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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle
Autoren: H. Dieter Neumann
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versorgt. Auch die Schmerzen im Unterleib waren abgeklungen. Die bunten Verfärbungen an edler Stelle hatten den Arzt zwar beeindruckt, aber er konnte Johannes’ Befürchtungen hinsichtlich irgendwelcher peinlicher Folgen glaubwürdig zerstreuen.
    Tiefblau spannte sich das ägäische Meer jenseits der Terrasse bis zum Horizont. Beim Anblick der Yachten mit ihren weißen Segeln, die sich draußen auf dem glitzernden Wasser tummelten, wanderten Johannes’ Gedanken zur Akgül. Gestern war ihr Wrack gehoben worden, hatte Taner Yilmaz vorhin am Telefon berichtet.
    »Und ist noch etwas zu retten?«, fragte Johannes vorsichtig. »Wollen Sie das Schiff wieder herrichten lassen?«
    »Nein, der Chef der Bootswerft aus Ayvahk war vor Ort und hat sich alles angesehen. Er sagt, das würde zu viel Geld kosten.«
    »Das tut mir leid. Darf ich fragen, ob Ihre Versicherung das regelt?«
    »Gehen Sie mal davon aus«, sagte Yilmaz gedehnt und erzählte dann, er plane den Kauf einer neuen Yacht. Ein Angebot für die » Akgül II « habe er schon vorliegen. »Vier Jahre alt – sieht auf den Fotos gut aus. Kurzum: Das Schiff liegt im Yachthafen in Ayvahk. Und Sie sind in der Nähe. Ich habe da eine Idee … «
    Mit unverhohlener Begeisterung stimmte Johannes dem Vorschlag zu, sich das Schiff einmal gründlich anzusehen.
    »Eine solche Yacht kann man nur beurteilen, wenn man sie ausgiebig segelt, hab ich recht?«, schloss Yilmaz.
    Und wie, fand Johannes.
    »Sieh sich das einer an«, rief Mehmet und nahm fröhlich lachend die letzte Stufe der Steintreppe zur Terrasse. »Unsereiner plagt sich den ganzen Tag in der staubigen Großstadt ab, und der junge Herr sitzt hier mit einem kühlen Drink und genießt das Leben!« Sein Blick fiel auf die Katze, die ihn von ihrem Liegestuhl aus verschlafen musterte. »Und seinen Streichelzoo hat er auch dabei, der Herr Urlauber … «
    »Blödmann!« Johannes grinste. »Schön, dass du es rechtzeitig geschafft hast. Ich denke, der Beamte wird jeden Moment kommen.«
    »Ich bin gleich wieder bei dir, erst muss ich Ayse begrüßen.« Mehmet warf einen neidischen Blick auf das große Glas, das vor Johannes stand. »Vielleicht macht sie mir ja auch so etwas Gutes, obwohl ich natürlich kein Gast bin … «
    Er ging ins Haus. Nach Ayses protestierendem Quieken zu urteilen, wurde ihr eine heftige Begrüßung durch ihren Bären zuteil. Kurz darauf kam Mehmet mit einem vollen Glas zurück, setzte sich unter den Sonnenschirm und sog glücklich an dem langen Strohhalm.
    »Vorhin hat Herr Yilmaz angerufen«, sagte Johannes und erzählte von der neuen Yacht und dem Angebot, damit segeln zu gehen. »Hör mal«, fragte er dann, »was macht denn Yilmaz nun eigentlich? Ich wundere mich über den Einfluss, den er auf die Behörden hat, auf die Polizei und die Küstenwache. Ist er ein … gewöhnlicher Geschäftsmann?«
    Mehmet stellte sein Glas ab und steckte sich ein Zigarillo an. Kaum hatte der ätzende Qualm ihren Liegestuhl erreicht, floh die Katze mit einem beherzten Sprung in die Oleanderbüsche.
    »Das ist heikel«, paffte Mehmet. »Er betätigt sich heute als Geschäftsmann, war aber wohl bis zu seinem kürzlichen Ruhestand ein hohes Tier beim MÍT. Zumindest erzählt man sich das. Von ihm selbst wirst du dazu keinen Kommentar bekommen.«
    »MÍT? Was ist denn das?«, wollte Johannes wissen, obwohl er es schon ahnte.
    »Der Millî Istihbarat Teçkilâti, der türkische Inlandsnachrichtendienst.«
    »So etwas wie der Verfassungsschutz in Deutschland?«
    »So ähnlich. Allerdings gibt es einen wesentlichen Unterschied: Der MÍT hat volle Polizeibefugnis!«
    »Das erklärt natürlich einiges … «, sagte Johannes versonnen. Auf einmal war ihm klar, warum es so schnell zu dem massiven Einsatz der Küstenwache gekommen war und warum ihn die türkische Polizei – ansonsten nicht gerade für ihre feinfühlige Ermittlungsarbeit bekannt – so zuvorkommend behandelte.
    Die Befragungen hatte bei ihm stets der Polizeichef von Ayvalik durchgeführt, der sich auch heute zu diesem Zweck wieder persönlich hierher begeben hatte, wie Johannes gerade sah. Begleitet von Ayse betrat der schlanke, etwa fünfzigjährige Mann, in einen untadeligen hellen Sommeranzug gekleidet, die Terrasse.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?«, fragte Ayse, nachdem die Männer sich begrüßt und um den Tisch Platz genommen hatten.
    »Vielleicht einen Tee«, bat der Polizeioffizier, und holte eine dicke Mappe aus seinem Aktenkoffer. »Wie
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