf-Marzipanfabrik«, wie Oetker sein Unternehmen mit einigem Stolz genannt hatte. Er selbst sah sich als Fabrikant und nicht mehr als Handwerker. Und mit der Zeit verlegte er sich mehr und mehr darauf, statt fertiger Artikel Marzipanrohmasse für Konditoreien, Bäckereien und Einzelhändler zu produzieren.
    Louis C. Oetker hatte Familiensinn. Seine Vorfahren, die einst Ottokar geheißen hatten, stammten aus dem Dorf Wiedensahl bei Stadthagen und waren Bauern. Doch seit mehreren Generationen gab es auch selbstständige Handwerker in der Familie. Oetker selbst war in Obernkirchen in Niedersachsen aufgewachsen, einem Ort bei Bückeburg. Sein Vater Heinrich Christian Oetker besaß eine Mühle in Obernkirchen. Dort lebte auch Louis Oetkers älterer Bruder August Adolph, der Bäckermeister geworden war. Dessen Sohn Albert nahm der Marzipanfabrikant 1881 als Lehrling in der Altonaer Konditorei auf. Der Neffe bewährte sich. Als er mit seiner Lehre fertig war, verließ der junge Albert Oetker den Betrieb des Onkels allerdings, um sich auch in anderen »renommirten Geschäften in Conditorei und Kochkunst vollkommen auszubilden«, wie später ein kurzer Lebenslauf erläuterte.
    Die Marzipanfabrik entwickelte sich günstig. Aber Louis C. Oetker konnte den Erfolg seiner Aufbauarbeit nicht lange genießen. Der Unternehmer |22| wurde krank. Anfangs ignorierte der Enddreißiger alle Symptome körperlicher Schwäche und arbeitete in gewohntem Umfang weiter. Auf Anraten eines Arztes trat Oetker schließlich doch eine Kur an und reiste in den Luftkurort Falkenstein im Taunus. Dort verschlechterte sich sein Zustand allerdings weiter. Die Ärzte des Sanatoriums konnten dem Fabrikanten nicht helfen, jegliche Behandlung blieb erfolglos. Am 10. März 1884 starb Louis Carl Oetker im Alter von 39 Jahren.
    In einem Nachruf wurde der Fabrikant als der »Begründer der Marzipan-Groß-Industrie« gerühmt und sein Schicksal betrauert: »Es sollte ihm nicht beschieden sein, die Früchte seiner rastlosen Thätigkeit und den Lohn seiner unendlichen Sorgen und Mühe zu ernten.« Oetker sei ein Mensch gewesen, »dessen sich jeder, welcher ihn als Freund, als College, als Principal oder sonst gekannt hat, mit der größten Achtung und Liebe erinnern wird«.
    Der Marzipanfabrikant hinterließ bei seinem Tod Frau und Kinder. Für die Erben führte zunächst ein angestellter Geschäftsführer die Fabrik weiter, während die Konditorei und der Cafégarten an einen Gastronomen verpachtet wurden. Unter neuer Führung lief die Fabrik in soliden Bahnen, wenn auch mit dem Tod des Gründers die Zeit stürmischen Wachstums zu Ende gegangen war. Inzwischen war der Wettbewerb härter geworden, da mehrere Konkurrenten ähnliche Fabrikationen aufgezogen hatten.
    Das Unternehmen geriet immer mehr in die Abhängigkeit seiner Abnehmer im Konditorhandwerk und Einzelhandel, die darauf drängten, dass ihnen ihr Rohstofflieferant keine Konkurrenz im Geschäft mit den Endverbrauchern machte. Aus diesem Grund stellte die Firma L. C. Oetker 1886 die Produktion fertiger Marzipanartikel vollständig ein und konzentrierte sich ganz auf die Produktion von Rohmasse.
    Die Witwe Luise Oetker kam auf die Idee, den jungen Neffen ihres verstorbenen Mannes zu fragen, ob er in das Unternehmen, in dem er seine Lehrzeit verbracht hatte, zurückkehren wollte. Sie stellte dem damals 21-jährigen Albert Oetker sogar eine Beteiligung an der Firma in Aussicht. Der junge Konditor ergriff die Chance, und bald darauf |23|
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