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Die Nirgendwojagd

Die Nirgendwojagd

Titel: Die Nirgendwojagd
Autoren: Jo Clayton
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gegangen, um mit Tochter Nacht zu sprechen, der Mutter der Erde. Was hat sie gesagt? Wann wird das Entwurzeln des Friedenssprößlings unserem Krieg Glück bringen? Die Nuggar schwärmen aus, die Knollen türmen sich im Vorratshaus. Die Rum-Fieyl schlagen bereits zu. Es ist Zeit. Zeit!”
    Roha starrte ihn an. Sein Gesicht verschwamm, verzerrte sich vor ihren tränenden Augen. Das Fallende Feuer hatte sie zu früh vom Baum getrennt, zu einer Zeit, als der Drogensaft noch heftig in ihr zirkulierte. Die Worte, die ihr der Niong ins Gesicht brüllte, trugen keine Bedeutung. Sie glitten wie Regen von ihr ab. Sein Gesicht wurde breiter und breiter, seine Augen glitzerten, waren heiße Feuer, wie das Feuer im Nebelland, diese brennende Wunde, aus der ihr die Erde von ihrem Schmerz zuschrie, so laut schrie, daß dieses Geräusch alle anderen Geräusche ertränkte, die Worte und den Wind und das Prasseln des Feuers hinter ihr. Sie schrie zur Antwort auf, so daß der Klang ihre Kehle zerriß, schrie immer wieder, riß ihren Arm aus dem quetschenden Griff des Niong, stolperte von ihm zurück, bis die Hitze des Feuers sie stoppte. Sie fuhr ihre bleichen Hornkrallen aus und begann, ihren Brustkorb zu zerfleischen, wobei sich ihre Augen nach oben drehten, bis nur mehr das Weiß zu sehen war und sich Schaum in ihren Mundwinkeln sammelte. Ihre Schreie vertieften sich zu einem Heulen.
    Rihon sprang zu ihr, warf die Arme auseinander, gesellte sein Heulen zu ihrem. Er schwankte, tanzte dann immer rundherum, in einem engen Kreis, bis er stolperte und fiel. Dann lag er zuckend auf dem Rücken und wiederholte die heiseren, bedeutungslosen Schreie immer und immer wieder.
    Der Wan flüsterte mit der Serk, und schließlich drängten sie beide die plappernden Ältesten und die sich zusammendrängenden ängstlichen Leute von den Zwillingen zurück. Der Wan murmelte etwas, an den Niong gewandt, um ihn zu überreden, ebenfalls zurückzuweichen, und der Kriegsführer gehorchte widerspruchslos, weil er vom Ergebnis seiner Worte schwer erschüttert war. Mit schlaffem Gesicht starrte er Roha an, die hin und her torkelte, und das Blut tropfte auf ihre glatte, grüne Haut hinunter, über ihre vorstehenden Rippen, die schmalen Hüften entlang und sammelte sich an der Gurtschnur ihres Rockes.
    Der Wan glitt zu ihr, ergriff ihre Arme, hielt sie fest, seine Hände stark und sanft auf ihrer Haut. Er drehte sie herum, bis er hinter ihr stand, bis seine Arme über ihrer blutenden Brust gekreuzt waren, und hielt sie fest an sich gepreßt, bis die Wärme seines Körpers die hysterische Kälte in ihr vertrieb. Nach mehreren Minuten der Unbeweglichkeit blinzelte sie, seufzte und schrie, als sie zum ersten Mal den Schmerz ihres gezeichneten Fleisches spürte.
    Der Wan ließ sie zu Boden gleiten, bis sie neben ihrem Bruder lag.
    Sie ergriff Rihons zitternde Hand. Er lag bewegungslos, die Augen geschlossen, und sein unregelmäßiges Atmen verlangsamte sich zum Normalen, da er sich wie sie erholte, und das Band zwischen ihnen war stärker denn je.
    Die Ältesten schlurften in unbehaglichem Schweigen umher. Dieses Schweigen breitete sich aus, bis selbst die schreienden, plappernden Kinder still waren, mit ihren Spielen aufhörten und sich aneinander klammerten.
    Roha öffnete die Augen und setzte sich auf und zuckte beim Schmerz der Krallenwunden zusammen. Als sie umherblickte, waren die Leute und das ersterbende Feuer langgezogene Streifen aus Schwarz und Silber, dann kam die Wirklichkeit zu ihr zurückgekrochen. Der Wan half ihr auf die Füße, streckte dann eine Hand nach Rihon aus. „Wasser”, murmelte sie und rieb über die Streifen trocknenden Blutes auf ihrer Brust. „Ich brauche Wasser.” Ihre Zunge tastete über trockene Lippen.
    Der Wan wandte sich von Rihon ab, schaute in die Runde, dann mit einem Zeigefinger nach einem kleinen Jungen, der sich widerwillig an den Beinen seiner Mutter vorbeischob, vor ihr stehenblieb und mit einem Fuß auf der staubigen, trockenen Erde herumscharrte.
    „Tik-tik”, sagte der Wan und lächelte den Jungen liebevoll an.
    „Bring mir einen Kübel voll Wasser. Für den Dunklen Zwilling.”
    Der Junge lächelte und rannte davon. Rasch kam er mit dem Wasser-Kübel zurück, reichte ihn dem Wan und zog sich eilig an die Seite seiner Mutter zurück.
    Roha wusch das Blut ab und biß sich fest auf die Unterlippe, als Luft in die Risse in ihrem Fleisch vordrang. Sie streckte die Hand aus und nahm Rihons Hand, blickte dann am Wan
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