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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle
Autoren: H. Dieter Neumann
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dies auf den ausgeklappten Tisch im Cockpit. Johannes bemerkte, dass auch sie außergewöhnlich still war. Mit zittrigen Händen entkorkte er eine Flasche Rotwein, schenkte ein, und sie setzten sich zusammen um den Tisch.
    Bleischwere Sprachlosigkeit. Jeder hing seinen Gedanken nach. Kaum ein Wort fiel, während sie eher lustlos ein paar Käsehappen aßen und ab und zu einen Schluck Wein tranken.
    Es war ruhig geworden im Hafen. Manchmal klangen von anderen Booten Stimmen herüber oder jemand ging den Kai entlang.
    Johannes füllte die Gläser noch einmal auf.

2
Januar
Deutschland
    Um vier Uhr morgens tönte aus dem Radiowecker die durchdringende Stimme einer jungen Popkünstlerin. Sie sang mit großer Hingabe von ihrem Herzen, welches angeblich wie eine Buschtrommel schlug.
    Johannes war blitzartig hellwach.
    Um Corinna nicht weiter mit den Urwaldklängen zu malträtieren, langte er schnell hinüber zum Nachttisch und stellte das Gerät ab. Sie hatte schließlich noch über zwei Stunden Schlaf vor sich, bevor sich der Wecker auf ihrer Seite des Bettes melden würde.
    Neidisch warf er einen Blick auf sie. Jeden Tag wollte er weiß Gott nicht um diese Zeit aufstehen müssen. Aber regelmäßige Dienstzeiten waren in seinem jetzigen Job nicht garantiert.
    Leise schloss er die Schlafzimmertür hinter sich, schlurfte in die kleine Küche, schaltete die vorbereitete Kaffeemaschine an und warf einen kurzen Blick aus dem Fenster.
    Winter. Das neue Jahr war erst drei Wochen alt. Zu dieser Stunde herrschte noch vollständige Dunkelheit, nur von zwei Straßenlaternen müde mit fahlen Lichtkegeln durchbrochen.
    In der Nacht war neuer Schnee gefallen – gute Voraussetzungen für die heutige Einsatzübung. Auf den Bergen des Hindukusch lag fast das ganze Jahr über Schnee. Im Winter gab es oft meterhohe Schneeverwehungen, die jeder Patrouille zum Verhängnis werden konnten.
    Damit war der Schwarzwald natürlich nicht vergleichbar. Aber das ,Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr’, kurz KSK, konnte hier dennoch realistische Übungen durchführen. Man hatte sogar ein typisches afghanisches Dorf aufgebaut. Auch durchzogen tiefe Gräben das Gelände, vergleichbar den Wadis im Land am Hindukusch.
    Heute ging es wieder einmal um Patrouillenfahrten, derzeit ihre wichtigste Aufgabe in Afghanistan. Gar nicht oft genug konnte man das üben, immer wieder die Teams verändern und alle denkbaren Szenarien durchspielen.
    Johannes wusste aus eigener Erfahrung, dass später im Einsatz alles ganz anders kommen konnte. Unter Zeitdruck galt es dann, eine Lage schnell zu überblicken und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Draufgängertypen waren da völlig fehl am Platze. Die Soldaten des KSK mussten nicht nur körperlich fit sein, auch Intelligenz und Einfallsreichtum waren gefragt. Gebraucht wurden ausgeglichene Menschen, seelisch und körperlich hoch belastbar. Nur wenige Bewerber konnten diese Anforderungen erfüllen.
    Während er mit Sorge daran dachte, wie viele Soldaten ihm auch in seiner Kommandokompanie fehlten, ließ Johannes sich vom heißen Wasserstrahl aus der Dusche den Körper massieren. Dabei summte er das Lied mit der Buschtrommel vor sich hin.
    Im Wohnzimmer, wo er seine Bekleidung am Vorabend auf dem Sofa bereitgelegt hatte, um Corinna nicht im Schlaf zu stören, zog er sich an und ging dann in die Küche. Dort goss er sich den schwarzen Kaffee in einen Becher und schaltete das Radio ein.
    Die Musik gefiel ihm schon deutlich besser. Als er John Bon Jovi singen hörte: » We weren’t born to follow … «, musste er grinsen. Hübscher Text für Soldaten …
    Vorsichtig schlürfte er den heißen Kaffee. Hunger hatte er so früh am Morgen noch nicht. Er riss ein Blatt vom Notizblock, fischte einen Kugelschreiber aus der Brusttasche seines Feldanzuges und schrieb: »Lieber Schatz, ich wünsche Dir einen schönen Tag. Komme heute erst später (Nachbesprechung usw.). ICH LIEBE DICH, Jo.«
    Nachdenklich trank er die letzten Schlucke, schob den Zettel in die Mitte des Tisches und stellte den Becher darauf.
    Auch eine Art, miteinander zu kommunizieren.
    Bedrückend. Lange konnte das nicht mehr gut gehen.
    Über seinen Dienst, über seine Einsätze in Afghanistan durfte er nicht viel erzählen. So wusste Corinna nicht mehr, als dass er dort mit seinen Leuten zur QRF, der Schnellen Eingreiftruppe, gehörte, die im Feldlager Camp Marmal bei Mazar-i-Sharif stationiert war.
    Afghanistan. Ihr beherrschendes Thema.
    Ihre Beziehung
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