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Die Narben der Hoelle

Die Narben der Hoelle

Titel: Die Narben der Hoelle
Autoren: H. Dieter Neumann
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Vorhang vor einer hell erleuchteten Bühne aufgezogen worden. Bis zum Horizont funkelten die Wellenkämme im Licht der Sonne wie Millionen goldene Splitter.
    »Es ist wunderschön!«, flüsterte Karen neben ihm.
    »O ja«, antwortete Johannes, »das ist es. Diesen Blick haben wir auch von der Terrasse des Hauses!«
    »Und wir können da einfach so wohnen …?«
    »Ja, das können wir. Heute Abend kommt auch Mehmet her. Morgen fahren die beiden zusammen wieder nach Hause zurück, nach Izmir, zu ihren Kindern.« Er sah zu ihr hinüber und setzte vielsagend hinzu: »Und wir haben vierzehn Tage lang das Haus für uns allein.«
    »Na, das hast du ja fein arrangiert … «
    »Hab ich, das geb ich zu. Übrigens: Heute plant Ayse einen Begrüßungsabend für dich.«
    »Um Himmels willen, das ist doch nicht nötig!«
    »Davon wirst du sie nicht überzeugen können!«, lachte Johannes. »Sie steckte schon in den Vorbereitungen, als ich heute Morgen zum Flughafen aufgebrochen bin. Und da war es noch dunkel.«
    »Ich freue mich schon darauf, deine Freunde kennenzulernen, aber … «
    »Mach dir bitte keine Gedanken. Es sind die liebenswertesten Menschen, die du dir vorstellen kannst. Allerdings ist Ayse zwar eine gebildete Frau, aber vor allem ist sie eine türkische Hausfrau – und das mit Leidenschaft!«
    Karen stimmte in sein Lachen ein. Nach einer kleinen Pause fragte sie vorsichtig: »Sag mal, hast du eigentlich schon eine Entscheidung getroffen? Ich meine, weißt du schon, ob du weiter … «
    »Nein, noch nicht. Heute Abend werden wir darüber sprechen. Mehmet hatte da eine Idee. Mal sehen, was du davon hältst. Aber vorher telefoniere ich noch mit meiner Dienststelle zu Hause, genauer gesagt mit dem Kommandeur. Den Anruftermin habe ich schon mit seinem Vorzimmer vereinbart. Auf dieses Gespräch bin ich außerordentlich gespannt … «
    Nervös lief Johannes immer wieder vor dem Telefon in Mehmets Arbeitszimmer auf und ab.
    Noch fünf Minuten bis zu seinem Anruf in Deutschland.
    Er gestand sich ein, dass er sich plötzlich vor diesem Telefonat fürchtete. Er wusste allzu genau, was auf dem Spiel stand.
    Sein Blick fiel auf eine Packung türkischer Zigaretten, die neben den vielen Schachteln mit Mehmets Zigarillos auf dem Telefontisch lag. Vor drei Jahren hatte er mit dem Rauchen aufgehört. Nun überfiel ihn mit unwiderstehlicher Gewalt die Lust auf eine Zigarette.
    Vielleicht fiele ihm dann auch der Griff zum Telefon leichter …
    Mit fliegenden Fingern angelte er eine Zigarette aus der Packung und steckte sie an. Sein schlechtes Gewissen wurde augenblicklich von dem Genuss übertroffen, den er beim ersten Zug verspürte. Langsam blies er den Rauch aus, nahm den Hörer auf und drückte die Tasten für die Durchwahlnummer.
    Der hohe Herr war sofort persönlich in der Leitung.
    Nach ein paar mühsamen Allgemeinplätzen kam Johannes zur Sache. »In dem Körper des getöteten jungen Talib können unmöglich nur die Projektile aus meiner MP 7 gewesen sein, Herr General«, sagte er. »Ich kann mich inzwischen an diese Szene wieder erinnern … «
    »Sie haben also ihre Amnesie überwunden? Das ist ja großartig!«, rief sein Kommandeur im fernen Schwarzwald aus. »Dann sind Sie ja bald wieder wie neu! Ich freue mich sehr für Sie – ist denn das … äh … das Psychische auch inzwischen ausgeheilt?«
    »Sie meinen die Posttraumatische Belastungsstörung, Herr General?« hakte Johannes brutal nach.
    »Ja, ja, natürlich, die meine ich. Also, sind Sie bald wieder voll auf dem Damm?«
    »Ich habe Anfang Dezember einen Termin in Koblenz; dort wird dann über meine weitere Verwendungsfähigkeit entschieden.« Wie sollte er diesem Mann klarmachen, dass es ihm um etwas ganz anders ging, um viel mehr als nur seine physische und psychische Gesundung?
    Er musste es wenigstens versuchen. »Unabhängig von der Frage meiner weiteren Verwendungsfähigkeit: Ein Untersuchungsbericht ist in der Welt, in dem behauptet wird, ich hätte zwei Kinder erschossen und einen … «
    » … in Selbstverteidigung, das haben Sie doch gelesen! Das war ganz unvermeidlich, das steht doch da drin«, fiel ihm der Kommandeur unwirsch ins Wort. »Und was heißt ,in der Welt’? Der Bericht ist nicht ,in der Welt’! Der ist geheim und liegt in Köln im Panzerschrank!«
    Johannes konnte nicht mehr an sich halten. Laut rief er in den Hörer: »Es ist mir egal, wo der Bericht liegt, Herr General! Von mir aus könnte er auch auf dem Mond liegen! Aber, was mir
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