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Die neue A....- Klasse

Die neue A....- Klasse

Titel: Die neue A....- Klasse
Autoren: Janette Laura u Barber Banks
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kaum erwarten. Ich liebte Bücher. Ich merkte mir die Inhalte der Bücher, die mir meine Großtante Martie vorlas, und tat dann so, als läse ich sie laut jedem vor, der bereit war, mir zuzuhören. Eine Zeit lang dachte mein Vater, er beherberge ein echtes Wunderkind unter seinem Dach, bis er merkte, dass ich die Seiten im verkehrten Moment umblätterte. Jedenfalls war Lesen für mich der Grund, zur Schule zu gehen, aber die lausigen Lehrer hatten andere Pläne. Statt uns der wichtigen Aufgabe des Lesenlernens zu widmen, sollten wir unsere Zeit damit vergeuden, im Kreis herumzuschlurfen und irgendein schwachsinniges Lied zu singen, während Mrs Gagnon uns auf dem Klavier begleitete. Also bitte! Ich schmollte und hatte nur einen Gedanken - ich beherrschte das verdammte Alphabet immer noch nicht! Außerdem gab es Zeichnen (wird ja immer besser) und Mathematik (wie beleidigend), und dann zwangen sie uns - jeden verdammten Tag -, nicht nur eine Ruhepause einzulegen, sondern zwei. Wobei die zweite Pause eindeutig die schlimmere war, weil wir wieder zu Spielen gezwungen wurden, bei denen wir uns im Kreis aufstellen und bei den Händen fassen mussten. Oh nein, nicht mit mir! Mir geht’s ganz hervorragend hier an der Wand, mit gekreuzten Armen
und den Blick starr auf den Boden gerichtet. Ich werde niemanden an der Hand halten. HAUT AB! Ich war nicht bereit, mit irgendjemandem ein Wort zu wechseln, es sei denn, es diente der Durchsetzung meines Ziels - hatte ich es schon erwähnt? - Lesen zu lernen.
    In der ersten Klasse hatte ich eine Lehrerin, die eindeutig zu oben erwähnter Gruppe derjenigen gehörte, die nie in den Genuss einer Therapie gekommen waren. Sie klärte uns nicht nur darüber auf, dass der Weihnachtsmann nicht existiert (Schockierend! Nein! Wie ist das nur möglich?!), sondern verkündete vor der ganzen Klasse jedes Mal, wenn wir irgendetwas Blödes für unsere Mütter basteln sollten: »Und für Janette und Lorraine« - das war ein anderes Mädchen in meiner Klasse - »schreibe ich VATER an die Tafel, weil sie ja keine Mutter haben.« Das fühlte sich jedes Mal so an, als streue mir jemand Glassplitter in die Augen, und die Tatsache, verlassen worden zu sein, brannte höllisch. Lorraines Mutter hatte wenigstens den Anstand besessen zu sterben, während meine eigene »davongelaufen« war, um meinen armen, verlassenen Vater zu zitieren.
    Es war eine Scheidung mit Schuldspruch, denn zu dieser Zeit galt Ehebruch als Verbrechen. Noch Jahre, nachdem sie weg war, drillte mein Vater meine Schwester und mich darauf, was wir vor Gericht sagen sollten, falls unsere Mutter, die mittlerweile »Mrs Willy« hieß, versuchen sollte, das Sorgerecht für uns zu erstreiten. (»›Ich will bei meinem Daddy bleiben. Daddy!‹ Ich hab es gesagt. Okay, noch mal? ›Ich will bei meinem Daddy bleiben, ich will nicht mit Mrs Willy gehen. ‹«) Meine Schwester und ich grübelten oft darüber nach, wie es wäre, wenn dieses Ungeheuer, das wir praktisch nicht kannten, eines Tages käme und versuchen würde, uns von zu Hause wegzuholen, aber das tat sie nicht, und ich sah sie nie wieder.

    Gut war, dass ich wenigstens endlich lesen lernte. Und zwar sehr gut. Ich bin eine erstklassige Leserin. Alle meine Therapeuten erklärten auch, dass ich mich als Kind in einer emotionalen Krisensituation dem Essen zugewandt (wie man unschwer erkennen konnte) und gezielt gegessen hätte, um fett zu werden (was mir weniger offensichtlich erscheint), weil ich den Schutz der Fettschwarten um mich herum gebraucht hätte. Das Entscheidende dabei ist, dass ich als Erwachsene dieses Fett nicht mehr als Schutzpanzer brauchte und damit auch fähig war, diese 40 Kilo abzunehmen. Aber allem Anschein nach sind diese zehn, zwölf Kilo Gewicht an Oberschenkeln und Hintern immer noch wichtig für mich. (Mir ist das egal, also sollen gefälligst alle damit aufhören, mich zu piesacken, ich soll abnehmen. Schluss damit. Genau das ist der Grund, weshalb Gott jedem Menschen einen Arsch gegeben hat - damit sich jeder Gedanken um den eigenen machen und meinen in Frieden lassen kann. Hmpf.)
    Die Gewissheit, dass mein BFA einem Zweck dient, macht ihn nur umso liebenswerter für mich. Mein guter, alter Hintern. Mein Gefährte. Er war immer für mich da, wenn ich ihn brauchte. Von Anfang an war und auch am Ende wird er noch Teil von mir sein. Es wäre wirklich unfair, ihn oder mich selbst dafür zu hassen, weil er so ein Prachtexemplar ist. Natürlich setze ich alles daran,
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