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Die neue Lustschule

Die neue Lustschule

Titel: Die neue Lustschule
Autoren: Hans-Joachim Maaz
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zwischen
sexueller Aufgeklärtheit
» und
sexueller Reife
unterscheiden. Sexuelle Reife ist nicht durch Wissen, Technik und vielfache Erfahrungen zu erreichen, sondern muss als eine Lebens- und Seinsweise verstanden werden, in der ganzheitliche – somato-psycho-sozio-spirituelle – Vorgänge integriert zum Ausdruck kommen. Zur sexuellen Reifung gehört die Verarbeitung der Konflikte und Defizite der eigenen Lebensgeschichte, wozu auch die kritische Auseinandersetzung mit den kulturellen Normen und den partnerschaftlichen Möglichkeiten und Begrenzungen zählt. Sexualität und Persönlichkeit sind nicht voneinander zu trennen. Sexualität ist nicht nur eine abgegrenzte intime Freizeitbeschäftigung, sondern eine spezifische Form des Seins, im Sinne eines Lebens in den natürlichen Rhythmen, im Spannungsbogen von Machen und Lassen, von Geben und Nehmen und mit dem möglichen Zugang zu liebevoller Nähe und angstfreier Eigenständigkeit.
    9. Sexuelle Störungen bestehen aus Funktionsstörungen, Beziehungsstörungen und Befriedigungsstörungen (Luststörungen). Die Quantität und Qualität möglichen Lusterlebens lässt sich als «orgastische Potenz» beschreiben, was mehr meint als lustvolles Benutzen der Sexualorgane. So muss beim Manne zwischen erektiver, ejakulativer und orgastischer Potenz unterschieden werden und in vergleichbarer Weise zwischen Erregungslust, Loslasslust und ganzheitlich strömender Potenz bei der Frau. So verstanden gibt es einen begrenzten «genitalen Orgasmus» und einen «ganzheitlichen Orgasmus», der den ganzen Körper und die Beziehungslustmit einschließt. Die verbreitete Ansicht, ein vollständiger Orgasmus lasse sich allein über die Sexualität entwickeln, ist falsch. Eher trifft schon zu, dass ein gesundes Leben im umfassenden Sinne auch die Chancen für «orgastische Potenz» verbessert. Über ein «gesundes Leben» kann man sicher unterschiedlicher Meinung sein. Aber ohne das Bemühen, Leib und Seele, Natur und Kultur, Denken, Fühlen und Handeln, Rationalität und Emotionalität in Übereinstimmung zu bringen, ist «gesundes Leben» nicht wirklich zu erreichen. Wir alle sind in unserer Sozialisation davon mehr oder weniger weit entfernt. Dies bedeutet auch Einbußen an sexueller Lustentfaltung sowie eine entsprechend eingeschränkte Entspannungswirkung. Wissen ist kein Ersatz für Gefühle – intensive Gefühle sind kein Ersatz für Handeln – Handeln ist kein Ersatz für Sinn. Wissen ohne Gefühle kann zu einer destruktiven Gefahr werden, Fühlen ohne Handeln neigt zu weltfremder Versponnenheit, Handeln ohne Moral wird leicht verbrecherisch. Sexualität ohne Wissen bleibt Ungeschick, Sexualität ohne Gefühl herzloses «Abbumsen», Sexualität ohne aktives Handeln ein enttäuschtes «Sehnsuchtsloch». Und eine Sexualität ohne kritischreflektierte Einordnung in die individuelle Lebensweise, ohne Verantwortlichkeit und ohne Auseinandersetzung um Wert und Kultur des Sexuallebens bleibt auf dem Niveau sinnentleerter Funktionalität, wie sie uns in pornographischen Darstellungen begegnet. Nichts ist weiter entfernt von sexueller Reife als Pornographie.
     
    Junge Menschen vor den Zeiten medialer «Aufklärung» litten an Unkenntnis, Scham und Unsicherheit. Die heutigen Jugendlichen leiden hingegen häufig an Fehlinformationen. Ihr Denken kreist einerseits um sexuelle Techniken, extreme Spielarten und Intimmode, andererseits um die Angst vormöglicher Infektion. Vernachlässigt hingegen werden die Fragen, die ich in diesem Buch besonders hervorhebe: Sex in liebevoller Beziehung, eine ganzheitliche Lustschule und eine verantwortliche Sexkultur.

I. DER WILLE ZUR LUST
    Für die Fortpflanzung ist Sexualität ein Muss. Die Lust aber braucht vor allem den Willen. Lust ist nicht selbstverständlich, Lust geschieht nicht einfach, Lust muss gewollt und erarbeitet werden. Wenn die Faszination des Anfangs abklingt, wenn die Lust abflacht, die mit dem Erregungszustand des intimen Kennenlernens und des Ausprobierens verbunden ist, und die lusttragenden Phantasien sich an der Realität abkühlen – wenn also Gewohnheit und Langeweile drohen, wenn der Gedanke kommt: «Das kann es noch nicht gewesen sein!», dann brauchen wir den Willen, an der eigenen Lustfähigkeit in dieser Beziehung zu arbeiten und Gleiches dem Partner zuzumuten.
    Der Schlüssel gegen die erotische Abkühlung ist die Lust. Die Lustfähigkeit sichert das sexuelle Interesse und die dankbare Zuneigung zum Partner. Luststörungen
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