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Die Nadel.

Titel: Die Nadel.
Autoren: Ken Follettl
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verpflanzt worden. Wäre vielleicht
     vernünftig, auch dorthin zu verschwinden. Der junge Kenneth Clark ist mehr auf Zack als
     du. Du hast doch bestimmt nicht mehr viele Studenten.«
    »Das stimmt.« Godliman
     ließ sich von einem der Kellner die Speisekarte geben und sagte: »Ich möchte nichts zu
     trinken.« Terry sah seine Speisekarte nicht an. »Im Ernst, Percy, warum bist du noch in
     der Stadt?«
    Godlimans Augen schienen klar zu werden wie das Bild auf einer
     Leinwand, wenn der Projektor scharf eingestellt wird, als müsse er zum erstenmal
     nachdenken, seit er das Restaurant betreten hatte. »Es ist richtig, wenn Kinder und Leute
     von der Bedeutung eines Bertrand Russell nicht hier bleiben. Aber ich – mir käme es vor,
     als liefe ich davon und ließe andere für mich kämpfen. Das ist natürlich kein sehr
     rationales Argument, sondern reine Gefühlssache, nichts Logisches.«
    Terry
     lächelte wie jemand, dessen Erwartungen sich erfüllthaben. Doch er
     ließ das Thema fallen und studierte die Speisekarte. Nach einer Weile sagte er: »Du meine
     Güte, Le-Lord-Woolton-Pastete! «
    Godliman grinste. »Ich bin sicher,
     daß es trotzdem nur Kartoffeln und Gemüse sind.«
    Als sie bestellt hatten, fragte
     Terry: »Was hältst du von unserem neuen Premierminister?«
    »Der Mann ist ein
     Esel. Aber Hitler ist immerhin ein Narr, und sieh nur, wie erfolgreich er dabei ist. Und
     was meinst du?«
    »Wir können mit Winston auskommen. Wenigstens ist er
     entschlossen, Krieg zu führen.«
    Godliman zog die Augenbrauen hoch. »Wir? Bist du
     wieder dabei?«
    »Ich habe eigentlich nie damit aufgehört.«
    »Aber du hast
     doch gesagt – «
    »Percy. Kannst du dir eine Dienststelle vorstellen, wo alle
     ausnahmslos behaupten, nicht für die Armee zu arbeiten?«
    »Das ist doch nicht zu
     glauben. Die ganze Zeit . . . «
    Der erste Gang wurde gebracht. Sie brachen eine
     Flasche weißen Bordeaux an. Godliman aß eingelegten Lachs und wirkte nachdenklich.
    Schließlich sagte Terry: »Denkst du an das letzte Mal?«
    Godliman nickte. »Ich
     war noch jung damals. Eine schreckliche Zeit.« Doch seine Stimme klang sehnsüchtig.
    »Dieser Krieg ist ganz anders. Meine Leute gehen nicht hinter die feindlichen Linien
     und zählen Biwaks wie ihr. Na ja, das kommt noch vor, aber das ist heutzutage nicht mehr
     so wichtig. Wir hören einfach den Funkverkehr mit.«
    »Senden sie nicht
     verschlüsselt?«
    Terry zuckte die Achseln. »Codes können geknackt werden. Wir
     erfahren heute fast alles, was wir wissen wollen.« Godliman blickte sich um, aber niemand
     war in Hörweite. Er brauchte Terry nicht zu sagen, daß solch sorgloses Gerede
     lebensgefährlich sein konnte.
    Terry fuhr fort: »Meine Aufgabe ist es eigentlich,
     dafür zusorgen, daß sie nicht die Informationen kriegen, die sie
     über uns benötigen.«
    Als nächster Gang folgte Hühnerpastete. Rindfleisch
     stand nicht auf der Karte. Godliman schwieg, doch Terry sprach weiter.
    »Canaris ist
     ein komischer Bursche. Admiral Wilhelm Canaris, Chef der Abwehr. Ich habe ihn einmal
     getroffen, bevor es losging. England gefällt ihm. Ich würde sagen, daß er von Hitler
     nicht sehr begeistert ist. Jedenfalls wissen wir, daß er den Befehl erhielt, eine
     großangelegte Geheimdienstoperation gegen uns einzuleiten, als Vorbereitung auf die
     Landung in England – aber er tut nicht viel. Einen Tag nach Kriegsausbruch haben wir
     seinen besten Mann in England verhaftet. Er sitzt im Wandsworth-Gefängnis. Unbrauchbar,
     die Spione von Canaris. Alte Damen in Pensionen, verrückte Faschisten, kleine
     Gauner!«
    Godliman unterbrach: »Hör zu, mein Lieber, jetzt reicht’s.« Er
     zitterte leicht, er war wütend und wurde aus dem Gesagten nicht schlau. »All das ist
     geheim. Ich will davon nichts wissen!«
    Terry war unbeeindruckt. »Möchtest du noch
     etwas? Ich nehme Schokoladeneis.«
    Godliman stand auf. »Nein, danke. Ich gehe
     zurück an meine Arbeit, wenn es dir nichts ausmacht.«
    Terry blickte kühl zu ihm
     hoch. »Die Welt kann auf deine Neueinschätzung der Plantagenets warten, Percy. Wir haben
     Krieg, mein Guter. Ich möchte, daß du für mich arbeitest.«
    Godliman starrte ihn
     lange an. »Was in aller Welt könnte ich schon tun?«
    Terry lächelte wie ein
     Wolf. »Spione fangen.«
    Auf dem Rückweg zum College war
     Godliman trotz des Wetters niedergeschlagen. Keine Frage, er würde Colonel Terrys Angebot
     annehmen. Sein Land führte Krieg. Es
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